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Nationale Mission zum Mond

Raumfahrt. – Die zweite deutsche Mondsonde trägt den poetischen Namen "Mona Lisa" und ist ein Vorhaben des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), das allerdings noch nicht politisch beschlossen wurde. Nach dem derzeitigen Zeitplan käme "Mona Lisa" nach der Stuttgarter Sonde am Mond an. Walter Döllinger, DLR-Direktor für Raumfahrtprogramme, erläutert die Pläne seiner Organisation im Gespräch mit Grit Kienzlen.

02.03.2007
    Kienzlen: Herr Döllinger, haben die Schwaben Deutschland überholt?

    Döllinger: Also ich kenne die schwäbischen Pläne nur sehr ungenau und sehr unscharf. Was man hier alles leisten kann, das kann ich von hier aus nicht beurteilen. Ich denke nur, wenn es zu einer deutschen nationalen Mission kommt, werden sich auch die baden-württembergischen Wissenschaftler unserer Mission anschließen.

    Kienzlen: Wie ist denn der Zeitplan für die Mission "Mona Lisa"?

    Döllinger: Also, wir haben in Dresden eine Konferenz im November vergangenen Jahres gehabt, wo wir die Wissenschaft einmal konzentriert gefragt haben. Das Thema Mond hat sich da herauskristallisiert. Wir haben jetzt, gestern, einen Vorschlag von dieser Wissenschaft bekommen, der inhaltlich schon weitgehend rund ist. Das heißt, wir wollen ein spacecraft um den Mond schicken, das vier Jahre lang den Mond umfliegt und dort mit etwa zehn technologisch wirklich herausragenden Sensoren den Mond abtastet. Die Zeitachse würde bedeuten: die politische Entscheidung im Frühjahr 2008, der Beginn der Baumaßnahmen bis 2012, 2013, der Start 2013.

    Kienzlen: Der Stuttgarter Satellit wird dann nicht starten?

    Döllinger: Ob die Stuttgarter parallel dazu starten würden, oder, was ich eher befürworten würde, sich uns anschließen würden, das muss ich den Stuttgarter Kollegen überlassen. Aber ich denke mir, so etwas in paralleler Art und Weise zu machen, ist nicht so ganz zielführend.

    Kienzlen: Was ja im Augenblick sehr parallel läuft, sind ähnlich Mission in Europa und auf der ganzen Welt. Worum geht es denn bei diesem Wettlauf, der es doch zu sein scheint?

    Döllinger: Ja, wir haben sie genau analysiert, einfach um auch uns hier zu positionieren, wo ist für uns noch Platz bei so einer Mission. Man muss Folgendes sehen: alle Staaten, außer den USA, wollen sozusagen erst einmal den Mond umkreisen und beobachten, was da oben sich tut. Die Amerikaner wollen 2020, 2025 auf dem Mond landen, eine Mondbasis aufbauen, und autonom dort oben leben, um von da aus auch zum Mars zu fliegen. Wir möchten nicht gegen die Amerikaner antreten, das macht keinen Sinn. Wir möchten einen Beitrag zur Erforschung des Mondes leisten, mit einem exzellenten Fluggerät, und wir haben dafür auch hervorragende technologische Voraussetzungen, ich sage einmal ein Beispiel: Momentan sind etwa 8 Prozent der Mondoberfläche kartiert, wir würden den gesamten Mond in dieser vierjährigen Mission komplett mit einer hoch auflösenden 3-D-Kamera sozusagen erst einmal mappen, also aufzeichnen. Damit man überhaupt richtige Landeplätze hat, später.

    Kienzlen: Geht es bei dieser Forschung wirklich nur darum, sich sozusagen wissenschaftlichen Meriten zu erwerben, oder geht es auch darum sich möglicherweise Rechte zu sichern, wenn der Mond genutzt werden kann, auf irgendeine Weise?

    Döllinger: Ich glaube das ist zu spekulativ. Natürlich ist auch die Frage im Vordergrund, gibt es da oben überhaupt Rohstoffe, die man abbauen kann, die man vielleicht nutzen kann. Dieses Thema Helium-3 wird immer wieder angezogen, ich glaube im jetzigen Status ist die Wissenschaft gefragt. Dass natürlich für Amerika dieses auch eine machtpolitische Demonstration ist, Rückkehr zum Mond, das ist aber eine andere Dimension. Wir wollen Wissenschaft betreiben.

    Kienzlen: Sie wollen Wissenschaft betreiben. Was steht denn da an, außer dieser Kartierung?

    Döllinger: Der Mond ist ja, was viele nicht wissen, noch weitgehend unerforscht. Es gibt nun die Frage, sozusagen, der Mondoberfläche. Aus welchem Material, sozusagen, woraus besteht der Mond? Der Aufbau des Mondes insgesamt ist eher, sozusagen, eine vergleichbar kalte Erde. Wie ist die strukturiert? Kann man da ableiten, was mit der Erde möglicherweise passiert? Die Polsituation auf dem Mond, gibt es hier Wasser, oder gibt es auch Wasserstoff zum Beispiel? Und man hat die Strahlenbelastung auf dem Mond. Können überhaupt Menschen auf dem Mond längerer Zeit überleben, ohne dass sie eben relativ hohe zusätzliche Schäden erleiden werden?

    Kienzlen: Jetzt erklären Sie mir doch noch einmal, warum kann sich Deutschland hier nicht einfach zurücklehnen und sagen, lasst doch die anderen das Geld ausgeben für diese Exploration, wir profitieren auch von diesen Ergebnissen?

    Döllinger: Es ist auch ein Stückchen Leistungsfähigkeit zeigen und auch wissenschaftliche Demonstration, wer kann was. Sie merken es ja auch in Europa. Sozusagen gibt es in Italien, in Großbritannien vergleichbar Vorschläge. Es gibt schon auch hier in Europa die die Frage, wer hat die Lead-Funktion in Europa in dieser Exploration im Sonnensystem. Und da denken wir, wir sind gut aufgestellt, es ist klug zu zeigen, wir sind in Europa auf Platz zwei, wir spielen hinter Frankreich, wir möchten uns eigentlich ungern von Italien hier sozusagen überholen lassen.