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Neue Transparenzinitiative
EU-Kommissare werden "durchsichtiger"

Die Juncker-Kommission geht einen Schritt nach vorne: Ab jetzt werden Treffen zwischen EU-Kommissaren und Wirtschaftslobbyisten innerhalb von zwei Wochen online veröffentlicht. Verbraucherschutzorganisationen und viele Nichtregierungsorganisationen begrüßen diese Maßnahmen, hoffen aber auf weitergehende Transparenzschritte der neuen Kommission.

Von Jörg Münchenberg | 01.12.2014
    Jean-Claude Juncker hält eine Rede im Europäischen Parlament.
    Jean-Claude Juncker hat angekündigt, ein verbindliches Lobbyistenregister für Rat, Kommission und EU-Parlament einrichten zu wollen. (picture alliance / dpa / Patrick Seeger)
    Noch sind die erstmals online gestellten Informationen über Treffen zwischen Spitzenbeamten der EU-Kommission und Interessenvertretern ziemlich überschaubar. Zwei Einträge sind dort am Mittag zu finden - über die Zusammenkunft des Kommissionsberaters Richard Szostak mit jeweils deutschen Wirtschaftslobbyisten zum Thema Handel. Allerdings ist die neue Seite erst seit heute freigeschaltet und stößt auch bei Nichtregierungsorganisationen auf ein positives Echo. Von einem Schritt in die richtige Richtung spricht etwa Max Bank von Lobbycontrol: "Hier geht die Juncker-Kommission tatsächlich einen mutigen Schritt voran. Dass jetzt Kontakte innerhalb von zwei Wochen, Kontakte mit Lobbyisten, bekannt gegeben werden, ist ein positiver Schritt."
    Es gebe noch Verbesserungspotenzial
    Die neuen Transparenzregeln betreffen die 28 Kommissionmitglieder, aber auch die jeweiligen Kabinette und Generaldirektoren. Allerdings sieht man bei Lobbycontrol noch Verbesserungspotenzial - denn zum einen fehle es an der notwendigen Kontrolle. Es gibt also kein unabhängiges Gremium, das die Offenlegung der Kontakte auf Vollständigkeit hin überprüft. Darüber hinaus dürfen solche Treffen nur mit Zustimmung der Lobbyisten selbst veröffentlicht werden. Auch dadurch gibt es also keine Garantie auf eine Vollständigkeit der veröffentlichten Listen.
    Hoffen auf weitere Transparenzschritte
    Doch auch bei der europäischen Verbraucherschutzorganisation Beuc wird die neue Transparenzinitiative der Kommission ausdrücklich begrüßt. Dadurch könnten in Zukunft die Interessen von Nichtregierungsorganisationen bei laufenden Gesetzgebungsprozessen mehr Gewicht bekommen, hofft Beuc-Sprecher Johannes Kleis:
    "Das hat schon mit dieser Chancengleichheit zu tun, die wir uns erhoffen. Wenn man sieht, dass manche Gruppen einfach so viel mehr Ressourcen haben, dann sorgt mehr Transparenz dafür, dass es eine Balance geben muss. Dass die Kommission sich darüber auch selbst ein wenig zensiert. Wenn sie nämlich ins Netz stellen muss, wir haben uns mit diesen und jenen Leuten getroffen. Dass sie darauf achtet, dass sie nicht nur Unternehmensvertreter trifft, sondern auch zivilgesellschaftliche Gruppen. Dazu kann mehr Transparenz beitragen."
    Verbindliches Lobbyistenregister
    Allerdings müssten auch Kontakte auf unterer Beamtenebene veröffentlicht werden, heißt es bei Beuc. Denn schließlich würden da die Gesetze erarbeitet. Gleichzeitig hoffen viele Nichtregierungsorganisationen auf weitergehende Transparenzschritte der neuen Kommission. Hat doch Jean-Claude Juncker angekündigt, ein verbindliches Lobbyistenregister für Rat, Kommission und EU-Parlament einrichten zu wollen. Bislang greift nur eine freiwillige Regelung:
    "Das klingt nach einer ernst zu nehmenden Maßnahme. Wir haben Informationen, dass tatsächlich im ersten Halbjahr 2015 ein erster Vorschlag für ein verpflichtendes Lobbyregister vorliegen soll."
    Sagt Max Bank von Lobbycontrol. Doch auch hier werden die Nichtregierungsorganisationen genau auf das Kleingedruckte achten, wie das seit 2011 existierende Register auf europäischer Ebene weiter entwickelt werden soll.