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Naturdenkmal im Kreis Plön
Die Lindenallee von Schönböken

Fast 250 Linden, zum Teil über 160 Jahre alt: Die Lindenallee von Schönböken wurde 2010 zur schönsten Allee in Schleswig-Holstein gekürt. Doch der Klimawandel setzt dem Naturdenkmal zu.

Von Ursula Menzer | 12.01.2020
Blick auf die Lindenallee von Schönböken
Naturdenkmal im Kreis Plön: die Lindenallee von Schönböken (Deutschlandfunk / Ursula Menzer)
Die Pferde wechseln vom rhythmischen Trapp in den langsamen Schritt und biegen rechtwinklig in die Schönböker Allee ein. Der erfahrene Kutschfahrer Reiner Stave kennt seine Pferde, zwei Mecklenburger-Friesen. Mit in der Kutsche die stellvertretende Bürgermeisterin Heidemarie Scheel:
"Herzlich willkommen in der historischen Allee hier im Ort Schönböken in der Gemeinde Ruhwinkel. Mit 245 Grosslinden ist das in Norddeutschland die vollständig erhaltene Allee, die in Nord-Süd-Richtung direkt auf das Torhaus der alten Gutsanlage in Schönböken hinführt. Im Abstand von 15 Metern gepflanzt und auf Lücke versetzt, bilden diese Grosslinden eine Kathedrale, die ein wichtiges Biotop bildet. Landschaftlich ist diese Allee ein bedeutender Punkt, weil es in der kargen Gutslandschaft kaum hohes Baumwerk gibt. Sie bildet mit den beidseitig verlaufenden Knicks somit einen wichtigen Lebensraum für Fledermäuse, Vögel, Käfer und anderes Getier und ist damit einzigartig in der Umgebung."
Vielfältige Eindrücke im Wechsel der Jahreszeiten
Die Bäume der Lindenallee haben jetzt im Herbst schon viele Blätter verloren, das verbliebene Herbstlaub ist gelb, durch die Kronen lässt sich Himmel sehen. Im Sommer, wenn die Bäume grün und die Blätter dicht sind, ist die Allee oben geschlossen. Die hohen Kronen der enggepflanzten Bäume greifen ineinander, verschließen die Allee tunnelartig und tauchen sie in ein magisches, grün gefiltertes Licht.
Zu jeder Jahreszeit bietet die Allee einen anderen Anblick, immer erweckt sie ein Gefühl der Erhabenheit. "Wie man sich vorstellen kann, es ist eben ein Naturdenkmal, das lebt und einem ständigen Wandel unterliegt. Deshalb ist es wichtig, die Bäume entsprechend zu pflegen. Nicht nur wegen des Klimawandels, sondern natürlich auch, um ihre Vollständigkeit zu erhalten."
Beim Stichwort Klimawandel und beim Thema Bäume kommt einem Bertold Brechts Gedicht "An die Nachgeborenen" in den Sinn, in dem er von finsteren Zeiten spricht und sich an spätere Generationen wendet. Der Komponist Wolfgang Fortner hat es nach dem Zweiten Weltkrieg vertont.
"Was sind das für Zeiten, wo
Ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist,
Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt!"
Brechts Gedicht entstand zwischen 1933 und 1938, in der Zeit der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten, die unverzüglich einen Abbau von Demokratie und Humanität in Gang setzten. Darüber darf nie geschwiegen werden. Heute jedoch, in Zeiten von Klimawandel und Erderwärmung, ist ein Gespräch über Bäume geradezu notwendig.
"Wir haben alle die beiden letzten trockenen Sommer in Erinnerung, da haben diese großen Bäume von 32 m Höhe enorm gelitten und die oberen Äste wurden nur noch schwach mit Wasser versorgt. Es zeigte sich darin, dass die oberen Blätter kleiner ausgebildet waren, als die unteren Blätter im Kronenansatz."
Die Allee von Schönbeken mit ihren über 160-jährigen Linden wurde 1856 von den damaligen Gutsbesitzern nicht nur als standesgemäße Zufahrt, gleichsam als Statussymbol, sondern auch als Wind- und Wetterschutz für die ankommenden Kutschen gepflanzt. Wo die Allee von der Bundesstraße 430 aus einmündet, bilden die Bäume eine trichterförmige Öffnung und nehmen freundlich in Empfang.
Baumschutz und -pflege auch im Dienst der Sicherheit
Nicht alle Linden der über einen Kilometer langen Allee haben bis heute durchgehalten. Vor 30 Jahren mussten einige gefällt und neu angepflanzt werden. Bei den alten machte sich zunehmend Spitzendürre bemerkbar, die die Kronen bedroht. Altholz muss entfernt werden, um die Sicherheit der öffentlichen Straße zu gewährleisten, berichtet die Bürgermeisterin, die sich von Kosten bedrängt sieht.
"Die Summen, die für den Erhalt einer öffentlichen Straße, bzw. für diese Allee aufgebracht werden müssen, ist für eine Gemeinde ohne besondere Zuwendungen fast ausgeschlossen. Als Naturdenkmal ausgewiesen im Kreis Plön, ist es uns gelungen, mit einer wichtigen Biotopsanierungsmaßnahme diese Allee zu erhalten. Mit Geld aus Patenschaften, von Bürgern aus der Gemeinde, sowie öffentlichen Geldern des Kreises und vor allem der Umweltlotterie Bingo konnten wir in 2018 eine umfangreiche Sanierungsmaßnahme dieser Grosslinden durchführen. Eine Sanierung bedeutet, die Bäume wurden im Kronenbereich stark zurückgeschnitten, sodass die Versorgung der oberen Kronenäste besser gewährleistet wurde. Alles in allem hat diese Sanierungsmaßnahme knapp 70.000 Euro verschlugen."
Die Baumreihen sind Kulturgut
Alleen haben neben der Nutzungs- und der ökologischen Funktion auch eine landschaftsästhetische Bedeutung. Alleen legen verdichtete Linien in den Raum und strukturieren Flächen. Vom Einzelbaum ausgehend, bildet die Reihung in der Allee eine Steigerung. Natur und Kultur vermittelt. In einer Broschüre der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald heißt es:"Alleen machen Straßen zu einem Erlebnis. Die in regelmäßigen Abständen gepflanzten Bäuem geben dem Blick in die Landschaft einen Rahmen. Die Allee als wertvolles Natur- und Kulturgut steigert die Qualität der Umwelt und die Lebensqualität des Menschen."