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"Nicht ein Indiz, dass an der Aussage des Herrn Ministers zu zweifeln ist"

Wie Verteidigungsminister de Maizière sei auch der Verteidigungsausschuss des Bundestags "über die Jahre" hinweg über Probleme beim Projekt "Euro Hawk" unterrichtet worden, sagt dessen Mitglied Joachim Spatz (FDP). Allerdings immer mit dem Hinweis, diese seien zu lösen. Darauf hätten Ausschuss und Minister vertraut.

Joachim Spatz im Gespräch mit Tobias Armbrüster | 10.06.2013
    Tobias Armbrüster: Das gescheiterte Drohnenprojekt "Euro-Hawk" lässt den Bundesverteidigungsminister auch an diesem Montag nicht los. Seit zehn Uhr tagt in Berlin der Verteidigungsausschuss in einer Bericht von der Sondersitzung des Verteidigungsausschusses zur Euro-Hawk-Affäre (MP3-Audio) Sondersitzung. Dort muss sich Thomas de Maizière erneut den Fragen der Abgeordneten stellen und es gibt tatsächlich einige offene Fragen, vor allem über den Zeitpunkt, ab wann der Minister wusste, dass sich die Drohne nicht realisieren lässt. Mitgehört hat der Abgeordnete Joachim Spatz, er sitzt für die FDP im Verteidigungsausschuss und er hat das Sitzungszimmer jetzt für uns kurz verlassen. Schönen guten Tag, Herr Spatz.

    Joachim Spatz: Guten Tag, Herr Armbrüster.

    Armbrüster: Herr Spatz, Sie waren mit dabei. Wie ist der Minister im Ausschuss heute aufgetreten?

    Spatz: Der Minister ist sicher aufgetreten. Und ich kann gegenüber den Spekulationen, die der Kollege Arnold geäußert hat, nur sagen: Es gibt nicht ein Indiz, dass an der Aussage des Herrn Ministers zu zweifeln ist aufgrund von angeblichen Vorbereitungsdokumenten. Insofern kann ich die Beurteilung vom Kollegen Arnold überhaupt nicht teilen.

    Armbrüster: Ist Thomas de Maizière für Sie noch glaubhaft?

    Spatz: Ich habe heute kein Indiz gehört, was mich dazu bringen würde, daran zu zweifeln.

    Armbrüster: Aber wenn es nun Informationen darüber gibt, dass die Mehrkosten tatsächlich schon früh im letzten Jahr bekannt waren, aber das Ministerium dazu nichts gesagt hat, kratzt das nicht am Glaubwürdigkeitsimage des Ministers?

    Spatz: Wir haben ja alle durch die verschiedenen Koalitionen und verschiedenen Verantwortungen in den letzten Jahren einen Zustand nicht geändert, was die Beschaffungspolitik anbetrifft, das bei Großprojekten ja zum Teil zu erheblichen Verzögerungen, erheblichen Kostensteigerungen und so weiter geführt hat. Das haben wir auch alle erkannt und ich finde es schon schade, dass jetzt wegen des heraufziehenden Wahltages die Opposition hier an dieser Stelle, was diesen Gesamtansatz betrifft, hier kleine politische Münze macht. Elke Hoff hat es ja vorhin angedeutet: Wenn man meint, das in einem Untersuchungsausschuss anhand dieses Projektes aufarbeiten zu müssen, sind wir jeder Zeit dazu bereit. Aber dann sind wieder eben alle in der Verantwortung und dann schauen wir mal, was da rauskommt.

    Armbrüster: Aber, Herr Spatz, ganz abgesehen vom Wahlkampf fragen sich ja viele Menschen auch an diesem Montagmittag wieder: Wie kann es denn sein, dass ein Minister über ein solches Projekt nicht laufend informiert wird?

    Spatz: Wie gesagt, hier hat ja auch der Minister selber schon mehrfach eingeräumt, dass diese Dinge optimiert werden müssen, dass das im bisherigen Zustand unzureichend gewesen ist. Und er hat auch eingeräumt, das nicht schnell genug geändert zu haben. Ich denke, hier hat er an der richtigen Stelle auch eingestanden, nicht frühzeitig gehandelt zu haben. Aber das ist es auch. Und jetzt sollte es eigentlich uns allen darum gehen, dass wir das möglichst schnell ändern.

    Armbrüster: Auch in Ihrer Partei bröckelt nun langsam die Unterstützung für den Minister. Wir haben das gerade gehört. Kritische Stimmen gab es übers Wochenende auch von den Liberalen. Wie erklären Sie sich das?

