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Nationalpark in Florida
Mit Marjory Stoneman Douglas durch die Everglades

Alligatoren, Orchideen, atemberaubende Schönheit: die Everglades in Florida. Marjory Stoneman Douglas ist zu verdanken, dass das subtropische Gebiet zu einem Nationalpark erklärt wurde. Ihr Leben lang kämpfte sie für dessen Schutz. Heute ist sie Vorbild für eine neue Generation von Aktivisten.

Von Mirjam Kid | 17.02.2019
    Anhinga Trail in der Morgendämmerung, Everglades, Florida, USA.
    Das größte subtropische Gebiet der USA ist Heimat 300 verschiedener Tierarten - und von der Unesco geschütztes Welterbe (picture alliance / Imagebroker)
    Der kleine Shakir läuft begeistert über den Holzsteg des sogenannten Anhinga Trails. Alligatoren, Fische, Vögel in den unterschiedlichsten Farben und Formen, mit einer Zähluhr zählt er fleißig mit.
    Neunzehn, neunzehn Tiere hat er schon gezählt und das in den ersten zehn Minuten der Wanderung. Die Everglades im Süden Floridas sind bekannt für ihre Artenvielfalt.
    "Ich will ihnen ja nicht den Spaß an Yosemite verderben", erklärt Parkrangerin Barbara Hedges, "aber die Everglades gehören nicht zu den National Parks, die nur wegen ihres theatralischen Aussehens berühmt geworden sind, diese Region ist etwas wirklich Besonderes."
    Eine frühe Aktivistin
    Das größte subtropische Gebiet der USA, in dem mehr als 300 verschiedene Tierarten zu Hause sind, dessen riesiger Flussverlauf maßgeblich ist, für die Süßwasserversorgung der ganzen Region, das hätte es um ein Haar so nicht mehr gegeben, wäre da nicht: Marjory Stoneman Douglas.
    Marjory Stoneman Douglas poses at her home in the Coconut Grove neighborhood of Miami, Fla. in early June 1989.
    Aktivistin für den Umweltschutz: Marjory Stoneman Douglas starb 1998 mit 108 Jahren (picture alliance / Kathy Willens)
    "Sie war eine Ikone, deswegen haben Sie die Schule nach ihr benannt", erklären Barbara und Dave im Everglades-Besucherzentrum.
    Und meinen damit die Schule in Parkland Florida, deren Schülerinnen und Schüler eine nationale Bewegung für strengere Waffengesetze ins Rollen gebracht haben, nachdem bei einem Amoklauf an ihrer Schule 17 Menschen getötet und 17 weitere verletzt wurden – die Marjory Stoneman Douglas High-School.
    Mit ihrem Engagement haben es Schülerinnen wie Emma González, Sarah Chadwick und ihre Mitschüler David Hogg und Cameron Kasky geschafft, das Thema schärfere Waffengesetze auf die Nummer eins der nationalen politischen Agenda zu heben.
    "Zuerst waren wir traurig, aber das änderte sich, nun wird der Name Marjory Stoneman Douglas nicht mit einer Tragödie sondern mit dem politischem Widerstand assoziiert."
    "Das würde sie mögen."
    Orchideen, Schnecken, Königspalmen
    Mit einem festen Blick und einem smarten Lächeln erzählt die routinierte Parkrangerin, von einer Gruppe politischer Aktivistinnen, zu denen auch Stoneman Douglas gehörte. Im frühen 20. Jahrhundert legten die sich mit einem findiger Unternehmer an, der damals die Idee hatte Bahngleise quer durch den Anhinga Trail und das heutige Naturschutzgebiet zu legen. Aus der Bahntrasse sollte später ein Teil des U.S. One werden, des größten Highways der USA.
    "Als er die Bahntrasse bauen lassen wollte, gab es diese Aktivistinnen, im 20. Jahrhundert, die gesagt haben: nein, hier ist es wunderschön, wir haben die hier heimischen Königspalmen, wir haben seltene Orchideen, wir haben seltene Schneckenarten – lasst uns das erhalten! Also haben sie 1916 dafür gesorgt, dass das hier Floridas erster staatlich geschützter Park wurde."
    USA, 2007: Hechtalligator (Alligator mississipppiensis) geht durch einen Sumpf.
