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Niedersachsen
Sorge vor der Afrikanischen Schweinepest

Schweinebetrieben geht es in Deutschland derzeit wirtschaftlich gut. Das könnte sich ändern, wenn sich die Afrikanische Schweinepest auch hierzulande ausbreitet. Nach neuen Fällen in Westpolen sind Betriebe alarmiert und treffen Vorkehrungen - unter anderem in Niedersachsen.

Von Hilde Weeg | 06.01.2020
Eine Helferin stellt einen Schutzzaun gegen die Afrikanische Schweinepest nahe dem Grenzfluss Neiße auf.
In Deutschland fürchtet man ein Überschwappen der Afrikanischen Schweinepest (dpa/ Patrick Pleul)
Bisher hatten die schlechten Nachrichten über die Verbreitung der Afrikanischen Schweinepest im Rest der Welt positive Auswirkungen auf die Schweinepreise in der EU und für Deutschland, wie Henning Schulte-Uffelage weiß. In seinem Betrieb am Teutoburger Wald stehen rund 600 Muttersauen, dazu kommt der Mastbetrieb. Schulte-Uffelage ist Beiratsmitglied in der Interessengemeinschaft Schweinezüchter Deutschlands – ISN.
"Die Marktsituation ist ausgesprochen gut. Leider ist es so, dass es anderen dadurch schlecht geht, sozusagen China. In China sind die Bestände massiv eingebrochen."
Seit Sommer 2018 hat das Virus der Afrikanischen Schweinepest – ASP – sowohl die Wild- als auch Hausschweinbestände in China und weiten Teilen Asiens dezimiert. Das Virus breitet sich seit 2007 immer schneller aus. Die Situation ließ und lässt die Preise für Schweinefleisch aus den nicht betroffenen EU-Staaten auf dem Weltmarkt um gut 22 Prozent ansteigen. Aber sobald ein infiziertes Wildschwein in Deutschland gemeldet wird, sei es damit für Schweinehalter hier vorbei:
Ernste Folgen, wenn die Seuche in Deutschland ankommt
"Wenn der Fall ASP in Deutschland kommt, dann wird sich die Welt der Schweinehalter ändern, gerade aus marktpolitischer Sicht."
Die Preise würden schnell fallen, es drohten sogar Exportstopps. Deshalb blickt auch Schulte-Uffelage mit einiger Sorge auf die Entwicklung rundherum. Denn auch in Belgien sind seit 2018 Wildschweinbestände erkrankt.
"Da kann ich als Landwirt auch nur nebenstehen und hoffen, dass es gut geht."
Zusätzlich zum Hoffen kommen zahlreiche Vorsichtsmaßnahmen und Vorbereitungen für den Ernstfall auf allen Ebenen und mit allen Beteiligten, wie Natascha Manski vom niedersächsischen Ministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Verbraucherschutz erklärt:
"Wir haben geguckt, dass wir mit den Veterinärbehörden zusammen üben, dass wir das Szenario durchproben, dass wir auch in Abstimmung mit dem Bund schauen, ob alle Gremien funktionieren im Ernstfall. Wichtig ist, dass, wenn der Ernstfall eintreten sollte, dass wir dann funktionierende Netzwerke haben, die auch dementsprechend schnell greifen und wir dann die Auswirkungen des Virus so gering wie möglich halten."
Außerdem werden seit dem Sommer werden verstärkt Saisonarbeitskräfte, deren Arbeitgeber und Transportunternehmer informiert, Abfallcontainer an Raststätten sicherer gemacht, Entsorgungscontainer für Wildschweinkadaver sowie Zaunmaterial bereit gehalten. Die Erfahrungen aus der jahrelangen Bekämpfung des Virus aus ganz Europa haben Wissenschaftler des Friedrich-Löffler-Instituts ausgewertet. Deutlich wird, dass das ASP-Virus extrem widerstandsfähig ist, zum Beispiel Minusgrade überlebt und erst bei Temperaturen über 60 Grad Celsius inaktiv wird. Die Ausbreitung erfolgt vor allem auf zwei Wegen: durch infizierte Wildschweinpopulationen, aber vor allem durch Menschen.
Ein enorm widerstandsfähiges Virus
"Das Problem ist, dass das Virus, das für die Menschen ungefährlich ist, aber für die Tiere eben hoch ansteckend ist, dass es in Fleischprodukten sehr lange überlebt. Das bedeutet, wenn man jetzt Fleischreste achtlos wegwirft und zum Beispiel das an Rastplätzen von Wildschweinen aufgenommen wird, dann kann sich das dementsprechend ausbreiten und das gilt es zu verhindern."
Solche Speisereste wie Wurstabfälle wurden übrigens nicht nur entlang der Autobahnen entdeckt, sondern auch bei Stichproben von Reiseproviant an Flughäfen, zum Beispiel in Frankfurt. Gefährlich ist aber auch der schlampige Umgang mit kontaminiertem Material – zum Beispiel bei der Beseitigung von toten infizierten Wildschweinen. Eine Übertragung in die Hausschweinbestände – etwa in Bulgarien oder Rumänien – erfolgte vor allem in kleinen Beständen, vielfach durch das Verfüttern von kontaminierten Speiseabfällen, was in Deutschland ohnehin schon seit Jahren verboten ist. Schulte-Uffelages oberstes Gebot lautet daher:
"Hygiene, Hygiene, Hygiene."
Aufgrund der hohen Sensibilisierung über die Gefahren einer ASP-Infizierung und der Hygieneauflagen in Deutschland hält er eine Infizierung von Hausschweinbeständen für wenig wahrscheinlich. In seinem Betrieb gelten ohnehin hohe Hygieneauflagen, auch ganz ohne ASP:
Wildschweinbestände im Seuchenfall schwierig zu schützen
"Bei uns ist es so: Bevor wir zu den Tieren in den Stall reingehen, da wechseln wir unsere Arbeitskleidung, die wir draußen anziehen, in Stallkleidung – und wenn wir wieder rausgehen, ziehen wir uns wieder um. Wenn Externe reinkommen, die müssen sich rein duschen und kriegen dann betriebseigene Kleidung. Und wenn der Tierarzt kommt, der desinfiziert sein Werkzeug – also alles, was er extern reinbringt. Wenn die Schlachttiere abgeholt werden, da werden die Rampen gereinigt und desinfiziert – und der Platz davor – und das sind so Hauptsachen, die wir als Betrieb machen können."
Auch im Seuchenfall seien die Hausschweinbestände viel besser zu kontrollieren und eine Verbreitung zu stoppen, das bestätigt auch das Friedrich-Löffler-Institut. Die Ausbreitung in Wildschweinbeständen zu verhindern, sei weitaus schwieriger. Die Hoffnungen aller Beteiligten für die konkrete Bekämpfung Fälle nahe der deutschen Grenze ruhen daher nun auf den zuständigen Veterinärbehörden in Polen und Deutschland. Und den Jägern, die möglichst schnell möglichst alle infizierten Wildschweine aufspüren, die Kernzonen der Infektion isolieren- und eine Weiterverbreitung der Krankheit möglichst verhindern sollen.