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Neue Radartechnik
Schiffbrüchige schneller finden

Auf dem offenen Meer überleben Schiffbrüchige meist nicht lange. Gerade bei hohem Wellengang haben Seenotretter allerdings Schwierigkeiten, sie zu finden. Ein neuer Transponder soll die Suche jetzt einfacher machen - sein Signal ist trotz der Wellen gut zu erkennen.

Von Frank Grotelüschen | 07.09.2018
    Ein Rettungsring hängt vor einer Sitzbank außen an einem Boot.
    In Seenot geratene Menschen müssen auf dem Meer so schnell wie möglich aufgespürt werden (picture-alliance / dpa / Markus C. Hurek)
    Ein Stand auf der Schifffahrtsmesse SMM in Hamburg. Andreas Danklmayer hält eine kleine Box in den Händen, mit einem Schalter lässt sie sich aktivieren. Es ist ein Transponder - ein Gerät, das Signale erfasst und automatisch drauf antwortet.
    "Ein Kollege von mir wird diesen Transponder in einer Entfernung von circa 15 Metern positionieren."
    Danklmayer dagegen bleibt an Ort und Stelle stehen und blickt auf einen Radarschirm. Das Signal kommt von einer Antenne, die direkt über dem Monitor montiert ist und sich langsam dreht.
    "Der Kollege winkt."
    Er hat den Schalter auf der Box umgelegt, der Transponder ist aktiviert. Sekunden später taucht auf dem Radarschirm ein blauer Punkt auf - der Transponder hat auf das Signal der Antenne reagiert.
    "Wir sehen jetzt die Entfernung. Das ist eine Entfernung von zehn Metern. Wir erzielen hier eine Genauigkeit von einigen Zentimetern, also sehr präzise."
    Transponder funktioniert auch bei Seegang
    Was der Forscher vom Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik gerade demonstriert hat, ist der Prototyp von SEERAD, einem neuen Seenotrettungs-Radar. Das Prinzip: Ist jemand über Bord gegangen, aktiviert sich ein in die Rettungsweste integrierter Transponder. Damit kann er die Signale des Schiffsradars empfangen. Allerdings antwortet der Transponder nicht auf derselben Frequenz, sondern auf der doppelten.
    "Dadurch ist man sicher, dass das Signal nur von dem Schiffbrüchigen kommen kann und nicht von der Umgebung."
    Gerade bei Seegang kann ein normales Schiffsradar einen Schiffbrüchigen nur schwer erkennen. Denn nicht nur der treibende Mensch reflektiert die Radarsignale, sondern auch die Wellen um ihn herum. Doch durch den Trick mit der Frequenzverdopplung sticht der Schiffbrüchige aus seiner Umgebung heraus - und erscheint deutlich auf dem Radarschirm.
    Vor zwei Jahren startete das SEERAD-Projekt. Neben Fraunhofer sind die Fachhochschule Aachen sowie ein Industriepartner beteiligt. Ein erster Test verlief erfolgreich, sagt Danklmayer. Allerdings spielte er sich nur an Land ab, quasi als Trockenübung.
    "Die Laufzeit beträgt noch ein weiteres Jahr. Und dann soll das System unter realen Bedingungen auf See demonstriert werden."
    Miniaturisierung ist der nächse Schritt
    Das System soll über Entfernungen von bis zu zehn Kilometern funktionieren, so die Hoffnung. Beim Messedemonstrator steckt der Transponder zwar noch in einer milchtütengroßen Box. Aber: Das geht auch viel kleiner, meint Danklmayer.
    "Die können in der Größenordnung von einer Scheckkarte miniaturisiert werden. Es wäre auch denkbar, dass man die in handgelenksmontierte Bändchen integriert."
    Mit solchen Bändchen könnte man zum Beispiel die Passagiere und Besatzungsmitglieder von Kreuzfahrtschiffen ausrüsten.
    "Es gab vor zwei Wochen einen Fall, wo eine Stewardess über Bord gegangen ist und erst nach 24 Stunden detektiert werden konnte. Glücklicherweise hat sie überlebt. Aber wenn man an Regionen denkt wie die Arktis - da spielt es noch eine wesentlich größere Rolle, dass man Schiffbrüchige rasch detektieren kann."
    Zwar gibt es schon Rettungs-Transponder auf dem Markt, sie arbeiten mit Funksignalen. Aber:
    "Systeme auf Funkbasis kosten derzeit in der Größenordnung 300 Euro."
    Radar-Transponder dagegen ließen sich deutlich billiger produzieren, sagt Andreas Danklmayer.
    "Die können in der Massenproduktion zu einem Preis von ein bis zwei Euro gefertigt werden."
    Eine Hürde aber gibt es: Die Radarantennen, die sich heute auf den Schiffen drehen, taugen nicht für das Verfahren. Man muss sie durch Modelle ersetzen, die zusätzlich zu den normalen auch die doppelten Frequenzen empfangen können.