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Nicht aus einer Genre-Schublade

Anfang der 90er machte ein amerikanischer Sänger und Multiinstrumentalist auf sich aufmerksam: David Eugene Edwards spielt eine Mischung aus Country, Folk und Gospel. Mit seiner Band Wovenband ist er nun auf Deutschlandtournee – im Gepäck ein neues Album.

Von Luigi Lauer | 15.09.2012
    Denver, Colorado – eine Stadt, die mit 600.000 Einwohnern für amerikanische Verhältnisse eher beschaulich ist. David Eugene Edwards nennt sie Amerikas Gesundheitshauptstadt, überall in den zahlreichen Parks und Naturreservaten wird gelaufen, geradelt, geklettert, Gymnastik hier, Kraftsport dort. Und mitten drin der Chef von Wovenhand. Oder?

    "Überhaupt nicht! Ich bin dort geboren und aufgewachsen, ich sehe die Stadt etwas anders als die Hinzugezogenen. Ich habe die Entwicklung von dem, was wir Kuhkaff nennen, zu einer großen Stadt mitverfolgt und ich fühle mich dort einfach zuhause. Ich möchte nicht woanders leben."

    Man kann es als Bodenständigkeit bezeichnen, man kann es Trauma taufen – Edwards, soviel ist sicher, zog als Kind mit seinem Großvater, einem Wanderprediger, durch die Lande. Sein Wunsch nach Standortfestigkeit ist, damit jedenfalls zu erklären. Aber auch seine tiefreligiöse Grundhaltung, entsprechende Texte finden sich in seinen Liedern.

    Die Musik von Wovenhand findet man unter der Gattungsbezeichnung Country, dort auf Alternative klicken, und dann runterscrollen zu Southern oder Gothic Americana. Edwards hat diesen Stil vor 20 Jahren fast im Alleingang etabliert. Wovenhand, erst nur als Seitenprojekt gegründet, ist inzwischen zu einer echten Band herangewachsen.

    "Ja, das trifft´s. Ich hatte ein paar Lieder aufgenommen und meine Plattenfirma fand sie prima und meinte, wir sollten sie veröffentlichen. Zu der Zeit spielte ich noch mit 16 Horsepower, aber das Ende zeichnete sich schon ab. Deshalb wollte ich es nicht weiter 16 Horsepower nennen und gab dem Projekt einen neuen Namen, Woven Hand. Und dann fing ich an, die Leute zu treffen, mit denen ich spielen wollte, und hier sind wir."

    Die künstlerische Freiheit ist unantastbar. Das musste auch Edwards Plattenfirma einsehen, die mit der unerhörten Musik von Wovenhand offenkundig überfordert war.

    "Sie wussten nicht, wie sie uns vermarkten sollen. Sie mochten uns, haben uns auch unterstützt, aber sie wussten einfach nicht, was sie mit uns anfangen sollen. Sie versuchten, uns in verschiedenen Schubladen unterzubringen, aber wir passten in keine rein. Es fehlte einfach der große Erfolg. Mit Wovenhand haben wir diesen Druck nie gehabt, nicht einmal das Verlangen nach Erfolg."

    Musikalisch schlägt The Laughing Stalk eine andere, eine deutlich härtere Gangart an. Er habe die Bühnenenergie der Band einfangen wollen, ohne ein echtes Livealbum zu produzieren, sagt Edwards. Dafür sollte als Produzent Alexander Hacke sorgen, ehemals Einstürzende Neubauten.
    Bei Aufnahmen für die soeben wiederauferstandenen Crime and the City Solution trafen sich die beiden. Von Auferstehung versteht Edwards ja etwas, wie seine manchmal grenzwertigen Texte der Gottesanbetung verraten.

    "Die Aufnahmen des Wovenhand-Albums waren gerade abgeschlossen und ich dachte darüber nach, wem ich es schicken könnte fürs Abmischen und das Mastering. Und da Alex nun einmal hier war, konnte ich genau so gut ihn bezahlen als jemanden, den ich nicht kenne. Ich mag, was er macht, mag seinen Stil, seine Art zu arbeiten, und ich mag ihn auch persönlich."

    Viel Arbeit gab es nicht für ihn, die Aufnahmen, sagt Edwards, seien an sich schon reif für die Veröffentlichung gewesen. Seine einzige Vorgabe: Es solle einfach nur so klingen, als springe ein Wolf aus den Lautsprechern.

    "I said I want it to sound like a wulf jumping out of the speakers. That´s what we went for."

    Ob es allerdings an ihm oder an Alexander Hacke gelegen hat, dass das Album stellenweise hoffnungslos überladen klingt – wir werden es nicht erfahren.