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Nach Thüringen
Grüner Blick auf die CDU-Krise

Die Grünen haben sich bei den Europawahlen als Stimme gegen rechts profiliert und sind jüngst deutlich auf einen schwarz-grünen Kurs umgeschwenkt. Nun hadern sie aber mit den Abgrenzungsproblemen der CDU zum rechten Rand. Die Krise der Christdemokraten betrifft nämlich auch die Machtoptionen der Grünen.

Von Barbara Schmidt-Mattern | 21.02.2020
Katharina Fegebank (Bündnis90/DieGrünen), Vize-Bürgermeisterin, und Marcus Weinberg (CDU), Spitzenkandidat zur Bürgerschaftswahl 2020, sitzen während einer Podiumsdiskussion zur Bürgerschaftswahl auf dem Podium.
Katharina Fegebank (Grüne) und Marcus Weinberg (CDU): Wie halten es die Grünen künftig mit einer CDU, die trotz Parteitagsbeschluss offensichtlich Probleme hat, ihr Verhältnis zur AfD zu klären? (Markus Scholz / dpa)
Eine ganze Weile schon geht das jetzt so: Je größer die Krisen bei Union und SPD, desto stabiler wirken die Grünen: Geschlossen, glaubwürdig beim Klimaschutz, und im Kampf gegen rechts. Die Umfragewerte sind anhaltend gut, doch dass die Christdemokraten jetzt derart ins Trudeln geraten, erst in Thüringen, dann auch im Bund, das bereitet dem Führungsduo ziemlich Kopfzerbrechen. In Richtung CDU sagt Baerbock:
"Dass jetzt die Führungsfrage über Monate offensichtlich innerhalb der Union offen bleiben wird, droht dazu beizutragen, dass die ungelösten Grundsatzfragen innerhalb der Union nicht weiter bearbeitet werden."
Die CDU müsse sich klar abgrenzen nach Rechtsaußen, heißt es unisono in der Ökopartei. Immerhin ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass man nach der nächsten Bundestagswahl gemeinsam regiert. So klar sagt Annalena Baerbock das zwar nicht, sie stellt aber umgekehrt schon einmal klar:
"Rot-Rot-Grün, das strebe ich nicht an als grüne Parteivorsitzende."
CSU-Zittern um jede Stimme
Auch die Zeiten von Koch und Kellner sind aus Sicht der Grünen vorbei. In Hamburg bewirbt sich Spitzenkandidatin Katharina Fegebank selbstbewusst um das Bürgermeisterinnen-Amt. In Bayern zittert die CSU vor den anstehenden Kommunalwahlen um jede Stimme, die von der CSU an die Grünen gehen könnte. Und das wird künftig auch die Bundespolitik betreffen, meint Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder:
"Am Ende wird’s ja bei der nächsten Wahl nicht nur um die Frage Schwarz-Grün gehen, sondern schwarz oder grün. Wer ist die Nummer eins? Wer stellte möglicherweise den Kanzler oder die Kanzlerin? Und insofern ist das alles, glaube ich, etwas anders."
Wie aber halten es die Grünen künftig mit einer CDU, die trotz Parteitagsbeschluss offensichtlich Probleme hat, ihr Verhältnis zur AfD zu klären? Damit driften auch CDU und Grüne stärker wieder auseinander. Doch rote Linien will Annalena Baerbock nicht ziehen.
"Jetzt einen Diskurs zu führen, wo sich demokratische Parteien anfangen zu sagen: Was wäre wenn, hier und da und überhaupt – das nützt nur der AfD, und dieses Spiel mache ich nicht mit."
"Das entscheidenden Kriterium für mich ist: Haben sie auch eine klare Haltung zu verirrten Gruppen in der CDU wie die Werteunion?", sagt Michael Kellner, der Bundesgeschäftsführer der Grünen.
Armin Laschet, ein klassischer Flipp-Flopper
Parteichef Robert Habeck schlägt eine Brücke zwischen Richtungs- und Personalstreit bei der CDU. Sachsens Ministerpräsident, der Christdemokrat Michael Kretschmer, habe es vorgemacht, lobt Habeck: Nur mit einer klaren Führung funktioniere in der CDU die Abgrenzung nach rechts:
"Sie kriegt das nur zusammen, wenn sie jemanden findet, der die Autorität hat, zu führen. Sonst zerfleddert das Ganze."
Nur – wer hätte diese Autorität? Und wer wäre als neuer CDU-Chef der beste Verhandlungspartner für die Grünen? Der vermeintlich so schwarz-grüne Armin Laschet jedenfalls nicht, so deutet Michael Kellner an:
"Armin Laschet ist derjenige, der gerade Datteln – ein neues Kohlekraftwerk! – ans Netz gehen lassen will. Das ist ein Zerrbild. Das ist kein idealer Schwarz-Grüner."
Laschet sei ein klassischer Flipp-Flopper, heißt es in Parteikreisen. Andererseits könnte er den Grünen als Stimmen wegnehmen, träte er als nächster Kanzlerkandidat für die CDU an. Dann schon lieber der erzkonservative Friedrich Merz:
"Natürlich können wir mit dem Graf Dracula des Neoliberalismus Friedrich Merz, da sind die Unterschiede groß."
Aber das sei natürlich erst mal die Angelegenheit der CDU, fügt Kellner hinzu. Gleiches gelte für Jens Spahn und Norbert Röttgen. Es bleibt also erst einmal die interne Krise der Christdemokraten. Die Grünen schauen allerdings genauer hin denn je.