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Neue Pläne gegen das Artensterben

Seit 40 Jahren gibt es das Washingtoner Artenschutz-Übereinkommen CITES. Es verbietet die Einfuhr geschützter Arten ebenso wie die von Produkten, die aus diesen hergestellt werden. Nun beginnt ein neues Treffen der Vertragsstaaten in Thailand.

Von Susanne Kuhlmann | 01.03.2013
    "Ohne CITES, ohne dieses Übereinkommen, wäre die Welt um einiges schlechter."

    Dietrich Jelden leitet die Abteilung Artenschutzvollzug beim Bundesamt für Naturschutz und hat bei vielen CITES-Konferenzen mit verhandelt.

    "Aber viele Dinge sehen nach außen hin sehr viel besser aus, als sie in der Realität sind. Und wir haben Probleme heutzutage wie vor 40 Jahren, teilweise sogar noch schlimmer."

    Ähnlich urteilt Heike Finke, Expertin für internationalen Artenschutz beim Naturschutzbund Nabu. Zuerst ging es darum, Säugetiere wie Nashorn, Elefant und Tiger zu retten – was bis heute übrigens nicht gelungen ist. Dann rückten große Meerestiere zusätzlich in den Fokus.

    "Im Jahr 2002 wurden Walhai und Riesenhai gelistet und dann auch der weiße Hai. Es wird jetzt zum Beispiel mit dem Heringshai auch um fischereirechtlich kommerziell genutzte Arten gehen. Und das war bahnbrechend, diese Schwerpunktverlagerung. Sicherlich weil wir mehr über die Ozeane lernen und begreifen, wie empfindlich diese Ökosysteme sind. Wir wissen noch nicht einmal, wie viele und welche Arten dort leben, zum Beispiel in der Tiefsee."

    Erbitterte Kämpfe um Arten wie Heringshai und Hammerhai, Weißspitzenhochseehai und neuerdings auch Mantarochen zeigen, in welchem Maße internationale Fischerei- und Handelsinteressen einzelner Staaten mit den Zielen des Artenschutzübereinkommens kollidieren. Was für die Menschen vor Ort erfreulich ist – der wachsende Wohlstand in manchen Schwellen- und Entwicklungsländern – wirkt sich aus Sicht des Artenschutzes verheerend aus. Vor allem, weil sich viel mehr Menschen in asiatischen Ländern Produkte der traditionellen chinesischen Medizin leisten können.

    "Die Haiflossen gehen auf den asiatischen Markt, werden dort zu horrenden Preisen gehandelt. Neu ist, dass auch der Mantarochen gehandelt wird, die Kiemenreusen werden als Pulver in der traditionellen chinesischen Medizin verarbeitet, und dort werden Preise von bis zu 680 US-Dollar pro Kilogramm gezahlt. Bedenkt man, dass ein ausgewachsener Manta bis zu sieben Kilogramm von diesem Pulver erbringen kann, dann weiß man, dass das mindestens 5000 US-Dollar zu holen sind, und man kann sich die unglaublichen Gewinnspannen ausrechnen."

    China engagiert sich zunehmend in Afrika engagiert und baut dort auch Schulen, Straßen und Flugplätze. Doch das verschärft das Problem, vermutet Heike Finke vom Nabu.

    "Die Gegenleistung dazu sind oft Fischereirechte. Da werden riesige Handelswege und neue Handelsschienen eröffnet. Das betrifft die Haiflossen, die von Afrika schnell über die chinesische, thailändische Schiene verkauft werden. Es mag auch sein, dass es Zusammenhänge gibt zwischen der Zunahme der Wilderei in den letzten drei Jahren, die eklatant war, auf Nashörner und Elfenbein in Afrika."

    Wilderer haben sich längst zu hocheffizienten kriminellen Banden zusammengeschlossen, vergleichbar mit der Drogenmafia in Süd- und Mittelamerika, sagt Dietrich Jelden.

    "Heute werden da Hubschrauber eingesetzt, die Tiere werden lokalisiert, über Mobiltelefone werden die Daten durchgegeben, und das Töten funktioniert teilweise mit Narkosemitteln, dass also nicht mehr mit Schusswaffen die Tiere erlegt werden, sondern sehr vorsichtig. Und innerhalb einer halben Stunde ist das Ganze Tun vorüber."

    Ohne internationale Zusammenarbeit bei der Bekämpfung ist den Kriminellen das Handwerk nicht zu legen.

    "Wir haben so einen Fall jüngst gehabt. Es gab ein hochpolitisches Treffen, wo Staats- und Regierungschefs der Tigerarealstaaten vor einiger Zeit zusammenkamen. Hier hatte Wladimir Putin eingeladen. Der Regierungschef von Indien war anwesend, die Regierungschefs von Thailand, von China saßen alle um den Tisch. Und siehe da: Diese Bekenntnisse, die dort abgelegt worden sind, zeigen mittlerweile nach zwei Jahren erste Erfolge. Das zeigt zumindest, wie es gehen kann, auch im Fall von anderen gefährdeten Arten, die durch massive Wilderei zur Zeit in einer ganz schwierigen Situation sind, wie zum Beispiel die Nashörner."

    Ob eine Tier- oder Pflanzenart fast ausgerottet ist, in bestimmten Ländern geschützt werden muss oder ob der Handel damit bisher keine großen negativen Folgen hat, bestimmt ihren Eintrag in einem der vier Anhänge des Artenschutzübereinkommens. Die sind allerdings unausgewogen, meint Dietrich Jelden, denn dort finden sich zwar sehr viele Säugetierarten. Ebenfalls gefährdete Reptilien, Amphibien und Fische sind aber unterrepräsentiert. Kakteen und Orchideen stehen bei den Pflanzen unter besonders gutem Schutz; Tropenholz nicht. Das soll sich nach dem Willen der deutschen Delegation in den kommenden zwei Wochen in Bangkok ändern. Deutschland zeigt sich im Rahmen des Artenschutzübereinkommens sehr engagiert, sagt Heike Finke vom Nabu. Ob das nützen wird?

    "Es bleibt zu hoffen, dass es diesmal etwas besser läuft und dass der Heringshai diesen Sprung schafft im dritten Anlauf und vielleicht auch der Mantarochen, der sonst ganz schnell verschwindet, weil wir eklatante Einbrüche haben. In den letzten Jahren zwischen 46 und 86 Prozent. Das sind immer nur Schätzungen. Die Gefahr ist, dass unsere Schätzungen vielleicht auch noch viel zu positiv sind."