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Neue EU-Regeln
Wirtschaft befürchtet Verlust von "Made in Germany"

"Made in Germany" ist ein Qualitäts-, aber kein Herkunftssiegel, denn ein Produkt kommt nicht immer aus Deutschland, nur weil es das Siegel trägt. Die EU will jetzt mehr Transparenz. Zukünftig soll auf allen Produkten außer Lebensmitteln drauf stehen, woher sie kommen.

Von Felix Lincke | 15.04.2014
    Der Streit um Gütesiegel wie "Made in Germany" schwelt schon seit Jahren: er hat die EU-Kommission beschäftigt, den EU-Binnenmarktausschuss, das EU-Parlament, und er wird auch den Ministerrat beschäftigen. Dort bildet Deutschland zusammen mit Großbritannien und den Niederlanden eine starke Abwehrfront. An deren Veto wird eine EU-weite Regelung von Herkunftsbezeichnungen vorerst scheitern. Aber die Aufregung von Wirtschaftsverbänden wie BDI und DIHK ist nicht gespielt. Denn eine EU-weite Harmonisierung wird sich kaum verhindern lassen, die schon so lange die Gremien beschäftigt. Bei der Kommission in Brüssel fühlt man sich falsch verstanden, wie diese Sprecherin:
    "Es gibt viel Verwirrung bei diesem Thema. Ich möchte klar machen, dass die EU-Kommission nicht vorschlägt, das "Made in Germany"-Label abzuschaffen. Die Regeln dafür sollen weder verändert noch verschärft werden."
    Regelungschaos in der EU
    Es gehe gar nicht um Exporte, bei denen die Deutschen mit ihrem "Made in Germany" so stark sind, - sondern um Importe von außen in die EU. Auch hier herrsche ein Regelungschaos, weil für jedes Land in Europa andere Vorschriften gelten. Das sei auch gar kein Problem, ist vom Deutschen Industrie- und Handelkammertag zu hören. Schon heute könne man gefährliche Produkte durch die Angabe der Importeure und Hersteller zügig ausfindig machen.
    Es gab aber einen Fall, in dem ein deutscher Importeur chinesischen Stahl bezog, der in Nordkorea weiterverarbeitet wurde, was in Europa mit Strafzöllen belegt ist wegen eines Handelsembargos. Der Importeur wollte den Strafzoll nicht hinnehmen, bestand auf der chinesischen Herkunft des Stahls und klagte erfolgreich vor dem Europäischen Gerichtshof - wegen der fehlenden einheitlichen Vorschrift, welche die Kommission seitdem für alle Mitgliedstaaten entwickeln will:
    "Wenn wir über europäische Waren sprechen, die ein "Made in Germany"-Label tragen können, dann ist das eine ganz andere Sache. Das sind Waren, die nach Amerika oder Japan gehen. Die Exporteure müssen dann die Regeln der Länder befolgen, in die sie ihre Waren liefern."
    Auch hier hat die Kommission objektiv recht, für Kunden in Übersee und anderen Drittländern außerhalb der EU soll sich zunächst nichts ändern. Die Deutschen Unternehmen denken aber schon einen Schritt weiter und rechnen damit, dass eine Änderung der Herkunftsregeln für Einfuhren in die EU auch die Handelspartner über eine Änderung ihrer Regeln nachdenken lässt.
    Verbraucher könnten profitieren
    Und weil deutsche Unternehmen mit den alten Regeln bisher gut leben können, wollen sie hier keine Risiken eingehen. Ein weiterer Punkt, und da muss man besorgten Unternehmern recht geben, wäre die künftige Kennzeichnungspflicht, die beim Gütesiegel bisher freiwillig ist. Die neuen Vorschriften stehen auf jeden Fall für mehr Aufwand. Profitieren könnten vom neuen Herkunftsrecht die Verbraucher, und zwar bei Importwaren. Hier ließe sich die eigentliche China-Ware künftig nicht mehr mit ein paar Handgriffen in ein Produkt "Made in Germany" verwandeln.