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Neuer Berlin-Tatort
"Die Vergänglichkeit steht immer mit im Raum"

Meret Becker und Mark Waschke: Die neuen Ermittler des Berliner Tatorts sind in der ersten Folge mit einem blutigen Verbrechen konfrontiert - doch von der Leiche fehlt jede Spur. Doch weder die Ur-Berlinerin mit jüdischen Wurzeln, noch der Ex-Drogenfahnder, sondern die Stadt Berlin spielt in diesem Tatort die Hauptrolle.

Von Michael G. Meyer | 20.03.2015
    Die Schauspieler Meret Becker und Mark Waschke kommen zur Premiere des neuen Berliner "Tatort" am 09.03.2015 ins Kino Babylon in Berlin. Der Krimi mit dem Titel «Das Muli» soll am 22.03. in der ARD ausgestrahlt werden. Foto: Jörg Carstensen/dpa
    Der erste Berliner Tatort mit dem neuen Ermittlerteam, "Das Muli", soll am 22.03. in der ARD ausgestrahlt werden. (picture alliance / dpa / Jörg Carstensen)
    "Tagchen. - Wo ist die Leiche? - Keine Leiche. Bei der Menge Blut sollte man meinen, es gibt eine, was? - Letzten Monat hat jemand in Köln im Internet einen Partner gesucht, den er essen wollte. - Mit Faberbohnen und einem Chianti. - Ich denk der kommt in zwei Tagen?"
    Robert Karow, gespielt von Mark Waschke, beginnt seinen Dienst in der Mordkommission mit einem blutigen Verbrechen: In einer Ferienwohnung fand ein wahres Gemetzel im Bad statt, doch von der Leiche fehlt jede Spur.
    "Ich werd die Kollegen in Hamburg bitten, unter der Adresse die Identität dieses Hamed Yilmaz zu überprüfen. - Da wird niemand sein, den wir suchen. - Ick arbeite jetzt seit sechs Jahren in der Mordkommission, wie lange Sie? - Ich habe vorher schon ... - Wie lange? - Zwei Stunden, sechzehn Minuten."
    Ungleiches Paar mit jeder Menge Konflikten
    Das ungleiche Paar, das natürlich jede Menge Konflikte austragen wird, stößt auf eine Gruppe von Drogendealern, die junge Mädchen nach Mexiko schickt, um sie dort als sogenannte "Mulis" zu missbrauchen. "Mulis" sind junge Frauen, die Kokaintütchen schlucken und sie in ihrem Magen nach Europa schmuggeln.
    Ein "Whodunit" ist der erste neue Berliner Tatort daher nicht – man kennt die Täter, aber eben noch nicht die Hintergründe. Vor allem die Rolle des Ermittlers Robert Karow birgt viel Dunkles, denn, wie Kollegin Nina Rubin rausfindet, war der Tod von Karows Partner in der Drogenkommission durchaus mysteriös:
    "Sie kennen Karow? - Ist schon ein paar Monate her. Er hat versucht, an den Obduktionsbericht seines Partners zu kommen. - Was wollte er wissen? - Den Todeszeitpunkt. - Der Todeszeitpunkt war laut ihres Obduktionsberichtes zwischen 17 und 18 Uhr, dafür hat Karow kein Alibi. Er hat behauptet, dass sein Partner da noch am Leben war, weil er um 18.30 Uhr noch einen Anruf von ihm bekommen hat. - Kein Rechtsmediziner kann im Allgemeinen den Todeszeitpunkt so genau eingrenzen."
    Dieses dunkle Geheimnis von Ermittler Robert Karow macht den Film spannend, denn diese zweite Ebene stellt die Haupthandlung zuweilen infrage – kann man Karow glauben, wenn er selbst Verbindungen in die Unterwelt hat? ARD-Programmchef Volker Herres verspricht sich viel von dem neuen Ermittlerteam:
    Kein neues Berlin-Bild
    "Er ist ein bisschen jemand mit einer 'Hidden Agenda', er ist ein bisschen traumatisiert aufgrund seines früheren Tuns, und man wird nicht so ganz klar, ist er wirklich in erster Linie an der Aufklärung des Falls interessiert. Und sie ist ein 'Creature of the night', eine Frau, die nachts in Clubs geht, Eskapaden auslebt, junge Boxer trainiert, also eine ganz schillernde Persönlichkeit und zwischen den beiden entwickelt sich natürlich was, und das ist das Besondere auch, es ist nicht nur die Einzelepisode, der ist auch horizontal erzählt, das heißt, wir können sehr gespannt sein, wie sich diese beiden Figuren in ihrem Verhältnis zueinander entwickeln werden im Laufe der Reihe."
    Nun sind nicht nur die beiden Ermittler die Hauptdarsteller im Tatort, sondern auch die Stadt Berlin. Sie, die, wie ein altes Sprichwort des Kunstkritikers Karl Scheffler besagt, dazu verdammt ist, niemals zu sein, immer zu werden, spielt eine wichtige Rolle: Wie zum Beweis spielen einige Szenen auf dem noch immer unfertigen Flughafen BER. Mark Waschke meint über Berlin im neuen Tatort:
    "Das war auch so einer der Gründe, warum ich überhaupt mitgemacht habe, die Hauptrolle spielt eigentlich Berlin und spielen Geschichten, die in dieser Stadt passieren."
    Vergänglichkeit und Sehnsucht
    Das Berlin-Bild, das der Film entwirft, ist allerdings kein sehr neues: Die Berliner Unterwelt hat man schon mal schmutziger gesehen, schon vor zehn Jahren etwa in dem gefloppten SAT1-Dreiteiler "Blackout". Auch visuell ist der neue Berliner Tatort eher bieder, interessante Kamerafahrten, ungewöhnliche Blickwinkel, das sucht man alles vergeblich.
    Immerhin: "Das Muli" besticht durch viele Drehorte – dieser Film muss teuer gewesen sein. Die beiden Ermittlerfiguren sind aber durchaus vielschichtig und glaubwürdig gezeichnet und bieten Raum für neue Geschichten. Und, wie es Meret Becker sagt, ihre Figur ist ihr durchaus nah:
    "Die Vergänglichkeit steht immer mit im Raum. Das erzeugt aber auch eine große Sehnsucht, was ich übrigens gemein habe mit der Rolle, die hat eine große Sehnsucht, auch sehr berlinerisch finde ich übrigens, dass man immer eine Sehnsucht hat, immer was verpasst, immer was, was nicht ist."