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Niederlande
Rechtspopulismus auf Latein

Thierry Baudet ist die intellektuelle Version von Geert Wilders. Seine Antrittsrede als Parlamentsabgeordneter hielt er auf Latein. Inzwischen gilt er als führender Kopf der Rechtspopulisten in den Niederlanden. Auch für die Europawahlen wurde seine Partei hoch gehandelt.

Von Kerstin Schweighöfer | 24.05.2019
Thierry Baudet, Leiter des Forum voor Democratie (FvD) am 16. Januar 2018 Amsterdam.
Thierry Baudet, Leiter des Forum voor Democratie (FvD), gilt als neuer Kopf der niederländischen Rechten. (imago stock&people)
"Die EU hat nichts mit Frieden zu tun, ganz im Gegenteil: Sie ist momentan die grösste Bedrohung für die Stabilität und den Frieden in Europa."
Er wird als neuer Superstar der europäischen Rechtspopulisten gefeiert: Thierry Baudet, 36 Jahre, Historiker, Jurist und Nationalstaatenverherrlicher. Baudet gilt als intellektuelle Ausgabe von Geert Wilders. So wie dieser möchte auch er die Immigration stoppen, um die abendländische Kultur vor dem Untergang zu bewahren, und mit einem Referendum für den Nexit sorgen - sprich: Den Austritt der Niederlande aus der EU.
Mit seiner Splitterpartei "Forum für Demokratie" zog der neue Rechtsaussen der niederländischen Politik bei den letzten Parlamentswahlen 2017 ins Abgeordnetenhaus ein, mit zwei der insgesamt 150 Mandate. Seine Antrittsrede hielt er auf Lateinisch.
Eloquent, gutaussehend, rechtspopulistisch
Denn anders als Wilders, der sich als einfacher Mann des Volkes sieht, profiliert sich Baudet als Bildungsbürger, der auf Wagner steht, gerne Hegel zitiert, in Amsterdam an der Gracht wohnt. Und sich für Fotografen auch mal bäuchlings auf seinen Flügel legt, wie ein männliches pin-up-girl. Weil er weiss, dass er gut aussieht und dementsprechend gut ankommt.
Auch wenn er umstrittene Begriffe in den Mund nimmt: Das niederländische Volk werde durch die Zuwanderung "homöopathisch verdünnt", pflegt er zu warnen. Oder er ruft dazu auf, "unsere boreale Welt" zu schützen - sprich: Ein weißes, christliches Nord-Europa.
Konkurrenz für Wilders
Denn so wie Wilders liebt Baudet die Provokation. Aber er verpackt sie anders. Nicht so verbissen, nicht so plump. Immer charmant, mit einem Lächeln.
Das macht ihn seinen Gegnern zufolge so gefährlich. Denn damit kommt er an, besonders bei Nichtwählern und Studenten.
Und bei den Wählern von Geert Wilders: Im März, bei den Wahlen zu den Provinzparlamenten, sind sie in ganzen Scharen zu Baudet gewechselt. Aus dem Stand wurde sein "Forum für Demokratie" sensationell stärkste Partei – zum Entsetzen der rechtsliberalen Regierungspartei VVD von Premierminister Mark Rutte, die bis dahin die meisten Abgeordneten stellte.
Ob Thierry Baudet das bei den Europawahlen nun erneut gelungen ist, bleibt abzuwarten. Laut Nachwahlbefragungen liegt die FvD allerdings überraschend hinter den Sozialdemokraten und den Konservativen.