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Neue Technik soll Gewinnung von Palmöl umweltverträglicher machen

In den Fruchtbüscheln der Ölpalme stecken wallnussgroße, orange-rötliche Früchte. Heißer Dampf und Rütteln löst sie von den Büscheln. In heißem Wasser entsteht aus den Früchten dann ein Brei, aus dem durch Zentrifugaierung das Palmöl gewonnen wird. Bei einer mittelgroßen Palmölmühle entstehen durch die Ölgewinnung pro Jahr etwa 100.000 Kubikmeter Abwasser und 25.000 Tonnen feste Abfälle. Das Abwasser leiten die Mühlenbesitzer normalerweise in Teiche. Dabei werden höchst umweltschädliche Methangase frei. Prof. Peter Weiland von der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft, FAL, in Braunschweig:

VonnAxel Hammerl | 29.04.2004
    Methan hat im Vergleich zum Kohlendioxid etwa die 21fache Klimawirksamkeit, d.h. ein Kilogramm Methan wirkt genau so klimaschädigend wie 21 Kilogramm CO2. Das macht deutlich, dass es sich hier um ein extrem klimawirksames Spurengas handelt mit einer langen Verweildauer in der Atmosphäre und von daher also extrem schädlich ist.

    Statt in Teiche wird das Abwasser bei dem neuen Verfahren in eine Biogas-Anlage geleitet und dort gereinigt. Das Methan, das dabei entsteht, kann der Mühlenbetreiber verkaufen oder in der eigenen Mühle einsetzen – etwa um damit Strom zu erzeugen. Das allein ist noch nichts wirklich Neues. Interessant wird das Verfahren durch eine Kombination mit einem weiteren Schritt, erklärt Frank Schuchardt, wissenschaftlicher Direktor am Institut für Technologie und Biosystemtechnik der FAL:

    Daneben verwenden wir die festen Abfallstoffe, die in der Palmölmühle entstehen, zum Kompostieren und wir nehmen das gesamte Abwasser und kompostieren das gemeinsam mit den festen Abfallstoffen. Dabei werden die Nährstoffe aus dem Abwasser und dem Kompost in einem Produkt konzentriert. Dieser Dünger wird später in den Plantagen verwendet oder aber kann als nährstoffreicher Dünger verkauft werden.

    Was sich so einfach anhört, musste erst in jahrelangen Untersuchungen erarbeitet werden. Die Wissenschaftler sammelten Daten über die Nährstoffe im Abwasser und in den festen Abfallstoffen, darüber, unter welchen Bedingungen die Kompostierung optimal verläuft usw. Jetzt hat man in einer Versuchsmühle einen Kreislauf geschaffen, bei dem so gut wie kein Abfall mehr anfällt:

    Statt der 100.000 Kubikmeter Abwasser, die in so einer normalen Palmölmühle so anfallen, ist die Abwassermenge dann null. Und die festen Abfallstoffe, die so 25.000 Tonnen in einer Ölmühle im Jahr betragen, die können wir reduzieren auf ungefähr 5.000 Tonnen.

    Das Entscheidende dabei: Das neue Verfahren ist profitabel. Und nur damit kann man die rund 600 Palmölmühlenbetreiber in Indonesien und Malaysia locken. Jetzt ist Überzeugungsarbeit angesagt, denn die Betreiber sind vorsichtig, wollen erst im großen Maßstab sehen, dass das Verfahren funktioniert:

    Es gibt eine kleine Mühle, eine Versuchsmühle von einem Institut in Medan, wo dieses Verfahren im kleinen Maßstab realisiert worden ist. Wir versuchen seit längerer Zeit, vom Forschungsministerium hier in Deutschland eine Unterstützung zu bekommen, um gemeinsam mit dem indonesischen Partner eine Demonstrationsanlage im Praxismaßstab darstellen zu können.

    Eine Anlage mit dem neuen Verfahren, das in Indonesien bereits zum Patent angemeldet ist, hätte auch Aussicht auf ein Ökosiegel. Ein weiterer Aspekt, der den Palmölmühlenbetreibern die Sache schmackhaft machen dürfte:

    Der Vorteil dieses Ökosiegels ist, dass das Produkt auf dem Weltmarkt besser verkauft werden kann. Nicht zu einem höheren Preis, das wird nicht erwartet, aber die Folge kann sein, dass das Öl, das dieses Siegel nicht hat, geringere Weltmarktpreise erzielt. Und von daher ist das natürlich auch für die Ölmühlenbetreiber von großem Interesse, ein ökologisch sinnvolles Verfahren einzusetzen.

    Profitieren von dem neuen Verfahren könnten übrigens auch deutsche Firmen. Einige mittelständische Unternehmen haben bereits zugesagt, in Indonesien und Malaysia zu investieren, wenn es zu der Demonstrationsanlage kommt.