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Neue Anlaufstelle für europäische Wanderarbeiter in Mainz

Wanderarbeiter - das ist ein Sammelbegriff für Arbeitnehmer aus dem europäischen Ausland, die hierzulande befristet tätig sind. Ein gewerkschaftsnaher Verein hat in Mainz eine neue Anlaufstelle für europäische Wanderarbeiterinnen eröffnet, um Beratung und Hilfe anzubieten.

Von Ludger Fittkau | 22.01.2013
    Petro Bortes ist ein europäischer Wanderarbeiter. Ursprünglich stammt er aus Osteuropa, dann fand er lange Zeit Arbeit auf der iberischen Halbinsel:

    "Ich komme aus Rumänien, aber habe ich gewohnt in Spanien zehn Jahre. Ich bin direkt aus Spanien nach Deutschland gekommen."

    2010 wanderte Petro Bortes aus dem südeuropäischen Krisenland mit seiner Frau und sieben Kindern weiter ins Rhein-Main-Gebiet. Seine Frau arbeitet jetzt in Frankfurt in einem Pflegeheim, Petro Bortes hatte bis November einen Arbeitsvertrag bei einer deutschen Baufirma. Im Frühjahr, so hofft er, kann er dort weiterarbeiten. Solange lernt er deutsch. Den Sprachkurs vermittelt hat ihm Mihai Balan, Mitarbeiter des gewerkschaftsnahen "Europäischen Vereins für Wanderarbeiterfragen".

    Seit 2007 berät Mihai Balan für den Verein auf Rumänisch, Englisch und Deutsch europäische Wanderarbeiter. Oft gemeinsam mit Kollegen karitativer Migrationsdienste sucht er sie an ihrem Arbeitsplatz auf dem Bau oder in der Landwirtschaft auf.

    "Oft auch in ihre Unterkünfte hinein, weil man da noch mehr Möglichkeiten hat, einen Kontakt aufzubauen, weil die Wanderarbeiter da auch geschützt sind. Zum Teil auch mit Kooperationspartnern die aus dem gewerkschaftlichen Bereich oder von den Migrationsdiensten kommen. Je nachdem, wer sich da anbietet und in dem Feld arbeitet."

    Mihai Balan wird auch die neue Beratungsstelle in Mainz leiten, die heute eröffnet wurde – sie ist die zweite dieser Art in Deutschland und die erste in Rheinland-Pfalz. Das westliche Bundesland mit viel Wein- und Gemüseanbau gehört zu den deutsche Flächenländern mit den meisten Saison- und Wanderarbeitern. Klaus Wiesehügel ist Bundesvorsitzender der IG Bauen, Agrar, Umwelt und einer der Initiatoren der neuen Mainzer Beratungsstelle für Wanderarbeiter:

    "In Mainz und im Umland gibt es hohe Neueinwandererzahlen, durch hohe Zuwandererzahlen aus Osteuropa und den Krisenstaaten dafür einen großen Bedarf. Wir starten die Beratungsstelle als Projekt, die Finanzierung steht zunächst für ein Jahr. Danach müssen wir sehen, wie eine weitere Finanzierung sichergestellt werden kann. Von der kommunalen und Landespolitik erhoffen wir uns, dass sie uns bei unserer Tätigkeit tatkräftig unterstützt."

    Von der Bundes- und Europapolitik wünscht sich Wiesehügel einen besseren politischen Rahmen für faire Arbeitsbedingungen bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen. Jutta Steinruck, sozialdemokratische Europaabgeordnete konnte den Gewerkschaften in dieser Frage heute nur wenig Hoffnung machen. Ein aktueller Richtlinienentwurf zum Umgang mit europäischen Wanderarbeitern sei nicht sehr arbeitnehmerfreundlich, so Steinruck. Etwa bei der Bekämpfung illegaler Beschäftigungsverhältnisse:

    "Der Kommissionsvorschlag und auch der Vorschlag der konservativen Berichterstatterin geben mir da keinen großen Grund zur Hoffnung. Und ich hoffe sehr, dass nicht nur die deutschen Gewerkschaften, sondern auch die europäischen Gewerkschaften in Brüssel und in Straßburg, bei meinen Kolleginnen und Kollegen, bei der Kommission sagen, wo die Probleme vor Ort sind. Auch Illegalität kann durch schärfere Kontrollen abgeholfen werden."

    Der rumänische Wanderarbeiter Petro Bortes ist erst einmal froh, nun im Mainzer DGB-Haus eine Anlaufstelle zu haben. Und er hofft jetzt auf den Frühling – und damit auf neue Arbeit auf dem Bau, egal in welchem Gewerk:

    "Bei der letzten Firma habe ich gearbeitet mit Arbeitsvertrag als Maler und Lackierer. Aber ich habe alles gemacht."

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