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Neue Verfahren gegen Lebermetastasen

Besonders häufig kommen Lebermetastasen beim Darmkrebs vor, nämlich bei 60 von 100 Patienten. Lebermetastasen sind besonders aggressiv. Ein internationales Ärzteteam an der Frankfurter Universitätsklinik hat nun mit TACE und LITT zwei neue Verfahren präsentiert und mit einer wissenschaftlichen Studie abgesichert, die bereits konventionell behandelten Patienten eine echte Alternative geben sollen.

Von Klaus Herbst | 03.02.2009
    "Der entscheidende Vorteil für einen Patienten, der eben heute mit Lebermetastasen sich vorstellt, die man mit einer herkömmlichen Chemotherapie oder chirurgischen Verfahren nicht mehr behandeln kann, ist dass wir heute versuchen, verzweifelt aber vielleicht auch inzwischen etwas erfolgreicher, das Leben nochmals zu verlängern,"

    sagt der Radiologe Professor Thomas Vogl. Die Ärzte am dortigen Tumorzentrum Rhein-Main arbeiten ambulant minimalinvasiv und interdisziplinär zusammen, im Verbund mit Onkologen, Strahlen- und Chemotherapeuten. TACE bringt messbare Erfolge. Das hat nun eine neue Studie mit 463 Darmkrebs-Patienten mit Lebermetastasen bewiesen.

    "Unsere Daten zeigen, dass wir in der Lage sind, bei einem Mittelwert noch mal knapp 14 Monate drauflegen zu können. Darunter verbergen sich Patienten, die das vielleicht nur vier Monate überleben. Aber wir haben eben auch Patienten, die inzwischen mehrere Jahre schon am Leben sind. Es ist heute wichtig, das man sozusagen auch wenn die Situation es zeigt, das die Leber jetzt das Problem wird, dass es dennoch weitere Möglichkeiten gibt, das Leben zu verlängern. Und ein ganz wichtiger Gesichtspunkt dieser minimalinvasiven Therapie ist bei guter Lebensqualität."

    Der Fachbegriff "Transarterielle Chemoembolisation" steht für TACE, das neue minimalinvasive, radiologische Verfahren. Durch einen dünnen Katheter spritzen die Frankfurter Ärzte ein Zellgft und ein Kontrastmittel in den Tumor. Sofort werden unter ständiger radiologischer Beobachtung die Arterien gezielt verschlossen, die den Tumor mit Sauerstoff und Blut versorgen.

    "Durch die Arterie wird chemisches Material in Tumore injiziert. Embolisation bedeutet dabei, dass es gleichzeitig verschlossen wird. Was den Vorteil hat, dass man die Chemotherapie in höherer Konzentration und in längerer Zeit am Ort halten kann."

    Ausgehungert werden sollen die Tumoren so. Sie schrumpfen bis unter die Nachweisbarkeitsgrenze. Aber TACE ist in erster Linie eine palliative Therapie. Die Schmerzen lindert, Lebensqualität steigert und das Leben durchschnittlich um mehr als ein Jahr verlängert. Nur in Einzelfällen hat sich das Verfahren sogar als kurativ, als heilend erwiesen. Thomas Vogl:

    "Wenn wir erreichen, dass ein Tumor so klein wird, dass man vielleicht sogar noch einmal daran denkt, ob ihn dann doch der Chirurg noch operieren kann oder man das Lasern kann und man doch versucht, Zeit zu gewinnen. Manchmal sind auch Patienten dabei, die nach zehn Jahren immer noch tumorfrei kommen."

    Das gute Ergebnis von TACE wird durch die weitere innovative LITT-Technik ergänzt. Über eine Miniatursonde wird nahezu schmerzfrei Laserlicht in den Tumor geleitet. Dort, nur in der Metastase, entfaltet der Laserstrahl seine Energie. Was die Ärzte exakt steuern - "ein absolut faszinierendes Verfahren", meint Vogl.

    "Neben dem chirurgischen Verfahren bei Lebermetastasen oder Lebertumoren, wo man mit dem Skalpell das herausschneidet, haben wir auch Techniken entwickelt, wo wir mit dem Laser sozusagen die Tumor bei einem lebenden, wachen Patienten am Ort verbrennen können, punktgenau. Das geht nur bis zu einer bestimmten Größe. Wir behandeln dabei Tumoren bis fünf Zentimeter und einer Anzahl von fünf. Leider, viele Patienten die kommen haben mehr Metastasen, größere Metastasen. Und für die ist die TACE, wie wir glauben, eine Möglichkeit, vielleicht ein Stadium zu erreichen, wo sie eben auf diese Zahl von fünf kommen. Und dann könnte man sie lasern oder operieren, wie wir das gemeinsam mit unseren Chirurgen machen."

    Das Verfahren hat sich herumgesprochen. Hilfesuchende kommen aus allen Ländern - aus China, Ungarn, der Türkei und natürlich auch aus ganz Deutschland. Am Frankfurter Leberzentrum, einem Schwerpunkt der Klinik, geht es vor allem um Leberkrebs. Aber noch ist längst nicht klar, wie gut und verlässlich TACE und LITT wirklich helfen. Ob sie Tumoren in der Leber auch schrumpfen, die nicht vom Darm eingewandert sind, und welchen Vorteil das bringt? Noch größere Studien mit anderen Patienten könnten dies beantworten.