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Neues Album der Künstlerin Lydmor
Die dänische Elfe des Art-Pop

Sie ist so etwas wie ein neuer Exportschlager aus Dänemark. Die Musikerin Lydmor führt mit ihren visuellen Popsongs das vielschichtige Erbe einer Kate Bush fort. Sie ist nicht nur Pop, sondern will komplexe Zusammenhänge auf künstlerische Art aufzuzeigen und nutzt dafür musikalische Gegensätze.

Von Thomas Elbern | 29.09.2018
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    Lydmor 2018 ((c) Neal McQueen)
    "Ich bin wirklich nicht gut darin, wenn es um Genres geht. Ok, ich produziere elektronische Musik, aber ich möchte die nicht in irgendwelche Boxen stecken und mir ist auch nicht klar, wo die genauen Unterschiede, also Subgenres sein sollen. Also weiß ich auch nicht genau, was ich eigentlich mache. Jemand nannte das mal Kunst-Pop. Das gefällt mir, alleine weil das Wort 'Kunst' drin steckt. Ich glaube, meinen Stil sollen andere benennen."
    Jenny Rossander, gerade mal Ende 20, hat mit Lydmor so etwas wie ein Alter Ego geschaffen. Bunt, schrill, rebellisch und musikalisch höchst abwechslungsreich präsentiert sich ihr neues Album "I told you, I’d tell them our story". Und wer asiatische Untertöne in ihrer Musik heraushört, liegt ziemlich richtig - Lydmor lebte ein halbes Jahr in der chinesischen Megacity Shanghai und hat dort ihr Album erdacht, komponiert und erlebt:
    "Shanghai zieht Menschen an, die auf der Suche sind. Das scheint eng mit der Stadt verbunden zu sein. Du triffst dort viele Menschen, die sich nach Inspiration sehnen und eine Art philosophische Sinnkrise haben. Viele interessante Gespräche entstehen und man findet schnell Anschluss zu Gleichgesinnten. Was ist der Sinn unseres Lebens? Warum sind wir hier? Was ist Zeit? Was ist Tod? Das machte meine Begegnungen dort so intensiv."
    Musikalische Gegensätze ziehen sie an
    Lydmor schreckt bei ihrem neuen Album nicht vor musikalischen Gegensätzen zurück, eher im Gegenteil: Süßlich inszeniert sie die Synthesizerklänge zu ihrer ausdrucksvollen Stimme, um im nächsten Moment den Song mit verzerrten Soundeffekten in die nächste Dimension zu befördern. Stillstand ist nicht ihre Sache. Hat man sich es gerade in ihren Songdesigns bequem gemacht, ändern die ihre Form und verwandeln sich wieder.
    Lydmor Kopenhagen 2018 for HFN
    Lydmor 2018 (Neal McQueen)
    Ja, Verwandlung und Kunst sind ein wichtige Themen für Lydmor: "Wenn ich Musik höre, dann nicht, um Inspiration zu bekommen. Stattdessen lese ich eine Menge Bücher. Momentan habe ich eine Phase, wo mich so etwas wie der "magische Realismus" interessiert. Also all die Schriftsteller, die in ihren Werken mit Surrealismus arbeiten. Meine Musik ist wie eine Antwort darauf. Das ist ein toller Weg nicht zu kopieren, sondern etwas Eigenes zu schaffen. Wenn ich also ein surrealistisches Kunstwerk sehe oder ein ähnliches Buch lese, möchte ich meine musikalische Version daraus erschaffen."
    Inszenierung ihres eigenen Universums
    Wer immer schon mal wissen wollte, wie eine Welt im Stil eines Blade Runner Films klingen würde, liegt bei Lydmor’s neuem Album ziemlich richtig. Es scheint, sie schaut uns aus gigantischen Neonreklametafeln direkt in die Augen und ihre Version von Shanghai ist verlockend und gleichzeitig abgründig und vielschichtig. Damit unterscheidet sich Lydmor von vielen anderen Künstlern, denn sie inszeniert auch sich selbst als Teil ihres Universums: mal lasziv, mal extrem emotional, mal als normales Girlie und mal tanzend in grellen Neonfarben.
    Die Endzwanzigerin hat eine klare Vorstellung von dem, was man ein Gesamtkunstwerk nennt. Und das hat sich herumgesprochen: Ihre Livekonzerte finden zwar noch in kleinem Rahmen als "One woman show" statt, dafür aber europaweit und auch in Asien.
    Lydmor Kopenhagen 2018 for HFN
    Lydmor 2018 (Neal McQueen)
    Auf der Bühne überlässt Lydmor nichts dem Zufall: "Meine Musik ist sehr emotional und auf der Bühne möchte ich das noch steigern. Ein Livekonzert ist für mich wie eine emotionale Achterbahnfahrt: Angst, Traurigkeit, Hoffnung, Aggression...das alles fühle ich in meinem Körper und möchte, das es das Publikum auch erlebt. In den letzten Jahren habe ich sehr daran gearbeitet, die Performance noch visueller und einmaliger zu gestalten. Ich arbeite viel mit Schwarzlicht und optischen Effekten. Zusammen mit anderen Musikern zu spielen hat bis jetzt einfach nicht funktioniert, also komme ich immer wieder dahin zurück, alleine aufzutreten."