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Nachruf auf Doris Day
The Girl Next Door

Die Filme keines anderen weiblichen Hollywoodstars haben mehr Geld eingespielt als die von Doris Day. Auch heute noch gehören ihre Komödien "Ein Hauch von Nerz", "Bettgeflüster" oder "Ein Pyjama für Zwei" zu den meistgezeigten Filmen im Fernsehen. Nicht weniger erfolgreich war sie als Sängerin.

Von Jörg Albrecht | 13.05.2019
Die amerikanische Schauspielerin Doris Day (bürgerlich Doris von Kappelhoff) ist im Alter von 97 Jahren gestorben.
Schauspielerin und Sängerin Doris Day (dpa)
"Que sera, sera" – das Lied, das Doris Day 1956 in Alfred Hitchcocks "Der Mann, der zuviel wusste" singt, sollte nicht nur ein Welthit werden. Es ist auch ihre ganz persönliche Erkennungsmelodie, ihre Visitenkarte gewesen. Erfolge als Sängerin konnte Doris Day schon lange vor ihrer Schauspielkarriere feiern.
Die Tochter eines Musiklehrers aus Deutschland und einer Deutsch-Amerikanerin wird am 3. April 1924 als Doris Mary Ann von Kappelhoff in Cincinnati (Ohio) geboren. Ein Autounfall in ihrer Jugend, bei dem ihre Beine verletzt werden, zwingt sie, ihren Traum von einer Karriere als Tänzerin zu begraben. Sie sattelt um, nimmt Gesangsstunden und ändert ihren Nachnamen in Day. Mit 17 hat sie erste Auftritte und lernt den Bandleader Les Brown kennen, mit dem sie 1945 einen Nummer-1-Hit aufnimmt: "Sentimental Journey".
Drei Jahre später sieht man Doris Day als Nachtclubsängerin ihr Schauspieldebüt geben im Filmmusical "Zaubernächte in Rio": "If only you weren't married ... like this?"
Ihr Credo: Natürlichkeit und Lebensfreude
Doris Day interpretiert fünf der acht Gesangsnummern im Film und hat mit "It's Magic" einen weiteren Hit. In den Folgejahren erfüllt sie ihren Filmvertrag mit dem Studio Warner Brothers und ist in rund einem Dutzend Musikfilmen zu sehen.
Mitte der 1950er-Jahre kann sich Doris Day ihre Rollen selbst aussuchen. In "Tyrannische Liebe", der Lebensgeschichte der Sängerin Ruth Etting, zeigt sie auch im dramatischen Fach Talent. Nach Hitchcocks "Der Mann, der zuviel wusste" folgt dann 1959 der Film, mit dem der endgültige Durchbruch gelingt und der Doris Day ihre einzige Oscar-Nominierung einbringen wird.
Mit der Komödie "Bettgeflüster" werden Doris Day und Rock Hudson, der die männliche Hauptrolle spielt, zum Traumpaar von Hollywood:
"Ms. Morrow, warum fesseln Sie meine persönlichen Angelegenheiten so?"
"Ich finde sie durchaus nicht fesselnd, sondern widerwärtig."
"Ich beschwere mich auch nicht bei der Telefongesellschaft über Ihre Affären."
"Ich habe keine Affären, Mr. Allen."
Der Film, in dem es fast ausschließlich um Sex geht, aber keinen zu sehen gibt, ebnet den Weg für eine ganze Reihe ähnlicher Komödien. In denen besticht Doris Day mit ihrer Natürlichkeit und Lebensfreude. Sie spielt meist die adrette und patente Single-Frau, der immer auch etwas von einer alten Jungfer anzuhaften scheint.
Perfektes "Sauberfrau"-Image
Bis Mitte der 1960er-Jahre lieben die Kinogänger dieses "Sauberfrau"-Image, das die Schauspielerin so perfekt verkörpert wie keine Zweite. 1985 – kurz vor Rock Hudsons Tod – hat sich das Erfolgsduo noch einmal getroffen für die TV-Serie "Doris Day's Best Friends": "It's good to see you. I missed those laughs."
Die beiden US-amerikanischen Schauspieler Doris Day und Rock Hudson in einer Szene der Filmkomödie "Schick mir keine Blumen" aus dem Jahre 1964. |
Die beiden US-amerikanischen Schauspieler Doris Day und Rock Hudson in einer Szene der Filmkomödie "Schick mir keine Blumen" aus dem Jahre 1964. | (picture alliance / Bert Reisfeld)
Sie wolle, so hat Doris Day einmal gesagt, vor allem Freude haben beim Filmen. Sie wolle selbst lachen und die Leute zum Lachen bringen. Wenn sie nicht vor der Kamera steht, genießt sie das Leben als Ehe- und Hausfrau: "It gives me just enough time to be at home and just being a housewife. It may sound corny to some people. If you are a housewife, it's a big job and I think a beautiful one."
Durch die Politisierung der Gesellschaft wurde sie zum Auslaufmodell
Die Werte, die Doris Day verkörpert, sind allerdings schon bald nicht mehr gefragt. In den ausgehenden 1960er-Jahren sorgt die Studentenbewegung für eine Politisierung der Gesellschaft und für deren sexuelle Befreiung. Doris Day wird zum Auslaufmodell. Ihre Filme spielen kein Geld mehr ein und sie ist – wie sich 1968 nach dem Tod ihres dritten Ehemanns herausstellt, bankrott.
Das Angebot, die Mrs. Robinson in "Die Reifeprüfung" zu spielen und sich so ein neues Rollenspektrum zu erobern, schlägt sie aus. Vertraglich an CBS gebunden, startet sie im Fernsehen die Sitcom "Die Doris Day Show", die ein Erfolg wird.
Neuer Lebensinhalt anstelle der Frührente
1973 aber – mit Ende 40 – hängt Doris Day die Schauspielerei dann endgültig an den Nagel. Stattdessen engagiert sie sich für den Tierschutz und der von ihrer gegründeten "Animal League" für die Rettung herrenloser Tiere: "I didn't really retire. I was just doing something else. I just had a great time and I love acting. It´s just very rewarding and gratifying, if people like what I do." Sie sei nicht wirklich in Rente gegangen, sondern habe nur etwas anderes gemacht. Als Schauspielerin habe sie eine tolle Zeit gehabt und sie freue sich darüber, dass es den Menschen gefallen hat.
Als Sängerin meldet sich Doris Day noch einmal im Jahr 2011 zurück mit dem Album "My Heart" und teilweise bislang unveröffentlichten Aufnahmen. Nun ist sie im Alter von 97 Jahren gestorben.
Herzliche Umarmung: Doris Day und Rock Hudson im Film "Ein Pyjama für zwei" ("Lover Come Back") aus dem Jahr 1961
Doris Day und Rock Hudson im Film "Ein Pyjama für zwei" ("Lover Come Back") aus dem Jahr 1961 (imago stock&people (Doris Day Retro Publicaton))