Dienstag, 16. April 2024

Archiv

Nachfrage nach E-Scootern
Spaß und finanzielle Interessen im Vordergrund

Die Nachfrage nach E-Scootern ist da, sowohl bei Privatpersonen als auch bei Unternehmen. Dabei hinkt Deutschland sowohl bei der Zulassung, als auch der Produktion im internationalen Vergleich hinterher. Bei den Sharing-Diensten gibt es jedoch einen großen Anbieter aus Deutschland.

Günter Hetzke im Gespräch mit Christiane Kaess | 17.05.2019
    Marcel Hutfilz, Geschäftsführer von Scooterhelden Berlin, fährt mit einem E-Scooter auf einem Gehweg. Über die Zulassung von E-Scootern, auch E-Tretroller oder Elektro-Tretroller genannt, stimmt der Bundesrat am 17.05.2019 ab.
    Mindestens vier Monate muss ein Roller halten, dann erst rentiert er sich (dpa / picture alliance / Christoph Soeder)
    Christiane Kaess: Der Bundesrat berät heute über die Zulassung von Elektrorollern. Wir hatten das Thema ja schon im Programm und wollen es jetzt noch einmal unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten aufgreifen. Günter Hetzke aus unserer Wirtschaftsredaktion, welche Bedeutung hat dieser Markt derzeit in Deutschland?
    Günter Hetzke: Deutschland gilt hier eindeutig noch als Nachzügler im Vergleich zu vielen anderen europäischen Ländern, wie Frankreich, Österreich oder den skandinavischen Ländern. Und auch weltweit betrachtet hinkt Deutschland hinterher.
    Kaess: Was ja auch nicht verwundert!
    Hetzke: Genau, weil eben bisher die gesetzliche Grundlage fehlt. Nun gab es ja im Vorfeld der heutigen Entscheidung sehr viele Umfragen mit unterschiedlichem Echo, was Sicherheit, Sinn und Unsinn betrifft, die alle aber eins gezeigt haben: Wenn der Bundesrat grünes Licht gibt, wenn dann die Zulassung, also die allgemeine Betriebserlaubnis geregelt ist, dann wird das in Deutschland ein Thema.
    Die Nachfrage ist da, sowohl bei Privatpersonen als auch bei Unternehmen. Und dabei geht es vielen gar nicht um Umweltschutz oder Umweltschonung, die eh umstritten ist, sondern den einen schlicht um Spaß, den anderen ums Geld verdienen.
    "Eine kleine Produktion in Deutschland"
    Kaess: Wo kommen die E-Roller eigentlich her?
    Hetzke: Also, es gibt tatsächlich bereits eine kleine Produktion in Deutschland, aber wirklich sehr übersichtlich. Beispielsweise fertigt Metz den E-Scooter Moover in Deutschland, von BMW gibt es den Tretroller X2City, beide im eher hochpreisigen Segment, auch VW ist mit dabei, Pläne sind in den Schubladen.
    Nur das ist nichts, aber auch gar nichts im Vergleich zu Südkorea und vor allem China. Allein in China geht die Produktion in die Millionen, was die Stückzahl betrifft. Pro Jahr werden allein dort ja mehr als 25 Millionen E-Scooter verkauft, Tendenz steigend. Übrigens auch die beiden Weltmarktführer im Bereich Sharing, also Verleihen, "Lime" und "Bird", die beide aus Kalifornien kommen, bauen zwar ihre E-Scooter in den USA zusammen.
    Aber, wie der Begriff schon sagt, es wird dort zusammengebaut, produziert wird auch hier in China.
    Kaess: Bleiben wir beim Thema Verleihen. Das scheint ja ein wichtiges Geschäftsmodell zu sein bei den E-Scootern. Rechnet sich das?
    Hetzke: Das wird sich erst noch zeigen, weil es da noch nicht so langfristige Erfahrungen gibt. Tatsächlich wird in Europa, wie überhaupt in der westlichen Welt, der Schwerpunkt nicht bei der Produktion gesehen, sondern eben beim Sharing, beim Vermieten und Verleihen.
    VW beispielsweise will in diesem Bereich mit einem großen chinesischen Anbieter mit dem Namen Niu kooperieren und sein Carsharing-Angebot um einen elektrischen Tretroller erweitern. Bei den Sharing-Diensten gibt es ja einen durchaus großen Anbieter aus Deutschland, der sich auch mal in die Bücher blicken ließ – "Tier Mobility" mit Sitz in Berlin. Tier kassiert pro Fahrt drei Euro.
    Die Roller werden im besten Fall mehrmals am Tag ausgeliehen, 7.000 sind derzeit in Betrieb, dort wo Tier aktiv ist – das heißt, in der Summe kommen da an guten Tagen schon mal locker hunderttausend Euro zusammen.
    Nun muss der Roller angeschafft werden, er muss gewartet werden und möglichst lange heil bleiben. Die Unternehmensberatung McKinsey hat berechnet, mindestens vier Monate muss ein Roller halten, dann erst rentiert er sich. Das schafft derzeit tatsächlich nicht jeder Verleiher. Tier sagt, sie schaffen derzeit sechs Monate. Der Aufwand rechnet sich also für das Unternehmen.
    "Wenige hundert bis zu weit mehr als 2.000 Euro"
    Kaess: Schauen wir noch kurz auf den Preis für Privatpersonen. Was kostet der Spaß?
    Hetzke: Die Spanne geht von wenigen hundert bis zu weit mehr als 2.000 Euro. Grob gesagt gilt, je größer, je stärker der Akku, desto teurer ist der E-Roller. Neben dem Blick auf die Reichweite, sollte man unbedingt auch auf den Bremsweg gucken, also die Sicherheit für andere und sich selbst.
    Es gibt bereits erste Tests, bei denen die preiswerten Modelle eher schlecht abschneiden. Gerade beim Bremsweg stehen gute Modelle nach drei bis 4 Metern bei einer Geschwindigkeit von 20 Stundenkilometer, schlechte erst bei mehr als fünf bis sechs Meter. Das ist zu lang.