    Beliebt bei allen Parkbesuchern: die Hechtalligatoren in den Everglades (picture alliance / A.Visage)
    Er hieß damals Royal Palms State Park und war noch vergleichsweise klein. Aber er wurde zur Keimzelle dessen, was später der Everglades Nationalpark werden sollte.
    Als Journalistin beim Miami Herald
    "Und ratet mal, wer Royal Palms State Park gegründet hat: Es war der Frauenverband von Florida, der Florida Federation of Women's Clubs. Es waren viele hartnäckige und weitsichtige Frauen, denen wir dafür danken können, dass das hier heute nicht Highway One ist. Mit T-Shirt-Shops und Muschel-Shops nebendran."
    Es war der erste Meilenstein für die Everglades und für Marjory Stoneman Douglas.
    Eigentlich hatte es die 1890 in Minnesota geborene "Mutter der Everglades" für einen Job als Journalistin nach Florida verschlagen und zum Miami Herald – mit 25.
    Einzigartiges Ökosystem - und wichtiges Wasserreservoir
    Parallel nahm sie aber gleich für eine ganze Bandbreite, damals recht unpopulärer Themen, den politischen Kampf auf: Gegen Rassismus etwa und für die Gleichberechtigung von Frauen. Als Teil der Suffragettenbewegung stritt sie für das Frauenwahlrecht, und zwar noch bevor sie Mitte des 19. Jahrhunderts endgültig zu einer Schlüsselfigur der US-amerikanischen Umweltbewegung avancierte. 1947 räumte sie mit dem Mythos auf die Everglades seien nichts weiter als ein Sumpf und veröffentlichte ihr Buch "Everglades: River of Grass".
    "Das machte kurzen Prozess mit der Idee, dass die Everglades ein Sumpf seien."
    Rosaloeffler, Rosa Loeffler, Rosaroter Loeffler (Ajaia ajaia, Ajaia ajaja, Platalea ajaja), auf Nahrungssuche im seichten Wasser, USA, Florida.
    Unzählige seltene Vogelarten wie der Rosa Löffler sind in den Everglades heimisch (picture alliance / Blickwinkel)
    Erklärt Parkrangerin Barbara. Sie bestehen eigentlich aus einem Fluss. Einem 15 Meilen breiten, sehr langen, flachen Fluss mit Grasvegetation.
    "Ohne die Everglades würde die Wasserversorgung in ganz Südflorida zusammenbrechen. Stoneman Douglas, war eine der ersten die das verstand. Mit ihrem Buch stritt sie für den Erhalt eines für sie damals schon einzigartigen Ökosystems. Das Buch sei bei weitem aber noch nicht ihr größter Verdienst gewesen."
    "Sie hat dieses Buch 1947 geschrieben, aber ihre eigentliche Karriere begann als sie 79 Jahre alt war! Da hat sie die Gruppe Friends of the Everglades gegründet. Und es gab Pläne einen riesigen Flughafen zu bauen, genau hier. Es sollte der größte Flughafen der Welt werden. Und daneben wollten sie eine Stadt bauen, in der 25.000 Menschen leben sollten. Sie können sich vorstellen, was das angerichtet hätte: es hätte die Everglades zerstört und auch das Naturschutzgebiet Big Cypress, das direkt nebenan ist. Also hat sie mit 79 Jahren all diese Leute mobilisiert, sie haben sich organisiert und gemeinsam haben sie diesen Flughafen gestoppt."
    Kampf für die Natur gewonnen
    Heute sind die Everglades ein von der UNESCO anerkanntes Weltkulturerbe. Und als internationales Biosphärenreservat eine Modellregion für ökologisch, sozial und ökonomisch nachhaltige Entwicklung.
    "Viele Menschen nehmen das was wir haben als selbstverständlich", sagt Dave vom Everglades-Besucherzentrum.
    "Wie zum Beispiel die vielen schönen National Parks. Sie vergessen wer sich dafür eingesetzt hat und welche Zeit, welche Anstrengungen sie dafür auf sich genommen haben. Es ist wie ein Geschenk, das sie uns hinterlassen haben, es ist ihr Erbe, das sie an uns weitergeben."
    Im jahrzehntelangen Kampf gegen Unternehmens- und Lobbyinteressen gewann am Ende Stoneman Douglas. Im Alter von 108 Jahren starb sie 1998 in Florida. Knapp eine Stunde Autofahrt von den Everglades entfernt stehen die Schülerinnen und Schüler der nach ihr benannten High-School als politische Aktivisten nun in ihrer Tradition.