    Spatz: Dass natürlich etliche Fragen noch zu klären waren, ist völlig klar. Wir, die wir als Fachleute im Verteidigungsausschuss sitzen, können diese Einschätzung nicht teilen. Insofern ist es natürlich jedem offengestellt, da eine andere Einschätzung zu äußern. Ich kann nur von der berichten, die ich selber habe, und da teile ich die Einschätzung zum Beispiel vom Kollegen Kubicki schlicht nicht.

    Armbrüster: Dann hören wir noch die Einschätzung von Ihrem Kollegen und Generalsekretär Patrick Döring. Der hat gestern in einem Interview gesagt, man muss von einem Bundesminister erwarten, dass er die politische Brisanz solcher Flurgerüchte richtig einschätzt und schnellstmöglich Klarheit von seinen Beamten verlangt. Würden Sie das unterschreiben?

    Spatz: Das würde ich unterschreiben. Ich sehe aber darin nicht, dass das erkennen lässt, dass er das Vertrauen von uns nicht mehr hat. Sondern dass an dieser Stelle gewissermaßen erheblicher Nachholbedarf ist. Das ist richtig. Insofern teile ich das. Aber das hat nichts mit mangelnder Unterstützung zu tun.

    Armbrüster: Aber man fragt sich ja leicht: Wie kann man denn Vertrauen in einen Minister haben, der ein solches Projekt quasi durchgehen lässt, ohne mal auf die genauen Zahlen zu gucken?

    Spatz: Nun gut, wir haben ja das im Verteidigungsausschuss auch über die Jahre hinweg immer in der Form berichtet bekommen, wie offensichtlich auch der Minister, nämlich dass es da Probleme gibt, aber man sei auf gutem Wege, die zu lösen. Und da gehen wir doch zuallererst, also auch wir im Verteidigungsausschuss, wir alle übrigens, nicht nur die Kollegen der Koalition, davon aus, dass die, die uns das vortragen aus dem Apparat, das auch nach bestem Wissen und Gewissen tun. Und wenn ein Minister darauf vertraut, wie wir darauf vertraut haben, kann ich daraus nicht erkennen, wie man aus dieser Tatsache gewissermaßen mangelndes Vertrauen ableiten kann. Allerdings soll man dann auch die entsprechenden Schlüsse ziehen, da sind wir ja dabei.

    Armbrüster: Hat dann möglicherweise der Verteidigungsausschuss nicht genau genug nachgefragt?

    Spatz: Nein, das ist ja nicht der Fall, weil wenn Sie gesagt bekommen, die Probleme können gelöst werden, dann vertrauen Sie darauf. Sonst müssten Sie ja gewissermaßen in jede positive Aussage gleich Misstrauen haben, dann können wir ja jede Art von Arbeit einstellen. Und wenn wir jedes Projekt abbrächen, wo Probleme auftauchen, dann hätte die Bundeswehr heute keine Panzer, heute keine Hubschrauber und morgen keine Fregatten mehr, weil alle diese Großprojekte immer – das liegt in der Natur dieser Dinge und übrigens auch nicht nur bei der Bundeswehr; schauen Sie bei Flughafenbauten, Bahnhofbauten und ähnlichen Dingen – einfach zu Problemen neigen. Man muss sie dann halt lösen und dafür sind unsere Spitzenleute ja im Endeffekt auch da.

    Armbrüster: Und dann ist es auch völlig okay, wenn einfach mal 500 Millionen Euro in den Sand gesetzt werden?

    Spatz: Nein, natürlich ist es nicht okay. Es ist bei keinem dieser Projekte okay, wenn im Endeffekt im Nachhinein Fehler auftreten und die gewissermaßen passieren konnten. Trotzdem soll man dann über Fehleranalyse da ansetzen, wo die Fehler sind, und nicht glauben, man hätte dann durch Austauschen von vielleicht einer oder zwei Personen die Probleme gelöst. Das ist in dem einen oder anderen Fall vielleicht einschlägig, hier aber sicher nicht. Hier ist das System nachbesserungsbedürftig und das wie gesagt haben wir ja in Angriff genommen.

    Armbrüster: Sagt Joachim Spatz, Mitglied im Verteidigungsausschuss des Bundestages und FDP-Abgeordneter. Vielen Dank, Herr Spatz, dass Sie sich heute Mittag die Zeit genommen haben.

    Spatz: Gerne!


    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.