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Nachweis von Silicen erfolgreich

Graphen, eine hauchdünne Nanofolie aus Kohlenstoffatomen, galt seit seiner Entdeckung 2004 als großer Hoffnungsträger in der Halbleiterfertigung. Doch Graphen ist schwierig mit anderer Technologie zu verbinden. Da kommt Silicen gerade recht: Das Graphen-Pendant hat eine ähnliche Wabenstruktur, besteht aber aus Silizium. Theoretisch seit Längerem vorhergesagt, gelang Berliner Forschern jetzt der tatsächliche Nachweis des Stoffs.

Von Jan Rähm | 09.05.2012
    Es war schon fast zu einfach: Mit einem Klebestreifen haben Wissenschaftler eine Schicht Kohlenstoff von einem Stück Kohle abgezogen - und fertig war Graphen, eine hauchdünne Folie aus Kohlenstoffatomen. 2004 glückte das Verfahren. Seit dem ist Graphen zum Hoffnungsträger unter anderem in der Halbleiterforschung avanciert. Denn das Material ist hoch leitfähig. Doch die Hoffnungen auf schnellere und leistungsfähigere Chips haben sich bisher nicht erfüllt. Denn das Graphen reagiert mit Silizium zu Siliziumkarbid. Im schlimmsten Fall wäre die Kombination dann schlicht unbrauchbar. Nun haben deutsche und französische Wissenschaftler einen neuen Hoffnungsträger gefunden: Silicen.

    "Silicen ist im Prinzip das Pendant zu Graphen, das ja aus Kohlenstoff besteht, allerdings auf der Basis von Silizium. Die Grundstruktur ist eine hexagonale Wabenstruktur, die so ein bisschen aussieht wie so Bienenwaben. Das ist auch das entscheidende Strukturelement von Graphen und Silicen sieht im Grunde ganz ähnlich aus. Aufgrund dieser Wabenstruktur haben beide Materialien ganz bestimmte elektronische Eigenschaften, die diese so interessant machen","

    sagt Patrick Vogt von der Technischen Universität Berlin. Die Bienenwabe aus sechseckigen Ringen sorgt für sehr gute Leitfähigkeit von Wärme und Strom. Auch das größte Problem von Graphen wäre umgangen: die Reaktion mit Silizium zum unbrauchbaren Siliziumkarbid.

    ""Diesen Nachteil hätte Silicen nicht. Das besteht ja aus Silizium und die Hoffnung wäre halt die, dass sich das Silicen sehr viel besser mit der Siliziumtechnologie verbinden ließe, als das bei Graphen der Fall ist."

    Mit der hauchdünnen Siliziumfolie sollen sich eines Tages noch schnellere Transistoren für Prozessoren und Chips herstellen lassen. Computer könnten damit viel leistungsfähiger werden als heute. Dass es Silicen gibt, vermuteten Wissenschaftler schon lange. Im Jahr 2010 schien das Material gefunden - der Nachweis wurde verkündet. Aber die Fachwelt war nicht überzeugt. Die experimentell ermittelten Werte widersprachen zu sehr den Vorhersagen. Also machten sich Patrick Vogt und sein Team auf die schwierige Suche. Denn so einfach wie Graphen kann Silicen nicht hergestellt werden. Statt Klebestreifen waren komplexe Verfahren gefragt.

    "Wir haben Silizium auf Silberoberflächen aufgelassen. Silber deshalb, weil Silber mit Silizium nicht reagiert oder nicht sehr gerne reagiert. Das Silizium praktisch dann unabhängig auf der Oberfläche ist. Und bei den richtigen Temperaturen und der richtigen Präparation bildet sich dann ein Silicenfilm auf dieser Silberoberfläche."

    Der Berliner Physiker hatte Erfolg. Zusammen mit seinem Team gelang der Nachweis von Silicen.

    "Was wir letztendlich gesehen und gezeigt haben, ist, dass es eine honigwabenartige Struktur gibt, die atomar dick ist, die aus Silizium besteht, die sich auf Silber gebildet hat. Die die elektronischen Eigenschaften zeigen, die auch masselose relativistische Teilchen, Elektronen, Fermionen, hätten. Das ist genau das, was man von solchen Systemen erwarten würde. Und dadurch eine sehr große Ähnlichkeit mit Graphen aufzeigen und das eben nur so als Silicen interpretierbar ist."

    Wenn die hauchdünne Silizium-Folie hält, was sich die Wissenschaftler von ihr versprechen, dann könnte Silicen dafür sorgen, dass Moores Law weiterhin Bestand hat. Daher: Die Zahl der Schaltkreise pro Fläche wird sich weiterhin alle zwei Jahre verdoppeln. Bis allerdings erste Anwendungen auf Basis von Silicen fertig sind, werden vermutlich noch etliche Jahre vergehen. Es sei denn, den Wissenschaftlern gelingt es, die Erkenntnisse aus der Graphen-Forschung auf Silicen zu übertragen.