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NHL-Proteste gegen Rassismus
“Müssen genauso involviert sein, wie die schwarzen Spieler”

Unter Nordamerikas vier großen Profiligen gilt die Eishockey-Liga NHL als “weiße Liga”, nur 43 schwarze Spieler stehen derzeit auf dem Eis. Bisher hatte sich die NHL beim Thema Rassismus zurückgehalten. Doch der Tod von George Floyd scheint nun für einen Sinneswandel zu sorgen.

Von Heiko Oldörp | 10.06.2020
Zwei Eishockeyschläger liegen an einem Puck
Nur 43 Schwarze spielen in der NHL. (picture-alliance / dpa - Marco Kohlmeyer)
Rassismus gibt es in der NHL seitdem Willie O’Ree am 18. Januar 1958 im Trikot der Boston Bruins als erster Schwarzer das dortige Eis betrat. Er habe sich in jedem Spiel mit Rassismus, Vorurteilen, Intoleranz und Ignoranz auseinandersetzen müssen, so O’Ree. All dies sei nicht nur von den Fans gekommen, sondern auch von den Gegenspielern.
Während die anderen Ligen in Nordamerika damals schon lange Schwarze in ihren Teams hatten, war O’Ree eine absolute Ausnahme. Denn in jener Zeit kamen 95 Prozent aller NHL-Spieler aus Kanada. Dort wiederum betrug der Anteil der Schwarzen in der Bevölkerung nur 0,02 Prozent. Und so ist es kein Wunder, dass die NHL als "weiße Liga" galt. Und daran hat sich bis heute nichts geändert.
Kane fordert weiße Athleten auf, ihre Stimme zu erheben
Wenn Profis aus der NBA oder NFL in der Vergangenheit gegen Rassismus protestierten, schwiegen die Eishockeyspieler. Einer, der wenigen, die laut wurden ist Evander Kane - einer von aktuell 43 Schwarzen in der Liga. Nach dem Tod von George Floyd forderte der Stürmer der San Jose Sharks, dass endlich auch mal weiße Athleten wie Sidney Crosby ihre Stimme erheben müssten.
Crosby hat sich, wie viele weitere NHL-Stars, gemeldet. Er wolle zuhören, sich weiterbilden, wie er dabei helfen könne, etwas zu verändern, so Crosby. Noch deutlicher wurde im kanadischen Fernsehen Blake Wheeler, Kapitän der Winnipeg Jets und einer der bekanntesten US-Amerikaner in der Liga. "Wir müssen genauso involviert sein, wie die schwarzen Spieler. Es kann nicht nur ihr Kampf sein. Ich wünschte, ich wäre früher involviert gewesen, hätte den Kampf früher unterstützt. Ich will jetzt ein Teil der Veränderung sein."
Alle 31 Teams haben Pressemitteilungen zum Fall Floyd, Rassismus und mitunter sogar zur Bewegung "Black Lives Matter" veröffentlicht. So geschlossen war die Liga noch nie. Auch die NHL hatte auf Twitter eine klare Botschaft. "Wir teilen die Empfindungen unserer Spieler und Vereine in ihren Rufen nach Gerechtigkeit. Und wir möchten alle ermutigen, ihre Plattform und ihr Privileg für eine systemrelevanten Wandel zu nutzen. Wir werden in unserem Sport unseren Weg weitergehen, besser zu werden und gewissenhaft an einem Kulturwandel im Eishockey zu arbeiten. Und wir bemühen uns, in diesem Prozess, unsere Defizite vor Augen zu haben."
Der 84-jährige Willie O’Ree freut sich über die Selbstreflexionen der Spieler, das Engagement, die Bereitschaft, lernen und laut werden zu wollen. Aber O’Ree ist auch Realist. Rassismus, betont her, höre nicht über Nacht auf.