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Neuwahlen statt Aufklärung
Malta als das "Panama Europas"?

Malta, das kleinste EU-Land, kommt zunehmend als Steueroase in Verruf, denn hier versteuern ausländische Firmen ihre Gewinne günstig über Tochterfirmen. Bei vorgezogenen Parlamentswahlen am kommenden Samstag entscheidet sich, ob Maltas Premier Joseph Muscat wiedergewählt wird. Doch dessen Frau steht selbst unter dem Verdacht der Geldwäsche.

Von Tassilo Forchheimer | 31.05.2017
    Maltas Premier Joseph Muscat vor dem EU-Gipfel am 25. März 2017 in Rom, Italien.
    Maltas Premier Joseph Muscat vor dem EU-Gipfel am 25. März 2017 in Rom, Italien. (dpa/Sputnik/Alexey Vitvitsky)
    Neuwahlen statt Aufklärung. Das kleine Malta geht in diesen Tagen einen außergewöhnlichen Weg. Erst vor wenigen Wochen hat der maltesische Premier überraschend vorgezogene Parlamentswahlen angekündigt, nachdem bekannt geworden war, dass seine Frau angeblich über eine Briefkasten-Firma in Panama verfügt hat, an die mehr als eine Million Dollar geflossen sein sollen – ausgerechnet von der Tochter des aserbaidschanischen Staatschefs. Mit dem Land hatte Malta kurz zuvor einen Mega-Vertrag über Gas-Lieferungen abgeschlossen. Noch ist nichts bewiesen, umso merkwürdiger ist allerdings, dass es der Ministerpräsident mit den Neuwahlen gar so eilig hatte.
    Seitdem schenken sich die Wahlkämpfer nichts. Das Oppositionsbündnis Forza Nationali setzt ganz auf das Thema Korruptionsbekämfpung und scheint damit zunehmend Erfolg zu haben. Spitzenkandidat Simon Busuttil forderte seine Anhänger auf, die Hoffnung auf eine saubere Politik unter die Menschen zu bringen.
    "Eine Nachricht der Hoffnung, dass uns das maltesische Volk am 3. Juni verstehen wird und sich für das entscheidet, was gut ist für unser Land. Die Wahl ist klar. Sie fällt zwischen der Clique korrupter Leute im Büro des Premierministers - Joseph Muscat, Keith Schembri und Konrad Mizzi - auf der einen Seite und Malta, dem maltesischen Volk auf der anderen Seite. Verbreitet die Nachricht der Hoffnung, dass sich das maltesische Volk für Malta entscheidet."
    Wenig Vertrauen in Korruptionsbekämpfung staatlicher Institutionen
    Noch immer gibt es viele unentschlossene Wähler. Einer Umfrage der "Sunday Times of Malta" zufolge hat mehr als die Hälfte der maltesischen Bevölkerung kein oder nur wenig Vertrauen, dass die staatlichen Institutionen die nötigen Schritte gegen die allgegenwärtige Korruption einleiten werden. Fast die Hälfte der Befragten kreidet dies ausdrücklich auch Ministerpräsident Joseph Muscat an.
    Gleichzeitig bekommt dessen sozialdemokratische Regierung Top-Noten, wenn es darum geht, die wirtschaftliche Situation zu bewerten. In diesem Spannungsfeld argumentiert auch der angezählte Ministerpräsident.
    Joseph Muscat: "In den vergangenen vier Jahren habt Ihr uns dabei unterstützt, neue Jobs zu schaffen, die Wirtschaft anzukurbeln, Wohlstand zu verbreiten und neue bürgerliche Freiheiten einzuführen. Viele waren nicht damit einverstanden, wie ich auf die Veröffentlichung der Panama-Papers reagiert habe. Ich habe Konsequenzen gezogen, aber zugleich belastete Personen in der Verantwortung gelassen, um nationale Projekte zu Ende zu bringen. Viele waren damit nicht einverstanden. Ich habe den Preis dafür bezahlt und wir werden die Verantwortung tragen."
    Vertrauensvotum für den Ministerpräsident?
    Der Ministerpräsident hofft also auf Nachsicht und bittet um ein neuerliches Vertrauensvotum. Währenddessen kommt das kleinste EU-Land zunehmend in Verruf als vermeintliche Steueroase. Nach der Veröffentlichung weiterer brisanter Papier ist immer häufiger die Rede vom Panama Europas, mit dessen Hilfe ausländische Firmen, darunter auch deutsche Konzerne ihre Heimatländer um Milliarden bringen sollen. Das Rezept dafür sei ganz einfach, heißt es: Gewinne werden über Tochterfirmen auf Malta versteuert. Dank der niedrigen Steuersätze dort sparen sich die Firmen viel Geld. Für den Inselstaat sind die zusätzlichen Einnahmen dagegen ein fetter Gewinn bei minimalem Aufwand. Die Zeche zahlen andere EU-Länder.
    Wirtschaftsboom mithilfe des maltesischen Steuersparmodells
    Daran wird sich aber wohl auch durch die Neuwahlen nichts ändern. Regierung und Opposition stehen zu diesem maltesischen Steuersparmodell, das dem Land einen Wirtschaftsboom ohnegleichen beschert hat. Durch den Wahlkampf sind nun allerdings nicht nur potenzielle Kunden auf Fehlentwicklungen aufmerksam geworden.
    Am Freitag ist auf Malta ein wahlkampffreier Tag, am Samstag wird gewählt. Ergebnisse soll es erst am Sonntag geben.