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Von Spiel bis Horror

Von einer jungen Frau auf der glamourösen Seite des Lebens, das sich als Albtraum erweist, erzählt „Holiday“. Von einer indianischen Schauspielerin „Te Ata“, und der vierte Teil von „Toy Story“ handelt einmal mehr von den emotionalen Probleme von Spielzeugen.

Von Hartwig Tegeler | 14.08.2019
Filmszene aus dem Film "Holiday". Zu sehen ist die Hauptdarstellerin Victoria Carmen Sonne in einer Bar, in den Spiegel schauend.
Filmszene aus "Holiday": Hauptdarstellerin Victoria Carmen Sonne (apparatur.tv)
"Ihr hübschen Mädchen. Alles ist umsonst und nichts hat Konsequenzen für euch. So funktioniert die Welt für dich, häh!?"
Der Typ, dem Sascha Geld schuldet, sieht das anders. Der haut der jungen Frau zwei schallende Ohrfeigen. "Holiday", der Film der dänischen Regisseurin Isabella Eklöf, ist gnadenlos in seinem Blick auf die Welt, vielleicht auch, weil er seine Figuren ohne psychologische Begründung eben in dieser Welt allein lässt.
Naivität und Neugier
Im Mittelpunkt von "Holiday" steht Sascha, ein junges, blondes, langbeiniges Mädchen, das sehr naiv ist, aber auch sehr gierig auf das glamouröse Leben an der Seite von Michael. Michael, vermutlich ein Drogen-Gangster, so genau erfahren wir das im Film "Holiday" nicht. Klar ist nur, dass er und seine Entourage ein paar Tage in einem luxuriösen Domizil an der türkischen Riviera verbringen. Mit Saufen, Koksen, Sex und so. Sascha gehört irgendwie dazu, als eine Art Einrichtungsgegenstand, der benutzt wird, was widerlich zu sehen ist. Da Michael irgendeinen Deal am Laufen hat, der zu platzen droht, lässt er seine Wut und Unsicherheit an Sascha aus.
"Du wirst zurückkriechen in das kleine Vorstadtloch, aus dem du kommst."
Was zu einer Eruption von Gewalt führt - allerdings eine, die erstaunlicherweise nicht von den Männern ausgeht.
"Was ist nur los mit dir. Das ist fucking abstoßend."
Isabella Eklöf, die Regisseurin von "Holiday", inszeniert Sascha nicht als Opfer, am Ende auch nicht als Spielball, sondern als Mitglied einer brutalen, auf die reine Oberflächlichkeit bezogene Gesellschaft. Sascha verliert am Ende nicht ihre Unschuld, sondern streift diese wütend ab, indem diese Frau, die immer ge-treten wurde, jetzt zurücktritt und das eiskalte, seelenlose Spiel mitspielt. Bis in die letzte Verästelung ihrer Geschichte hat Isabella Eklöf diese Logik in ihrem Film konsequent durch dekliniert. Das sommerliche Licht, die klaren Farben, die stilisierten, sauberen Räume - sie können nichts daran ändern, dass "Holiday" ein Horrorfilm ist.
"Holiday" von Isabella Eklöf – herausragend.
"Bei allem, was mir heilig ist: Was wollen sie von uns."
"Dass es uns nicht gibt."
Te Ata hingegen, die junge Frau vom Stamm des Chickasaw, versucht, dem Verschwinden der Kultur ihres Stammes alle Kraft entgegenzusetzen. Nathan Frankowskis Film "Te Ata – Stimme des Volkes" erzählt die Geschichte von Mary Thompson Fisher, 1895 im heutigen Oklahoma geboren, die zu einer der größten indianischen Schauspielerinnen ihrer Zeit wurde und sogar vor US-Präsident Roosevelt spielte.
Gediegene Erzählung
Der Film "Te Ata" erzählt eine dieser Heldengeschichten, wie sie das Hollywood-Kino liebt. Te Ata nämlich, gespielt von Q´orianka Kilcher, die bei Terrence Malick in "The New World" die Pocahontas war, führt traditionelle Tänze, Lieder und Geschichten auf der Bühne vor weißem Publikum auf. Gegen alle Widerstände gegenüber ihrer Herkunft und Kultur im diesem ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts. Und wenn Te Ata ins College kommt, ist die Reaktion ihrer Mitschülerinnen noch sehr, sehr harmlos:
"Es ist schön zu sehen, dass die Schule alle annimmt."
"Ja, dafür sind wir Indianer sehr dankbar."
"Te Ata" ist gediegen erzählt, behäbig fast, ein wenig vorhersehbar auch. Trotzdem erinnert Nathan Frankowskis Film eindrucksvoll an den Rassismus gegenüber den Native Americans, deren Kultur nach dem Genozid an den Ureinwohnern ausgelöscht werden sollte.
"Te Ata" von Nathan Frankowski (als DVD, Blue-ray und Video-on-Demand) – empfehlenswert.
Unglaublich, aber wahr: Winnetou und Old Shatterhand reiten wieder über die große Leinwand, na ja, zumindest einige ausgewählte. Wunder gibt es also im Kino immer wieder. Aber: Warum die erste Karl-May-Verfilmung "Der Schatz im Silbersee" von 1962 mit Lex Barker und Pierre Brice tatsächlich eine Wiederaufführung auf der großen Leinwand hat? Das ist eine der Fragen, die ewig wie unbeantwortet im Kosmos stehen bleiben müssen.
Ein anderer Film-Westerner - aus Plastik - kommt auch wieder ins Kino. Genauer gesagt: das vierte Mal.
"Wer ist der Cowboy?"
"Duke, das ist Woody."
Haben Spielzeuge ein Bewußtsein?
Woody, der Spielzeug-Cowboy aus der Animationsfilmreihe "Toy-Story". Auch im vierten Teil mit dem Titel "A Toy Story: Alle hört auf kein Kommando" geht es um die Frage, was die Spielzeuge sind, wenn ihre Besitzer, die Kinder, aus dem Alter herauswachsen, sie zu lieben und mit ihnen zu spielen. Im Mittelpunkt steht jetzt die aus einer alten Gabel gebastelte Figur Forky, die sich für wertlos hält - perfekt inszeniert, mit wunderbaren kleinen Gesten und Zitaten aus der Filmgeschichte, im perfekten Pixar-Stil mithin, unterhält dieser Film wunderbar. Aber die die Frage an Woody, ...
"Wie kommt es, dass du wieder zurück bist?"
... die lässt sich natürlich nur aus der ökonomischen Logik eines Franchise erklären. Der Reiz, den die "Toy Story"-Geschichte am Anfang hatte, ist nicht recycelbar.
"A Toy Story: Alles hört auf kein Kommando" von Josh Cooley – annehmbar.