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Nanomembran für neue Audiotechnik
Lautsprecher auf der Haut

Forschende aus Südkorea treiben die Miniaturisierung von Lautsprechern und Mikrofonen auf die Spitze: Mit einer Nanomembran, die so hauchdünn und flexibel ist, dass man sie wie ein Pflaster auf die Haut kleben kann. Beim Sound muss man dafür allerdings Abstriche machen.

Von Frank Grotelüschen | 06.08.2018
    Animation eines Lautsprechers, der sich auf die Haut kleben lässt
    Lautsprecher oder Notrufpflaster: Nanomembranen lassen sich auf die Haut kleben (Ulsan National Institute of Science and Technology / Science Advances)
    Die Tonqualität ist alles andere als berauschend. Bemerkenswert dagegen ist der Lautsprecher, aus dem das Gequäke dringt: ein Stück Folie groß wie eine Briefmarke, hauchdünn und transparent. Entwickelt wurde er von Hyunhyub Ko und seinem Team am Institut für Wissenschaft und Technologie in Ulsan in Südkorea.
    Extrem dünn und durchsichtig
    "Unsere Nanomembran ist ein Zehntel Mikrometer fein, also extrem dünn und durchsichtig. Legen wir daran eine Wechselspannung an, wird sie immer wieder kurz erwärmt und abgekühlt. Diese Wärmeschwingungen übertragen sich dann auf die umgebende Luft und werden zu Schall."
    Thermoakustischer Effekt - so heißt das Phänomen, das sich die Koreaner zunutze machen. Die Folie, die sie dafür entwickelt haben, besitzt ein komplexes Innenleben: Nanometerfeine Silberdrähtchen sind zu einem Geflecht arrangiert, mit einer Struktur ähnlich wie ein Schachbrettmuster, nur nicht ganz so ordentlich. Dieses Geflecht ist eingebettet in einen durchsichtigen, hauchfeinen Kunststoff. Und der lässt sich einfach wie ein Pflaster auf die Haut kleben.
    "Um zu demonstrieren, was man damit machen könnte, haben wir unseren Lautsprecher auf den Handrücken geklebt und an zwei feine Kupferdrähtchen angeschlossen. Und damit konnten wir dann Musik abspielen, direkt auf der Haut."
    Lautsprecher als Mikrofon
    Eine originelle Demonstration – aber wofür sich so ein tönendes Pflaster konkret gebrauchen ließe, ist eher unklar. Das wissen auch Ko und seine Leute. Also kehrten sie das Prinzip um und machten aus dem Lautsprecher ein Mikrofon.
    "Um ein Mikrofon zu bauen, montierten wir unsere Nanomembran zwischen zwei dünne, biegsame Spezialschichten. Diese Schichten sind so strukturiert, dass sie Schall sehr gut einfangen und an die Nanomembran übertragen können. Und die wandelt den Schall dann in elektrische Signale um."
    Akustisches Notrufpflaster für ältere Menschen
    Das Resultat: Ein Mikro, das sich unauffällig an die Haut schmiegt, dessen Qualität aber gut genug ist für diverse Anwendungen, meint Ko. Zum Beispiel: "Unser Mikrofon könnte für Sicherheitssysteme verwendet werden, die die Stimme eines Menschen automatisch erkennen."
    Denkbar wäre auch ein akustisches Notrufpflaster für Senioren. Oder ein Tattoo, das man sich auf den Kehlkopf klebt und über das man Texte in einen Rechner diktieren, eine Drohne steuern oder mit einer Künstlichen Intelligenz plauschen kann. Zuvor allerdings haben Ko und seine Leute noch so manche Hausarbeit zu erledigen.
    "Es gibt noch Probleme mit dem Temperaturverhalten und der Effizienz, und auch die Haltbarkeit lässt noch zu wünschen übrig. Bevor man also an eine kommerzielle Anwendung denken kann, braucht es noch einige Verbesserungen."