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Neue Konzepte zur medikamentösen Brustkrebsbehandlung

Zur Behandlung von Brustkrebs gibt es neue Substanzen, die nach Operation und Bestrahlung im fortgeschrittenen Stadium eingesetzt werden können. Erhoben wurden zudem neue Daten zur längeren Anwendung bereits erprobter Medikamente. Beides wurde nun auf dem 6. Brustkrebskongress in Köln und am Niederrhein vorgestellt.

Von Renate Rutta | 15.01.2013
    Vor einer Brustkrebsbehandlung untersuchen Ärzte Proben vom Tumor, um zu sehen, wie schnell die Zellen sich teilen. Finden sie eine bestimmte Struktur auf der Zelle gehäuft vor, den sogenannten HER2-Rezeptor, wissen sie, es handelt sich um einen aggressiven Tumor.

    Privatdozent Dr. Stefan Krämer leitet das Brustzentrum der Universitätsklinik Köln:

    "Wenn dieser Rezeptor aktiv ist, dann sind die Tumorzellen aggressiver, haben eine erhöhte Ausbreitungstendenz in den Körper hinein, dann ist die Prognose der Patientin verschlechtert. HER2-positiver Brustkrebs wird in circa 20 bis 25 Prozent aller Patientinnen, bei denen Brustkrebs diagnostiziert wird, festgestellt."

    In der sogenannten CLEOPATRA-Studie wurden nun solche Patientinnen mit einem zusätzlichen zielgerichtet wirkenden Medikament behandelt.

    Stefan Krämer:
    "In dieser Studie, wo die neue Wirksubstanz Pertuzumab, ein sogenannter Antikörper, also keine Chemotherapie, eingesetzt worden ist, hier wurden Frauen behandelt mit metastasiertem Brustkrebs. Und bei dieser Studie wurde diese neue Substanz gegenüber einer klassischen Standardtherapie, nämlich mit dem Antikörper Trastuzumab und dem Chemotherapeutikum Docetaxel eingesetzt."

    Diese Behandlung mit einem zweiten zusätzlichen Antikörper war bei diesen Patientinnen also erfolgreich, zumal die zusätzlichen Nebenwirkungen offenbar nicht so gravierend sein sollen.

    Stefan Krämer:
    "Nach drei Jahren lebten noch 50 Prozent aller behandelten Patientinnen, die ohne das neue Medikament behandelt wurden. Und ist das neue Medikament hinzugegeben worden, dann lebten nach drei Jahren noch über 66 Prozent der Patientinnen. Also doch eine deutliche Verbesserung des Gesamtüberlebens. Das ist selten, dass man das in einer klinischen Studie bei metastasiertem Brustkrebs zeigen kann.

    Wir erwarten in wenigen Wochen, dass Pertuzumab zugelassen wird für die Patientinnen in Deutschland mit HER2-positivem metastasiertem Brustkrebs."

    Der neue zusätzliche Antikörper soll also Frauen mit einem fortgeschrittenen Tumor helfen, der bereits Tochtergeschwulste abgesiedelt hat.

    Vor einem Rückfall hingegen schützen kann das Medikament Tamoxifen. Neu ist die Erkenntnis: je länger das Antihormon genommen wird, desto besser schützt es davor, dass verstreute Tumorzellen durch Hormone zum Wachstum angeregt werden. Professor Nadia Harbeck, Leiterin des Brustzentrums der Universität München, stellte die sogenannte Atlasstudie vor mit Patientinnen in einem frühen Stadium von Brustkrebs:

    Nadia Harbeck:
    "Da wurde geprüft, ob zehn Jahre Tamoxifen, also ein Antiöstrogen, besser sind als fünf Jahre. Und die Ergebnisse waren überraschend klar, indem sie gezeigt haben, dass nicht nur das rückfallfreie Überleben, sondern auch das Gesamtüberleben der Patientinnen, die längere Antihormontherapie deutlich besser war. Und der Nutzen, auch das haben die Autoren der Studie klar herausgearbeitet, war 30fach höher als die eventuellen Nebenwirkungen, die durch solch eine Therapie zustande kommen. "

    Damit haben Ärzte bessere Möglichkeiten, Brustkrebs in den verschiedenen Stadien zielgerichtet zu behandeln.