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Neue Probleme in den Atomruinen von Fukushima

Die Atomkraft-Katastrophe von Fukushima war bekanntlich der Anlass für das Umdenken der Bundesregierung in Bezug auf die Atomenergie. Die Verantwortlichen in Japan geben Informationen nach wie vor nur gefiltert weiter.

Von Peter Kujath | 30.05.2011
    Der Taifun hatte sich zum Glück vor Erreichen des havarierten AKW aufgelöst, aber der Beginn der Regenzeit bringt Fukushima 1 weitere Schwierigkeiten. Um ein Auswaschen der radioaktiven Teilchen zu verhindern, hat der Betreiber Tepco große Mengen Harz auf die Anlage gesprüht. Auf diese Weise soll der stark strahlende Staub gebunden werden. Durch die Wasserstoff-Explosionen Mitte März sind die oberen Gebäudehälften abgesprengt worden, sodass es in die Reaktorblöcke hineinregnet und die Menge des radioaktiven Wassers ansteigt. Ein kurzzeitiger Ausfall der Kühlpumpe im eigentlich stabilen Reaktorblock 5 Samstagnacht machte deutlich, wie fragil die Situation noch ist.

    "Die Situation stellte keine unmittelbare Gefahr dar. Deshalb haben wir uns entschieden, diese Information erst öffentlich zu machen, nachdem das Kühlsystem wieder funktionierte."

    So ein Sprecher von Tepco. Dieses Verhalten wird das Misstrauen gegenüber dem Betreiber wohl nur verstärken. Um die Reaktorkerne ausreichend zu kühlen, müssen noch immer große Mengen Wasser hineingepumpt werden. Dadurch ist es gelungen, trotz der bestätigten Kernschmelze in den Blöcken 1, 2 und 3, das auf dem Boden der Druckkammern liegende, radioaktive Material ausreichend zu kühlen. Offensichtlich gelangt aber das Wasser durch kleine Löcher in den Druckkammern in andere Gebäudeteile. Tepco hat begonnen, es abzupumpen. Doch die Auffangbecken sind fast voll und immer wieder gibt es Berichte über Lecks.

    "Während des Abpumpens hat es eine undichte Stelle gegeben, sodass hoch radioaktives Wasser ausgetreten ist. Aber das Leck konnte abgedichtet werden. Jetzt müssen wir sicherstellen, dass so etwas nicht noch einmal vorkommt, ehe wir das Abpumpen wieder aufnehmen können.

    Hidehiko Nishiyama von der japanischen Atomaufsichtsbehörde, NISA, konnte immerhin bestätigen, dass ein Notkühlsystem für die Abklingbecken mit den gebrauchten Brennstäben in Betrieb genommen wurde. Die Arbeiten an einer stabilen Kühlung der Reaktorblöcke sollten laut Tepcos Zeitplan Ende Januar 2012 abgeschlossen sein. Doch leitende Mitarbeiter deuteten am Sonntag an, dass diese Frist wohl nicht eingehalten werden kann. Was den Hergang der Katastrophe angeht, so sind sich Tecpo und NISA einig.

    "Es gibt immer noch einige Daten, die wir verifizieren müssen, aber was das Kühlsystem angeht, so hat dieses unmittelbar nach dem Erdbeben funktioniert. Hier hat es keine Beschädigungen gegeben."

    Erst der Tsunami führte zum Totalausfall und damit zur atomaren Katastrophe. Auf wiederholte Nachfrage räumte Hidehiko Nishiyama aber ein.

    "Es gibt einige Daten, die darauf hinweisen, dass es schon vor dem Tsunami im Block 1 möglicherweise ein Leck gab, aber das hatte nichts mit dem Kühlsystem zu tun. Wir müssen diese Daten noch genau analysieren."

    Die Atomaufsichtsbehörde sieht es als ihre vordringliche Aufgabe an, alle Maßnahmen zur Stabilisierung des havarierten AKWs Fukushima 1 einzuleiten und die aktuellen Handlungen von Tepco zu überprüfen. Die Aufarbeitung der Vergangenheit will Nishiyama anderen überlassen.

    "Die japanische Regierung hat ein unabhängiges Expertengremium eingerichtet, das die Vorfälle untersuchen soll. Ich denke, das ist der richtige Adressat für all die Fragen bezüglich der Vergangenheit."

    Ein Zwischenbericht dieses Gremiums soll bis zum Sommer vorliegen, der Abschlussbericht in einem Jahr fertig sein. Was die Aufgaben für Tepco angeht, so werden diese nicht weniger. Es muss eine Überdachung für die Reaktorblöcke gebaut, die strahlenden Gebäude dekontaminiert und am Ende die geschmolzenen Brennstäbe entsorgt werden. Bis das alles abgeschlossen ist, können noch Jahrzehnte vergehen.