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Nachruf auf Johnny Clegg
Der weiße Zulu

Der südafrikanische Musiker Johnny Clegg ist diese Woche gestorben. Mit seiner Musik überwand er nicht nur Genre-Grenzen, sondern auch gesellschaftliche Schranken in der Apartheid-Ära. Viele seiner Hits waren von der Sprache und Kultur der Zulu inspiriert - und der Melodien der Townships.

Von Jana Genth | 20.07.2019
Der südafrikanische Sänger Johnny Clegg auf der Bühne mit einer Gitarre.
Der südafrikanische Sänger Johnny Clegg ist mit 66 Jahren gestorben (picture alliance/dpa/Piovanotto Marco)
Scatterlings of Africa - das ist der Song, von dem Johnny Clegg selbst sagte, er sei sein Lieblingslied. Seine Musik insgesamt aber ging um die ganze Welt. Er war der Revoluzzer mit Gitarre, nicht umsonst "der Weiße Zulu" genannt.
Johnny Clegg: "Mein Stiefvater war Journalist und nahm mich in die Townships mit, da war ich so neun, zehn, elf. Ich liebte die Energie dort, das Leben, die Farben, die Struktur, die Offenheit der Townships. Jedesmal, wenn wir dorthin gingen, hat das meine Sinne überfordert."
Faszination der Straßen-Gitarren-Musik der Zulus
Jonathan Clegg wurde 1953 in England geboren, seine Eltern trennten sich aber früh, und seine Mutter ging mit dem zweijährigen Johnny in ihre Heimat Simbabwe zurück. Als sie einen südafrikanischen Journalisten heiratete, kam ein weiterer Umzug.
Außenaufnahme der Stadt Alexandra, Blick auf den Ortseingang mit Häusern, Autos und Menschen.
Momentaufnahme im Township Alexandra - einer Stadt in der Metropolregion Johannesburg. (imago stock&people)
Und so kam Johnny nach Johannesburg. Als Teenager trieb er sich in Townships herum, die eigentlich für Weiße verboten waren. Er lernte die Sprache der Zulus, ihre Lieder und ihre Tänze.
Johnny Clegg: "Als ich 14 war, lernte ich die Straßen-Gitarren-Musik der Zulus kennen. Meine Mutter war Jazz-Sängerin, und wann immer ich in meinem Zimmer probte, klopft sie an meiner Tür und sagte: 'Du machst mich wahnsinnig. Das ist wie chinesische Folter!'"
Eine Weltmusik, die noch nicht so hieß
Johnny Clegg lehrte tagsüber an der Universität und trat abends in Townships auf. Er gründete Bands, die Juluka und Savuka hießen, und in denen Musiker aller Hautfarben zusammen spielten. Er nannte den Stil selbst Crossover. Dabei vereinten sich westliche Popmusik mit Folk und den Rhythmen und Gitarrenklängen der Zulus. Er machte Weltmusik in Südafrika, noch bevor dieser Begriff Mode wurde.
Öfter wurde Clegg vor Gericht gestellt, weil er gegen die Rassengesetze der Apartheid verstoßen hatte. Hartnäckig hat er an seinem Ruf gearbeitet, dem des Weltmusikers mit politischem Biss. 1987 schrieb er das Lied "Asimbonanga", das in Südafrika verboten war.
Musikalische Forderung "Free Mandela" wurde verboten
Es war das erste Lied in Südafrika, in dem ganz offen die Freilassung von Nelson Mandela gefordert wurde. Umso überraschter war Clegg selbst, als er zwölf Jahre später ein Konzert in Frankfurt gab. Da lief nämlich Mandela höchstpersönlich auf die Bühne, während Clegg "Asimbonanga" spielte. Warum denn keiner tanze, fragte Mandela. "Spielt das Lied doch noch einmal."
Johnny Clegg hatte viele Facetten. Er engagierte sich bei Hilfsorganisationen und gründete eine Recycling-Firma. 35 Jahre lang war er im Musikgeschäft - und er blieb ein bescheidener Musiker, obwohl er international erfolgreich war.
2015 wurde bei ihm Bauchspeicheldrüsenkrebs diagnostiziert, und außergewöhnlich lange hat er dagegen angekämpft. Zweifellos wird Johnny Clegg auch nach seinem Tod eine Legende Südafrikas bleiben. Er hinterlässt seine Frau und zwei erwachsene Kinder. Eines davon, Jesse Clegg, ist seinem Vater ins Musik-Business gefolgt, wenn auch mit einem ganz anderen Stil. Im vergangenen Jahr noch standen sie bei der Abschiedstour gemeinsam auf der Bühne - und Johnny sang, was sein Sohn für ihn geschrieben hatte.