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Nachhaltige Fisch- und Gemüseproduktion

Lebensmittel haben oft einen langen Weg bis zum Konsumenten, denn der sitzt überwiegend in der Stadt, während die Produzenten auf dem Land angesiedelt sind. Das muss nicht sein: Eine Berliner Firma kombiniert Fischzucht und Gemüseanbau in einer Containerfarm mitten in der Stadt.

Von Eva Firzlaff | 13.09.2013
    "Meine Lieblingspflanze ist eigentlich das Zitronengras. Das geht so ab, da sieht man richtig, dem geht es gut, das wuchert richtig. Und man kann so viel machen, man kann es für Speisen benutzten, man kann Tees daraus machen,"

    freut sich Gärtner Robert Dietrich. Auch die anderen Pflanzen gedeihen prächtig. Sie wachsen nicht auf Erde, sondern in Steinwolle und Nährlösung, diese wird von den etwa 100 Barschen im Tank unter dem Gewächshaus geliefert. Mikroorganismen wandeln deren Ausscheidungen um in Nitrat, dazu kommt noch weiterer Biodünger. Das Verfahren nennt sich Aquaponik, eine Wortschöpfung aus Aquakultur und Hydroponik. Christian Echternacht ist einer der Gründer von "Efficient City Farming".

    "Wir haben jetzt den Tilapia ausgewählt, weil das ein sehr guter Futterverwerter ist. Aus 1,2 Kilogramm Futter macht der Fisch 1 Kilogramm Fleisch. Es gibt aber auch Fische wie zum Beispiel den Barramundi, der ähnlich in der Aufzucht ist, den werden wir im nächsten Jahr ausprobieren. Das ist ein Fisch aus Australien, der momentan eben einen sehr weiten Anfahrtsweg hat, wenn man ihn hier in Deutschland haben möchte."

    Mit dem in Australien beliebten Speisefisch könnte man sicher gutes Geld verdienen. Damit verweist Christian Echternacht - einer der Gründer von "Efficient City Farming" - auf ihre Grundidee, Ökonomie und Ökologie miteinander zu verbinden.

    "Wenn man Gemüse hier aus der Container-Farm isst, dann hat das quasi null Transportweg. Wenn man das mal vergleicht mit Tomaten, die vielleicht aus Spanien oder Marokko kommen - nicht falsch verstehen, ich bin total Fan von beiden Ländern. Aber wenn man jetzt Wasser in Form einer Tomate aus diesen trockenen Regionen nach Deutschland importiert, das muss meines Erachtens nicht sein. Dazu eben auch der ganze Transportweg mit dem einhergehenden CO2, was ausgestoßen wird, und die Kühlketten, die damit verbunden sind."

    Die Idee der Aquaponik ist nicht neu, wurde aber nun vom Leibnitz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei perfektioniert. Solche platzsparenden Kombi-Farmen für Fisch und Gemüse verbrauchen extrem wenig Wasser, belasten die Umwelt nicht mit Abwasser, denn das nehmen die Pflanzen auf, und können eben dicht beim Verbraucher sein. In einer Industriebrache, auf einem Hallendach. Und wachsen kann dort fast alles, sagt der Gärtner.

    "Von Aubergine bis Zitronengras ist alles möglich. Wir haben super Zucchini, wir hatten Erdbeeren, wir haben Zierpflanzen, Rosen. Tomaten, jegliche Sorten. Hier haben wir asiatischen Wasserspinat, auch eine Sache, die in Europa im Kommen ist. Wir versuchen auch, bisschen was Neues zu bringen, was Spannendes."

    Melone, Salate, Kürbis, Kräuter … Mit dieser Container-Farm auf dem Gelände einer ehemaligen Brauerei wird ausprobiert und das Verfahren bekannt gemacht. Wirtschaftlich wird es erst im größeren Maßstab.

    "Wir wollen hier eine Aquaponik-Farm bauen von 2.000 Quadratmeter Grundfläche. Auch hier auf dem Gelände der Malzfabrik. Das muss man sich vorstellen, wie ein großes Gewächshaus, 5 Meter hoch, ungefähr 30 mal 60 Meter Grundfläche. In diesem Gewächshaus befindet sich dann auf einem Viertel der Fläche die Fischzucht und auf drei Viertel der Fläche die Hydroponik-Anlage für die Pflanzen. Da sind dann `ne ganz Menge Fische drin. Man kann das so berechnen, dass man pro Jahr 24 Tonnen Fisch ernten kann und gleichzeitig in der Gemüse-Abteilung 35 Tonnen Gemüse, wenn man nur Tomaten anbauen würde. Wir wollen natürlich einen Mix machen, deshalb ist das mit der Kilo-Angabe nicht so einfach."

    Die Fische werden dann an Restaurants geliefert, Gemüse und Kräuter ebenfalls direkt verkauft. Mit einer Abo-Kiste zum Beispiel.

    "Wenn ich Ihnen hier den Salat-Kopf für einen Euro verkaufe, wie Sie es gewohnt sind, ist das für beide Seiten wunderbar. Ein Bauer beispielsweise in Bremen, mit dem ich vor Kurzem gesprochen habe, der verkauft seinen Salatkopf für 6 Cent an den Zwischenhändler. Das ist natürlich ein ganz anderer Schnack, wie man in der Gegend dort sagt. Deshalb achten wir eben darauf, durch diesen urbanen Standort mitten in der Stadt natürlich im Direktvertrieb höhere Margen zu erzielen, als wenn man das auf dem Land an einen Zwischenhändler verkauft."

    Eigentlich will "Efficient City Farming" gar nicht selbst Stadtfarmer werden, muss aber zeigen, dass es funktioniert.

    "Bei der Container-Farm sagen wir immer, das ist wirtschaftlich nicht rentabel, das ist mehr was für Enthusiasten. Diese großen Farmen sind dann auf jeden Fall kommerziell einsetzbar. Wir wollen mit der großen Aquaponik-Anlage, die wir hier bauen, einen Grundstein legen für ein Franchise-Vermarktungssystem. Wir planen und bauen die ganzen Farmen und beliefern auch mit Fisch, kleinen Pflanzen, mit Dünger und Fischfutter."

    Mehr dazu:

    Efficient City Farming Berlin