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Neue Regeln für Schattenbanken

Das billionenschwere Geschäft von Schattenbanken wie Hedgefonds oder Geldmarktfonds wurde nach der Bankenkrise schnell als ein Risikoherd eingestuft. Passiert ist dennoch wenig. Nun will die EU-Kommission Ernst machen, und die Schattenbanken aus der Grauzone holen.

Von Jörg Münchenberg |
    Es sind die letzten noch fehlenden Bausteine bei der Finanzmarktregulierung. Doch neben den 20 wichtigsten Schwellen- und Industrieländern fordert auch die EU-Kommission, dass es für die sogenannten Schattenbanken künftig Spielregeln geben soll. Denn die Akteure dort, die wie Banken auftreten, aber keine Banklizenz haben – etwa Hedgefonds, Versicherungen, Handelshäuser oder auch Investmentfonds - stehen für einen boomenden Markt.

    Gerade weil sie bislang kaum reguliert werden, ist ihre Bedeutung für die Finanzmärkte rasant gewachsen. 2011 standen sie Schätzungen zufolge global für rund 67 Billionen Dollar – deshalb, so EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier heute bei der Präsentation seiner Vorschläge, bestehe akuter Handlungsbedarf – besonders bei den Geldmarktfonds, die nun ins Visier der Kommission geraten sind:

    "Das Problem ist die Instabilität dieser Fonds, und im Falle von Spannungen können sie alle Sektoren des Finanzmarktes in Mitleidenschaft ziehen, insbesondere die Banken."

    Denn Geldmarktfonds halten in Europa immerhin 38 Prozent der kurzfristigen Schuldtitel von Banken und immerhin noch 22 Prozent der Schuldtitel von Unternehmen und Staaten. Es geht also um gewaltige Summen, zumal der größte Geldmarktfonds allein 50 Milliarden Euro verwaltet. Laut Barnier soll es deshalb für die Geldmarktfonds künftig Liquiditätsvorgaben geben. Indem etwa die Vermögenswerte breiter gestreut werden müssen. Zudem sollen Fonds, die den Investoren einen festen Rückkaufswert ihrer Anteile garantieren, einen Eigenkapitalpuffer von drei Prozent aufbauen. Damit würde die Krisenanfälligkeit der Anbieter deutlich reduziert, betonte Barnier:

    "Fonds, die sich wie Banken verhalten, die also eine stabile Rückzahlung bieten, sollten Regeln gehorchen, die so nahe wie möglich an jenen sind, die für die Banken selbst gelten."

    Doch genau an diesem Punkt hagelt es Kritik. Denn ein europäisches Expertengremium, der sogenannte Systemrisikorat, hatte gefordert, solche Fonds wegen ihrer hohen Krisenanfälligkeit komplett zu verbieten. Der Sprecher von Finanzminister Wolfgang Schäuble nannte die Vorschläge der Kommission deshalb heute unzureichend und auch im EU-Parlament sind manche nicht zufrieden. Barnier sei dabei, seinen guten Ruf zu verspielen, meinte etwa der Abgeordnete der Grünen, Sven Giegold:

    "Herr Barnier hat auf seine eigenen höchsten Berater im Bereich der Finanzstabilität nicht gehört und statt dessen den Bedenken der französischen Banken Gehör gegeben und deshalb schlaffe Regeln vorgelegt."

    Die Kommission argumentiert wiederum, ein Eigenkapitalpuffer von drei Prozent sei ausreichend. Eine komplette Abschaffung der Geldmarktfonds mit einem festen Rückkaufswert würde dagegen Investoren verschrecken – dabei stehe dieses Instrument für gut die Hälfte der europäischen Geldmarktfonds. Auch der Verband der deutschen Privatbanken lobte heute die Vorschläge. EU-Parlament und Rat müssen jedoch noch zustimmen.