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Nicht gemeinsam, sondern einsam

Gegen Studiengebühren, die Exzellenzinitiative oder die Kürzung der Lehrmittel an den Universitäten - der Freie Zusammenschluss von StudentInnenschaften (FZS) vertritt die Interessen der Studenten bundesweit. Doch einige wollen sich gar nicht vertreten lassen: Die Studenten an der Universität Jena traten aus dem FZS aus.

Von Mathias Zurawski | 25.07.2008
    Die Studenten an der Universität in Jena wollen nicht mehr. Der Studierendenrat dort hat seinen Austritt aus dem "Freien Zusammenschluss von StudentInnenschaften" (FZS) zum 31. Juli angekündigt. Perspektivlosigkeit gilt als Grund, oder auch eine verfehlte Personalpolitik. Im Dachverband aber bleibt man ganz gelassen:

    "Das liegt halt vor allem daran, dass in Deutschland es nicht wie in anderen Ländern eine auf Bundesebene gesetzlich verankerte studentische Interessenvertretung gibt, sondern es in Deutschland nur als eingetragener Verein organisiert ist, wo eben Studierendenschaften eben regelmäßig über einen Eintritt oder einen Austritt beschließen können"

    Florian Hillebrand ist eines von vier Vorstandsmitgliedern des FZS. An der Universität Münster zum Beispiel werfen Studentenvertreter dem Verband Linkslastigkeit vor. In einer laufenden politischen Diskussion sei auch dieser Austritt nicht außergewöhnlich, sagt Vorstandskollegin Imke Buß:

    "Beispielsweise haben wir jetzt gerade gestern wieder einen Eintritt bekommen von der Hochschule in Neubrandenburg. Einfach weil das Angebot so gut ist. Sie sagen, die Veranstaltungen und Kampagnen sind gut, die wir machen."

    Gegen Studiengebühren zum Beispiel. "Universitätsstraße, Einfahrt verboten" - das ist die Botschaft eines Plakats, das vor der Versammlung in Karlsruhe vom FZS ausgezeichnet wurde. Das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren war beteiligt. Und der Kampf gegen die Gebühren wird eines der großen Themen am Wochenende sein, nach dem Aus für die Studiengebühren in Hessen, so der Sprecher des Aktionsbündnisses André Schnepper. Wie soll der Kampf weitergehen? - lautet die Frage:

    "Es gibt sicherlich die, die sagen wir müssen das jetzt eins-zu-eins übernehmen, was in Hessen passiert ist. Es gibt andere, die sagen, man muss das immer auf das jeweilige Bundesland beziehen. Das würde ich auch so unterstreichen wollen."

    Die Verteilung von Geld, der Kampf gegen eine Zweiklassengesellschaft an den Universitäten steht insgesamt im Mittelpunkt. Und damit zuallererst die Exzellenzinitiative an deutschen Hochschulen und die Folgen:

    "Die meisten Hochschulen sind Verlierer und auch die Studierenden bemerken natürlich, dass es so eine solche Exzellenzinitiative gibt und dass es in der Nachbarstadt eine Hochschule gibt, die ein solches merkwürdiges Exzellenzsiegel hat."

    Außerdem, so der FZS-Vorstand, werde die Lehre vernachlässigt. Denn das Geld an den neuen Eliteuniversitäten fließt in die Forschung, nicht in die Hörsäle:

    "Das merken Studierende hautnah jeden Tag, einfach wenn man ständig davon hört, dass in Hörsälen Lampen aus der Decke fliegen, dass es viel zu wenig Lehrpersonal gibt. Die Prioritätensetzung ist eine falsche und es muss ein klares Umdenken für bessere Lehre und mehr Geld in die Lehre stattfinden."

    Und der Zusammenschluss beobachtet eine neue Politik der Eliteuniversitäten. Nicht jeder dürfe dort Studieren, heißt es, und es entstünden neue, zweifelhafte Kriterien:

    "Dass eben sehr stark selbst ausgesucht wird, sehr sozial selektive Auswahlverfahren angewendet werden. Das machen natürlich gerade die sogenannten Eliteuniversitäten, und es wird natürlich versucht, die Studierendenzahlen zurückzufahren, was nicht dazu beiträgt, dass man mehr Hochschulabgänger haben kann."
    Imke Buß war ein Jahr lang im Vorstand des FZS, bekommt in der Mitgliederversammlung in Karlsruhe turnusgemäß eine Nachfolgerin. Die Auswirkungen der Exzellenzinitiative waren ein Schwerpunkt ihrer Arbeit. Gespräche darüber zwischen Universitäten und FZS habe es nicht gegeben:

    "Das ist natürlich bedauerlich, auf jeden Fall. Gerade weil man eigentlich das selbe Ziel hat. Man möchte sehr, sehr viele und sehr gut ausgebildete Studierende haben. Wir glauben, dass die Wege, dazu zu kommen, von den Hochschulen derzeit eher falsch gewählt sind."

    Dabei können sich die Studentenvertreter durchaus eine Eliteförderung vorstellen, so wie das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren. Aber sozial gerecht müsse es sein:

    "Wenn man ein breitgefächertes Bafög hätte, eine breitgefächerte Studienfinanzierung, dann könnte man sicher darüber reden, allerdings: Leute zu bevorteilen, die aufgrund des Elternhauses sowieso schon bevorteilt sind, das finde ich dann natürlich eine schlechte Alternative."

    Darüber wird in Karlsruhe zwei Tage lang diskutiert. Themen gibt es genug, also werde man auch künftig Studenten mobilisieren können, trotz aller Schwierigkeiten mit dem ein oder anderen Austritt, die Vorstandssprecherin jedenfalls ist optimistisch:

    "Viele Studierende haben nicht mehr die Zeit, sich zu engagieren, und das projiziert sich natürlich auf den Dachverband, aber es ist nicht so extrem, dass wir jetzt keine Leute mehr hätten, die sich für die Mitgliederversammlung zum Beispiel interessieren würden."