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Dickhäutig und charmant

Der fliegende Elefant ist zurück im Remake des Trickfilmklassikers „Dumbo“. Nichts aus der Ruhe bringt Robert Redford im Krimi „Ein Gauner & Gentleman“. Die Doku „Unser Team – Nossa Chap“ erzählt von dem tragischen Schicksal eines Fußballclubs.

Von Jörg Albrecht | 27.03.2019
"Dumbo" von Tim Burton
Eine Szene aus dem Film "Dumbo" von Tim Burton (imago stock&people)
"Brauchen Sie vielleicht Hilfe?"
"Kennen Sie sich etwa mit Autos aus?
"Nein, eigentlich nicht."
Mit ganz viel Laisser-faire
Aber Forrest Tucker ist nun mal ein Kavalier der alten Schule. Wenn eine Frau mit ihrem Wagen am Straßenrand steht, hält er an. Selbst dann, wenn die Polizei hinter ihm her ist. Denn Tucker hat nur wenige Minuten vorher eine Bank überfallen. Und das, wie er seiner Zufallsbekanntschaft vom Highway erzählen wird, mit Stil und ganz viel Laisser-faire.
"Das hier ist ein Überfall! Ich will, dass Sie diese Tasche mit Geld füllen und sie mir dann geben. Und machen Sie ja keine Dummheiten! Denn ich mag Sie. Ich glaube sogar, dass ich mich gerade in Sie verliebe. Also brechen Sie mir nicht das Herz, okay?"
Was wie eine Räuberpistole klingt, ist doch eine wahre Geschichte. Der echte Forrest Tucker, der 2004 gestorben ist, hat Dutzende Banken überfallen. Berühmt ist Tucker aber auch deswegen, weil er gleich 30 Mal versucht hat aus dem Gefängnis zu flüchten, 18 Mal davon erfolgreich.
Eine wunderbare Rolle
Eine wunderbare Rolle also, die sich Robert Redford für seine Abschiedsvorstellung ausgesucht hat und die den Kreis zu einem seiner ersten großen Erfolge schließt. Vor 50 Jahren hat Redford im Western "Zwei Banditen" den Ganoven Sundance Kid gespielt. In einer der schönsten Szenen des ruhig erzählten Krimis von David Lowery, dessen Inszenierung die Gelassenheit des Protagnisten spiegelt, trifft Tucker in einem Diner zufällig auf den Polizisten, der ihn seit Jahren jagt.
"Kenne ich Sie nicht aus dem Fernsehen?"
"Schon möglich."
"Doch, ich glaube schon. Sie hatten doch mit dieser Altherren-Gang zu tun, oder?"
"Ja."
"Haben Sie sie gefasst?"
"Noch nicht."
"Dicht dran?"
"Oh, wir kommen gut voran."
Das Schönste an "Ein Gauner & Gentleman" aber ist, dass der Film mit seiner leisen Komik weder den melancholischen Ton der letzten Filmrollen von Clint Eastwood kopiert noch den Eindruck eines Requiems erweckt.
"Ein Gauner & Gentleman": empfehlenswert
Ein tragisches Schicksal
"Im Finale werden wir unser Leben geben und alles versuchen, um zu gewinnen." So ein Spieler des brasilianischen Fußballvereins Chapecoense 2016 nach dem Erreichen des Copa-Sudamericana-Finals. Niemand konnte ahnen, dass fast die komplette Mannschaft ihr Leben schon auf der Anreise zum Austragungsort des Endspiels geben würde. Die Maschine mit dem Team von Chape an Bord stürzte kurz vor der Landung auf dem Flughafen von Medellin ab. Von den 77 Insassen überlebten nur sechs, darunter drei Spieler.
"Unser Team – Nossa Chape", heißt der bewegende Dokumentarfilm, der von einem Verein und einer Stadt berichtet, die sich in den Wochen und Monaten nach dem Unglück aus der Schockstarre zu befreien versuchen.
"Wir werden aus der Asche aufsteigen und ganz von vorn beginnen." So der neue Präsident des Clubs. Und der Vereinsdirektor ergänzt: "Wir sagten uns: Seien wir ehrlich. So was wurde noch nie vorher versucht."
Wie also kann man wieder zur Tagesordnung übergehen? Wie die Trauer um die Toten und den Mut zum Neubeginn unter einen Hut bekommen? Die Filmemacher Jeff und Michael Zimbalist inszenieren diesen Weg als hochemotionale Geschichte einer Wiederauferstehung mit sehr persönlichen und ein paar zu vielen pathetischen Momenten, in denen Dramaturgie, Musik und Schnitt – völlig unnötig – wie entfesselt sind.
"Unser Team – Nossa Chape": akzeptabel
"Seht euch das an!"
"Ein Baby. Wir haben ein Baby."
"Was ist das? Ein Gesicht, das nur eine Mutter lieben kann."
Keine Spur von dem Klapperstorch, der im Zeichentrickfilm von 1941 den Baby-Elefanten mit den riesigen Ohren gebracht hat. Dieses Ammenmärchen will selbst Disney im Jahr 2019 in seinem Remake von "Dumbo" nicht mehr verbreiten. Bei der Gratwanderung, auf der einen Seite dem Originalfilm gerecht zu werden, auf der anderen aber den Stoff zeitgemäß aufzubereiten, haben Drehbuchautor Ehren Kruger und Regisseur Tim Burton auf sprechende Tiere verzichtet. Wobei Dumbo ja auch im alten Film nichts gesagt, sondern lautstark trompetet hat.
"Was ist los? Wo bringen die sie hin? Wir holen deine Mutter wieder zurück."
Gleich eine ganze Reihe neuer menschlicher Charaktere taucht jetzt im "Dumbo"-Remake auf, darunter die Geschwister Millie und Joe, die sich Sorgen machen um das Wohlergehen des kleinen Elefanten, den ein gieriger Geschäftsmann vermarkten will.
Die Geschichte eines tollpatschigen Außenseiters
Im Kern wird auch hier wieder die Geschichte des tollpatschigen Außenseiters erzählt, über den sich erst alle lustig machen und der am Ende zum Star in der Manege wird. In den Händen von Tim Burton ist die Mischung aus gefühligem, etwas altmodischem Erzählkino und trickreichem Fantasy-Märchen bestens aufgehoben.
"Dumbo": empfehlenswert