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Nicht nur in Krisenzeiten gefragt
International SOS und der Mitarbeiterschutz

International SOS hat sich darauf spezialisiert, Beschäftigte anderer Unternehmen im Ausland bei ihren Einsätzen zu unterstützen. Ziel ist es, für deren Sicherheit zu sorgen – und dazu zählt vor allem auch Beratung und Hilfe, wenn es um gesundheitliche Fragen wie jetzt beim Coronavirus geht.

Von Mischa Ehrhardt | 14.02.2020
Impfausweis und Impfspritzen
Impfausweis und Impfspritze (imago / Christian Ohde)
Mit dem Ausbruch des neuartigen Coronavirus standen bei International SOS zeitweise die Telefone nicht mehr still.
"In den letzten zehn bis 14 Tagen haben wir jeden Tag 30, 40, 50 Anrufe, wo Unternehmen wissen wollten, wie sie sich auf die Situation Coronavirus-Ausbruch einstellen müssen", erklärt Dr. Stefan Eßer. Er ist der ärztliche Leiter für die Region Zentraleuropa bei International SOS.
Das Unternehmen betreut reisende Konzern-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter in allen Ländern der Welt. Dabei geht es um Fragen rund um die Themen "Sicherheit" und "Gesundheit". Durch die Corona-Epidemie musste Eßer seine Mannschaft in der Telefonzentrale in der Nähe von Frankfurt zeitweise um zwei Personen aufstocken, um alle eingehenden Fragen auch beantworten zu können.
"In Zusammenhang mit dem Coronavirus-Ausbruch haben wir überwiegend Anfragen wie, wie soll das Unternehmen mit dem Ausbruch umgehen? Soll es innerhalb des Unternehmens Reiserestriktionen erlassen? Wie sollen sie innerhalb des Unternehmens informieren, kommunizieren? Müssen sie vor Ort Versorgung aufbauen? Können ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter noch reisen? Welche Länder sollten gemieden werden? Und wie sollen sie mit den Mitarbeitern umgehen, die zurzeit zum Beispiel in China im Einsatz sind. Sollen die nach Hause kommen? Können die vor Ort versorgt werden, welche Schutzmaßnahmen sind möglich? Wir sind mit Coronavirus zurzeit sehr beschäftigt, ja".
Medizinische Arbeit auf Distanz
Von außen sieht man dem mehrstöckigen Bürogebäude in einem Industriegebiet Neu Isenburgs bei Frankfurt die Geschäftigkeit im Inneren nicht an. Rund 100 Beschäftigte arbeiten hier insgesamt. Das Herz der Büroetage ist ein Call-Center, in dem ein Team von rund 20 Ärztinnen, Ärzten oder Krankenschwestern Fragen beantwortet und medizinische Probleme löst.
"Die Arbeit benötigt medizinisches Fachwissen. Also die Ärztinnen und Ärzte, die hier arbeiten, haben alle eine breite allgemeinmedizinische Ausbildung. Aber es ist natürlich keine Tätigkeit, bei der man jetzt den Patienten vor sich hat und den Puls misst oder Blut abnimmt. Sondern es ist eben eine medizinische Arbeit über die Distanz. Aber man braucht schon ärztliche Expertise. Man bekommt ganz konkrete medizinische Probleme, die die Reisenden haben, geschildert und muss dann ganz konkret auch Empfehlungen aussprechen, wie man das jetzt vor Ort behandeln kann". Sagt Stefan Eßer.
Ein weltumspannendes Netzwerk ist notwendig
Etwa 30 voneinander abgetrennte Arbeitsbereiche gibt es in dem Großraumbüro. Etwas erhöht sitzt der leitende Manager, der die eingehenden Anrufe verteilt. Rund um die Uhr ist das Kommunikationszentrum besetzt. In den meisten Fällen gelingt es den Krankenschwestern, Ärztinnen und Ärzten von International SOS, die auftretenden medizinischen Probleme per Telefonberatung zu lösen. Häufig werden die Ratsuchenden aber auch an Menschen oder Institutionen vor Ort vermittelt. Dafür hat das Unternehmen ein Netzwerk aus rund 1000 Niederlassungen in 90 Ländern weltweit. Zudem betreibt International SOS allein oder in Kooperation mit Partnern weltweit 80 Kliniken und kooperiert mit über 80.000 Dienstleistern wie Ärzten, Gesundheitszentren oder Sicherheitsexperten. In wenigen Fällen müssen Eßer und seine Kolleginnen und Kollegen auch betroffene Kunden aus den jeweiligen Ländern ausfliegen – sei es aus Gründen der Sicherheit oder um eine bessere medizinische Versorgung zu erreichen. Solche Beratungs- oder Assistenzzentren wie hier in der Nähe des Frankfurter Flughafens betreibt International SOS an 26 Standorten auf der ganzen Welt. Und die arbeiten regelmäßig auch zusammen.
"Das heißt, der deutsche Reisende, der mich aus Indien anruft, den betreue ich zusammen mit unserem Assistance-Center in Mumbai. Der Reisende, der in den Vereinigten Staaten unterwegs ist, den betreue ich zusammen mit unserem Assistenz-Zentrum in Philadelphia. Und ähnlich ist das in Singapur, ähnlich ist das in Jakarta, in Tokio und in Sydney".
Ziel ist die Sicherheit vor Ort
Rund 11.000 Firmen, Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen weltweit nehmen die Dienste von International SOS in Anspruch. Dazu gehören fast 90 Prozent der 100 global umsatzstärksten Konzerne. Die Unternehmen schließen in der Regel eine Jahresmitgliedschaft ab. Die Höhe des Beitrages bemisst sich nach der Anzahl der Reisenden oder vor Ort lebenden und zu betreuenden Mitarbeiter. Neben der Gesundheit geht es dabei vor allem auch um die Sicherheit.
"Wir haben Kunden aller Art. Und da sind auch manche Kunden dabei, die auch in Krisen- oder auch den Kriegsgebieten agieren müssen. Und da müssen wir dann halt auch unterstützen", sagt Martin Bauer. Er ist Sicherheitsverantwortlicher für die Region Deutschland und Österreich bei International SOS.
"Wir versuchen erst einmal, den Reisenden zu verstehen. Ist das jetzt jemand, der schon 20 Mal in Nigeria war? Ist er vertraut mit dem Risiko, ist vorbereitet und versteht die Kultur? Oder stehen wir ganz am Anfang? Wir bereiten den Reisenden auf die Risiken vor, beraten vor Ort, und dann geben wir auch die Empfehlung dazu: Sollte man jetzt einen Transport vor Ort gebrauchen oder ein sicheres Hotel für die Übernachtung? Und können dann bis hin zu dem ganzen Reiseverlauf eine Beurteilung abgeben, wo sind die Risiko-Höchstpunkte und wo ist vielleicht der mehr sichere Aufenthalt? Oder muss man vielleicht einen anderen Weg in die Planung einleiten, damit man sicher bleibt vor Ort".