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Neue Soziallotterie
Erste Ziehung der Bildungslotterie

Heute ist ein neues Glücksspiel an den Start gegangen: die Bildungs-Chancen-Lotterie. Ein Teil der Erlöse geht an Bildungsprojekte auf der ganzen Welt, zum Beispiel an Kitas oder Schulen. Klingt nach einer guten Sache, erntet aber auch Kritik.

Von Armin Himmelrath | 03.07.2018
    25.06.2018, Nordrhein-Westfalen, Essen: Andreas Schlüter, Generalsekretär des Stifterverbandes, zeigt ein übergroßes Los der Bildungslotterie.
    Ein Los für die Bildungslotterie kostet ab 15 Euro für vier Wochen [*] (picture-alliance / dpa / Roland Weihrauch)
    Was ist die Bildungs-Chancen-Lotterie genau?
    Für diese Lotterie haben sich drei Partner zusammengetan: der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, die weltweiten SOS-Kinderdörfer und die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung. Sie nennen das selbst Deutschlands neue schlaue Sozial-Lotterie. Die Idee dahinter: Sie wollen Geld für Bildung auf einem neuen Weg einsammeln, über den Verkauf von Losen.
    Heike Kahl, Geschäftsführerin der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung, erklärt die Grundidee der Bildungslotterie so: "Nicht nur der Staat, nicht die Eltern, nicht die private Wirtschaft, sondern wir alle müssen einen Beitrag dazu leisten, dass dieser Widerspruch, dass soziale Herkunft für den Bildungserfolg der Kinder zuständig ist, endgültig aufgehoben wird."
    Wie kommt das Geld zusammen und an wen geht es?
    Ein Los kostet 15 Euro für vier Wochen, man kann es nur über das Internet kaufen. Der Hauptgewinn beträgt bis zu zwei Millionen Euro, die kleineste Gewinnstufe beginnt bei 50 Euro. Das Geld, das zusammenkommt, wird gedrittelt: Ein Drittel geht in die Gewinne, ein Drittel geht für Steuern, Verwaltung und Organisation drauf und das letzte Drittel geht an Bildungsprojekte.
    Diese können in Kitas sein oder in Schulen, und zwar weltweit. Es geht über die SOS-Kinderdörfer zum Beispiel in E-Learning-Projekt in Dschibuti oder Landwirtschaftsprojekte in Afrika
    Gibt es auch Kritik?
    Ja. Kritiker sagen, dass es doch die Aufgabe des Staates ist, Bildungsinhalte zu definieren und Bildungsgerechtigkeit zu sichern. Außerdem dürften Bildungschancen nicht von Glück abhängen. Twitter-User Bildungsradar schreibt beispielsweise:
    "Eine Lotterie, die Bildungsförderung gezielt entdemokratisiert und dazu dienen soll, die eigenen (lobbyistischen) Projekte der Initiatoren zu unterstützen. Es ist erschreckend, wie Bildung zum Spielball und aus dem Land der Dichter und Denker eines der Stifter und Schenker wird."
    Die Initiatoren wollen den Staat nach eigenen Angaben gar nicht aus der Verantwortung entlassen, sondern ihn unterstützen. Heike Kahl von der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung sagt dazu:
    "Wir merken gerade, dass quasi unsere Demokratie ins Wanken gerät. Und diese Bildungslotterie ist auf der einen Seite die Möglichkeit, dass viele Leute sich daran beteiligen können. Aber auch in den Projekten selber wird sich das niederschlagen, dass das Thema 'Wie bleiben wir gute Demokraten' ein großes Thema sein wird."

    [*] An dieser Stelle haben wir die Anzahl der Wochen auf vier korrigiert.