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Navigieren wie die Bienen

Flugtechnik. - Auf dem kleinen Flugplatz bei Finowfurt bei Eberswalde trafen sich etwa 80 bis 100 Entwickler und Bastler kleiner, intelligenter Flugobjekte. Auch wenn die Intelligenz der kleinen Flieger bislang nur darauf beschränkt ist, an einem Punkt in der Luft stehenzubleiben, über einem vorher ein programmiertem Ort zu schweben, oder zum Startpunkt zurückzufinden, arbeiten die Entwickler bereits daran mehrere Drohnen im Schwarm fliegen zu lassen, ohne dass sie sich gegenseitig rammen und abstürzen oder, da sie sich selbstständig in einem, ihnen unbekannten Raum zurechtfinden.

Von Wolfgang Noelke | 20.09.2008
    In der Luft sieht es aus wie eine Ente, der leichte Flieger aus Styropor, dessen Heckpropeller von einem starken Elektromotor angetrieben wird, doch das etwa 125 Kilometer in der Stunde schnelle Flugzeug ist für Martin Müller aus Hildesheim kein Spielzeug:

    "Das ist ein Flieger, der für meteorologische Zwecke eingesetzt wird, also der ist schon in der Arktis geflogen. Da wird Luftfeuchtigkeit gemessen, Temperatur, Luftdruck und wir messen auch die Windrichtung und die Windgeschwindigkeit und da ist es besser, wenn man ein Flächenflugzeug hat, als so einen Hubschrauber, der nur an einer Stelle steht und mit seinen Wirbeln selber auch die Meteorologie stark verändert. Wir hören auch etwas, wenn man das bewegt, dieses Flugzeug. Das ist also kein Sand, der dadurch Flugzeuge rieselt."

    "Was ist das?"

    "Da ist ein Infrarotsensor drin, der über die Erdoberfläche die Lage des Flugzeugs bestimmt. Über diese Lage weiß das Flugzeug, wie es in der Luft liegt und mit den Servos versucht es nun, diese Ausnullung wieder zu korrigieren, im Flug."


    Das Mini-Flugzeug, das eines Tages den guten alten Wetterballon ersetzen soll, kann ohne Software nicht fliegen. Den Flieger zusammenzubauen und die Software aufzuspielen ist das einzige, was man noch selbst machen muss, und hier, in den alten Bunkern des Flughafens Finowfurt sitzen tatsächlich einige Bastler die heute Nachmittag schon ihre erste selbstgebaute Drohnen fliegen können:

    "Alles, was Sie hier sehen, ist Open Source. Die Software, die Hardware, die Baupläne kann man alles runterladen im Internet. Man kann sich das auf dem Rechner installieren, man kann das nachbauen. Es gibt weltweit sicher 50 oder 100 Leute, die das nachgebaut haben und dafür wollen wir Werbung machen. Das ist auch schön, zivile Anwendungen zu finden. Es ist nicht einfach, weil das Einfachste, was einem einfällt, ist Überwachung, Überwachungsstaat, Polizei, Militär, aber es geht eben auch zivil und das macht auch viel Spaß."

    Ein kleines Metallkreuz, an dessen enden jeweils ein winziger Elektromotor einen Propeller antreibt, diese Fluggeräte nennt man Quadrokopter. Gesteuert wird ein Quadrokopter allein durch die Drehzahländerung der Motoren, erklärt André Möhl:

    "Wenn wir zum Beispiel vorwärts fliegen wollen, dann lassen wir den hinteren Motor schneller drehen. Dadurch kippt er nach vorn. Der Windstoß verursacht dann, dass wir nach vorne fliegen. Wenn er sich drehen soll, da lassen wir zum Beispiel den linken und den rechten langsamer laufen und den vorderen und den hinteren schneller laufen und dann dreht er sich in eine Richtung um. Und in die andere Richtung ist es genau umgedreht."

    Drohnen sind teilweise zwar schon ausgerüstet mit einer GPS-Navigation, doch die ist auch für Flugzeuge zu ungenau. Verena Hafner ist an der Humboldt Universität Berlin Professorin für kognitive Robotik. So, wie sich Lebewesen in der Natur orientieren, so sollten sich ihrer Meinung nach auch Roboter orientieren:

    "Für die visuellen Strategien haben wir da genauer Insekten beobachtet und zwar Honigbienen und die benutzen hauptsächlich eine ganz bestimmte Strategie, nämlich den optischen Fluss. Optischer Fluss kann man sich so vorstellen: Wenn ich zum Beispiel mit dem Auto gerade hier auf der Autobahn hergefahren bin, dann bewegen sich die Leitplanken seitlich aus meinem Gesichtsfeld. Und diese Bewegung ist quasi der optische Fluss. Und diese Methode haben wir dann auch auf unseren Quadrokoptern implementiert, so dass die besser navigieren können und das ist auch sehr hilfreich für die Landung. Was wir vorhaben, demnächst zu benutzen, ist ein Kompass, der auf dem Polarisationsmuster des Himmels basiert. Diese Technik wurde auch bei Ameisen und bei Bienen festgestellt."

    Satellitennavigation schützt nicht davor, so Professor Hafner, gegen einen Baum zu fliegen. Die Natur sei allen bislang bekannten Stabilisierungs- und Navigatioshilfen überlegen:

    "Unser Ziel ist, dass wir die Quadrokopter einfach irgendwann losfliegen lassen können, die sich automatisch in ihrer Umgebung umschauen, diese erkunden, Erinnerungen wahrnehmen und wir sie nicht vorher programmieren müssen."

    "Sie benötigen dann also ein Kurzzeit-und Langzeitgedächtnis, wie die Lebewesen auch. Wie groß müssen dann dann ungefähr die Speicher sein? Mit welchen Speichern arbeiten Sie jetzt?"

    "Also, unsere Speicher sind sehr klein. Wir haben gerade 64 kB im Moment. Das ist nicht viel, aber wir wissen ja, es funktioniert. Also wenn Sie sich jetzt die Ameise anschauen; bestimmte Ameisen haben ein Gehirn von einem Kubikmillimeter. Da passt auch nicht viel rein."