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National Football League
NFL verbietet Helm von Tom Brady

Im American Football geht es nicht zimperlich zu. Bei den heftigen Zusammenstößen reißen zuweilen Bänder, manchmal brechen Knochen, und die Gehirne der Sportler nehmen Schaden. Die NFL führt nun Regeln für den Einsatz besserer Helme ein. Kritiker halten die Diskussion jedoch für Augenwischerei.

Von Heiko Oldörp | 17.04.2018
    Defensive Back Greg Wesley (oben) von den Kansas City Chiefs zwingt Running Back Frank Gore von den San Francisco 49ers zu Boden während der NFL-Partie.
    National Football League (NFL) verbietet zehn Helm-Modelle. (dpa/Mark Coffey)
    Die Mitteilung, die da aus dem NFL-Büro in der New Yorker Park Avenue kam, klang gut und verantwortungsbewusst. Dies sei ein weiterer Schritt, um die Sicherheit der Spieler zu verbessern, sagte Jeff Miller, der NFL-Verantwortliche für die Bereiche Gesundheit und Sicherheit. Was Miller meinte, war das Verbot von vier Helm-Modellen ab der neuen Saison und von sechs weiteren ab 2019.
    Somit werden rund 200 Profis bald einen neuen Kopfschutz tragen - unter ihnen Tom Brady. Der Quarterbackstar und fünfmalige Super Bowl-Gewinner der New England Patriots vertraut seine gesamte NFL-Karriere über einem Modell, das ab 2019 nicht mehr zulässig ist.
    Athletischer, kräftiger, schneller
    Liga und Spielergewerkschaft hatten 34 verschiedene Modelle testen lassen. Es war ein notwendiger Schritt. Denn in der vergangenen NFL-Saison hatte es 281 Gehirnerschütterungen gegeben - die Playoffs nicht eingerechnet. Das waren 15,6 Prozent mehr als im Fünf-Jahres-Durchschnitt.
    Die Erklärung ist einfach: Spieler sind immer athletischer, kräftiger, schneller - und die Wucht der Kollisionen wird dadurch immer größer. Markus Kuhn stand vier Jahre für die New York Giants mitten drin im Getümmel, Geschiebe und Geschubse der bis zu 150 Kilo schweren Fleischberge.
    Markus Kuhn in seiner Zeit bei den New York Giants. 
    Markus Kuhn in seiner Zeit bei den New York Giants. (dpa/Heiko Oldörp)
    "Also Football ist natürlich extrem hart. Es ist nicht eine körperbetonte, sondern eine Kollisionssportart. Und natürlich ist der Helm einerseits ein Schutz, aber natürlich auch eine Waffe. Sobald man den Kopf abrupt bewegt, eckt natürlich das Gehirn an der Schädelwand von innen einfach an", meint Kuhn.
    Und diese Bewegung des Gehirns werden selbst die besten Helme nie verhindern können. Doch genau diesen Irrglauben verbreitet die NFL. Es ist Populismus in einer Zeit, in der die Liga kritischer denn je betrachtet wird. Wissenschaftler wie die Neuropathologin Ann McKee haben längst nachgewiesen, dass es einen Zusammenhang zwischen Gehirnerschütterungen und irreparablen Gehirnschädigungen gibt.
    NFL leistet Entschädigungszahlungen
    Im Vorjahr untersuchte McKee die Gehirne von 111 ehemaligen NFL-Profis - und fand in 110 Beweise für die degenerative Nervenkrankheit CTE. Auch aufgrund ihrer Arbeit einigte sich die NFL zähneknirschend auf Entschädigungszahlungen in Höhe von einer Milliarde Dollar an ehemalige Akteure sowie Hinterbliebene von verstorbenen Ex-Spielern.
    Für McKee steht fest: es ist nur eine Frage der Zeit, bevor sich American Football so sehr verändert, bis man ihn nicht mehr wiederkenne. Das, so McKee, sei einfach unumgänglich: "It is a matter of time before the game is changed and we play a different sport, or a sport that doesn’t look like the game we’re playing now. I think it is inevitable."