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Nackte Oberkörper und kompostierbare Kulis

Auch in Österreich buhlen die Parteien momentan um die Gunst der Wähler. Am 29. September wird dort der neue Nationalrat gewählt. Effekthaschereien scheinen in diesem Wahlkampf bei allen Parteien wichtiger zu sein als wirkliche Inhalte.

Von Stephan Ozsváth | 29.08.2013
    Das "Nacktduell" titelt das Boulevard-Blatt "Österreich". Auf der ersten Seite zu sehen FPÖ-Chef Strache in Badehose, und der über 80-jährige Austrokanadier Frank Stronach lachend und mit freiem Oberkörper.

    "Ich brauch niemand etwas beweisen. Es war ein sehr heißer Tag und die Reporterin hat gefragt: Gehen wir zum Strand und können sie das Hemd ausziehen. Da hab ich kein Problem damit. Wichtig ist, was man sagt und für was man steht. Nicht für den Hut, was man aufhat oder was für einen Anzug."

    Das "Team Stronach" liegt derzeit in der Gunst der Österreicher auf Platz Fünf, hinter Grünen, den Rechtspopulisten von der FPÖ und den Konservativen und Sozialdemokraten. Inhaltlich hat Stronach außer blumigen "Werten" und skurrilen TV-Auftritten nichts zu bieten. Das Personal kauft der Milliardär aus den Hinterbänken anderer Parteien rechts der Mitte. Rechtspopulist Strache betreibt Hetze gegen Ausländer verkleidet als Inländer-Pflege.

    "Wir lieben unseren nächsten und das ist für uns der Österreicher und eben nicht permanent die Probleme von irgendwelchen Großbanken oder anderen..."

    In der Wählergunst liegt seine Partei FPÖ – durchsetzt mit Burschenschaftlern und Rechtsextremen immerhin auf Platz Drei. Das vermeintlich biblische Motto kam aber bei den Religionsgemeinschaften nicht gut an. Kardinal Christoph Schönborn mahnte.

    "Bemühen wir uns auch, unter den politischen Gruppierungen unseres Landes einen Stil der Gemeinsamkeit zu pflegen. Das bedeutet immer auch eine gewisse Abrüstung der Worte. "

    Das könnte auch an die Adresse der Grünen gehen. Beflügelt von vier Landtagswahl-Erfolgen werben sie mit frechen Sprüchen eines ehemaligen Jugendradio-Machers um Zuspruch. Auf den Plakaten: ein Lamm – dazu der Slogan: Wir sind nicht so belämmert wie die anderen. Verantwortlich dafür zeichnet Kampagnen-Chef Martin Radjaby, er sagt über die grünen Werbegeschenke im Wahlkampf.

    "Vielleicht auch ganz lustig: Wir haben Kondome, die natürlich Fair-Trade gehandelter Latex sind. Oder aber auch Kugelschreiber, die kompostierbar sind, die aus Kunststoff sind, der kompostierbar ist."

    Bräsig und bieder dagegen der Wahlkampf der Regierungsparteien ÖVP und SPÖ.

    Die Konservativen werben mit diesem nicht identifizierbaren Klingelton, mit Berg- und Seelandschaften und einem 12-Stunden-Arbeitstag. Michael Spindelegger, ÖVP-Spitzenkandidat und Vizekanzler versucht sich vom Koalitionspartner SPÖ abzusetzen.

    "Liebe Freunde, wir sind eine Partei für alle in diesem Land, die anpacken, die ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen wollen, die Zukunft als eine Chance begreifen. Die ÖVP gestaltet Österreich, die SPÖ verwaltet Österreich. Das ist der große Unterschied und der wird im September unsere Auseinandersetzung sein."

    Staatstragend langweilig gibt sich die SPÖ. Auf einem Plakat steht nur ein Wort: Arbeit . Regierungschef Werner Faymann ist derzeit auf ‚Kanzlertour‘ – auf Volksfesten werden rot-weiß-rote Herzen verteilt, und Aufkleber mit der Aufschrift "Steuerpatriot" - Sozis auf volksnahem Kuschelkurs.""Es geht an 29. September um ein Österreich, das wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen. Ein Österreich für alle Menschen, für alle Frauen Männer, für Junge, für Alte. Für alle, die einen Beitrag dazu leisten wollen, dass wir ein gutes Miteinander haben.""

    Faymann selbst präsentiert sich als Kapitän mit "sicherer Hand" in unsicheren Zeiten. Doch die "Wir haben uns alle lieb"-Strategie scheinen die Bewohner des Alpenlandes zu goutieren. Laut jüngsten Umfragen führen die Sozialdemokraten vor den Konservativen. Die Prognosen gehen in Richtung Neuauflage Große Koalition.