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Neues Kita-Gesetz
Die Milliarden können fließen

Das neue Kita-Gesetz ist von Bundestag und Bundesrat verabschiedet worden. Damit fließen bis 2022 5,5 Milliarden Euro in die Länder. Die können das Geld auch zur Senkung der Kita-Gebühren nutzen - zum Ärger der Opposition.

Von Frank Capellan | 14.12.2018
    Bundesfamilienministerin Franziska Giffey
    Das neue Kita-Gesetz sei nur ein erster Schritt, sagt Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (imago / phototek)
    Während im Bundesrat gerade der Digitalpakt vorerst scheitert, wird im Parlament demonstriert, wie der Bund künftig die Kindertagesstätten fördern will. Die digitale Aufrüstung der Schulen soll mit fünf Milliarden Euro per Grundgesetzänderung vom Bund bezuschusst werden, mit Blick auf gute Kitas werden 5,5 Milliarden über das Umsatzsteueraufkommen an die Länder und Kommunen weitergereicht. Knackpunkt: Die zuständige Familienministerin muss nun mit jedem einzelnen Bundesland aushandeln, wofür das Geld vornehmlich verwendet werden soll – und von bundeseinheitlichen Standards, das räumt Franziska Giffey am Morgen ein, sind wir noch meilenweit entfernt:
    "Die Zeit dafür ist noch nicht reif. Wir haben eine derartig vielfältige Kita-Landschaft in Deutschland, dass wir eben noch nicht auf dem Punkt sind der bundeseinheitlichen Standards. Es gibt Länder, die haben keinen sehr guten Betreuungsschlüssel, aber sehr gute Öffnungszeiten und umgekehrt. Und das kann man an dieser Stelle eben noch nicht vereinheitlichen!"
    Kompromiss zwischen Union, SPD und Ländern
    Es ist ein erster Schritt, meint die Sozialdemokratin. Allerdings einer, den sich die gerade die SPD anders und besser vorgestellt hatte. Beitragsfreiheit überall, zumindest für Geringverdiener, das hatten sich die Genossen schon im Wahlkampf auf die Fahnen geschrieben. Doch die Union spielt nicht mit, aber auch das vom grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann geführte Baden-Württemberg nicht.
    Der heutige Kompromiss beim Streit um das Gesetz kam nur zustande, weil nun jedes Bundesland selbst entscheiden kann, was es für wichtig im Sinne von guten Kitas hält. Gerade mit Blick auf den Betreuungsschlüssel sind die regionalen Unterschiede gewaltig. In einer Krippe in Baden-Württemberg hat eine Erzieherin gerade mal drei Kinder zu versorgen, in Mecklenburg-Vorpommern dagegen sechs.
    Gebührenfreiheit zu Lasten eines guten Betreuungsschlüssels?
    Christdemokrat Marcus Weinberg nimmt sich die Thüringer vor. Dort habe Rot-Rot-Grün die Gebührenfreiheit zu Lasten eines guten Betreuungsschlüssels eingeführt: "Ihre Aussage 'Es ist besser geworden in Thüringen', stimmt nicht. Aber: Das letzte KITA-Jahr ist seit dem 1.1.2018 beitragsfrei, und es gibt Pläne in Thüringen, ab dem 1.1.2020 auch das nächste Jahr von Gebühren zu befreien. Ich habe etwas dagegen, wenn Sie hier das eine predigen und im Haus im eigenen Land etwas anderes machen. Dass passt nicht zusammen!"
    Eine Kritik, die sich auch an die Grünen-Vorsitzende Anna-Lena Baerbock richtet. Sie plädiert zwar für Beitragsfreiheit, bemängelt aber zugleich, dass das Betreuungsverhältnis nicht geregelt ist. Der Fachkraft-Kind-Schlüssel ist eben das A und O, wenn es um gute Kitas geht, meint Baerbock: "Und der gehört verbindlich in ein Gesetz. Eine Erzieherin auf vier Kinder. Und bei über Dreijährigen bedeutet dieser Schlüssel, dass eine Erzieherin auf neun Kinder kommt. Das ist nicht der Fall in Deutschland!"
    FDP und Linke monieren zudem, dass die Finanzierung nicht langfristig gesichert ist. Tatsächlich sieht Giffeys Gesetz eine Förderung von Kitas und Krippen bis zum Jahr 2022 vor. Ob und wie die Förderung des Bundes danach weitergeht, ist ungewiss. Die Familienministerin verspricht allerdings, nachzulegen: "Das Gute-Kita-Gesetz ist eben kein Förderprogramm, aus dem sich der Bund nach ein paar Jahren zurückzieht. Das ist ein Gesetz, ein Gesetz, wo der Bund seine Verantwortung auch über 2022 hinaus formuliert, und ich werde mich dafür einsetzen!"
    Länder können Prioritäten setzen
    Eine längerfristige Finanzierung war auch im Bundesrat angemahnt worden. Am Mittag stimmte dann aber auch die Länderkammer zu, so dass im neuen Jahr die ersten 500 Millionen Euro an die Länder fließen können. Denen stehen dann viele Möglichkeiten offen, was sie mit dem Geld tun werden: Gebührenfreiheit, längere Öffnungszeiten, bessere Betreuungsschlüssel, schönere Ausstattung – von Land zu Land können unterschiedliche Prioritäten gesetzt werden, ohne dass der Geldgeber entscheidend mitreden darf.