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Nostalgie
Sanfte Disco mit Jukebox an der Isar

Münze einwerfen und alten, fast in Vergessenheit geratenen Liedern an der Isar lauschen. Zu diesen Jukebox-Partys lädt in München Benjamin Mathias an heißen Sommerabenden per SMS ein - ganz klein und gemütlich.

Von Andi Hörmann | 06.08.2015
    Interpreten- und Titelanzeige einer historischen Musikbox im Geschäft "Jukeland" in Berlin.
    Interpreten- und Titelanzeige einer historischen Musikbox im Geschäft "Jukeland" in Berlin (picture alliance / dpa / Soeren Stache)
    Ein Automat, der Emotion transportiert. Präzise greift die Mechanik der Jukebox nach einer Vinyl-Single. So klingt es, wenn sie eine Platte auflegt, die Jukebox von Benjamin Mathias. Ein richtiges Möbelstück - aus der Zeit gefallen, verchromt und kantig.
    "Eine Rock-Ola von 1964. Das ist schon mehr so der nüchterne Stil. Die fasst 80 Singles. Man sagt dann 160er, weil jede Single zwei Seiten hat. Also 160 Lieder kann die spielen."
    Knisternde Schallplatten
    Benjamin Mathias bestückt seine Jukebox gerade mit alten Singles, ausgegraben aus zerfledderten Flohmarkt-Kisten. Trashige Popnummern, Evergreens, schmalzige Ohrwürmer - die einen sortiert er ein, die anderen fliegen raus:
    "Der erste Klassiker, den ich kenne. Salt´n'Pepper."
    "Let's talk about sex. Kommt raus.Es sind auch immer wieder schätze dabei. Wie hier zum Beispiel 'Reality'. Dreams are my reality. La Boum."
    "Ich mache jetzt noch den letzten Check nach dem neu Bestücken. Einfach, ob er alles spielt, ob er richtig einordnet. S, 6, hat er vorhin nämlich falsch einsortiert. Schauen wir mal, ob er es jetzt richtig macht. So, gut. Dann packen wir es ein."
    Eigentlich steht die Jukebox von Benjamin Mathias in einer kleinen Underground-Bar in München. An richtig heißen Sommerabenden zurrt er sie mit Freunden auf einem Fahrrad-Anhänger fest und karrt sie in nur 20 Minuten runter an die Isar - Jukebox-Party unter freiem Himmel, Einladung per SMS.
    "Wir haben ja früher schon viele illegale Partys gemacht an der Isar. Das war immer ein riesiger Aufriss, mit dem Sprinter voll Zeugs. Und jetzt haben wir einen Fahrradanhänger, die Jukebox, und bestellen dort vor Ort ein paar Kästen Bier von Alkoport. Das ist halt super entspannt."
    "Ist ja schon irgendwie skurril, weil hier jetzt so eine Art Disco entsteht - mitten in der Natur, in den Isar-Auen."
    Entspannung statt Exzess
    "Aber eine sehr sanfte Disco. Wir sind sehr mit der Natur hier. Eine grüne Disco. Ich will da auch nicht so einen Rave veranstalten. Es soll klein, gemütlich sein mit maximal 200 Leuten. Das ist mir fast schon zu viel. Ich bin voll happy, wenn 50, 100, 150 Leute da sind. Weil ich mache es ja auch nicht zum Geld verdienen, sondern wir machen es, weil wir selber dran Spaß haben. Und ich will da nicht Leute bedienen, die das gar nicht schätzen. Also das ist wirklich im kleinen Kreis für Liebhaber."
    Die Isar rauscht. Im Gestrüpp surrt ein kleiner gelber Camping-Generator: Strom für die Jukebox. Der mitgebrachte Baustrahler wird mit grüner Folie beklebt und beleuchtet das Blätterdach einer wuchtigen Buche. An einem Ast auf drei Meter Höhe baumelt eine Disco-Kugel.
    "Jetzt müssen wir mal kucken, jetzt schmeißen wir sie mal an."
    "Ja, langsam wird es jetzt auch dunkel."
    "Wenn man früher anfängt, dann ist es schon so picknickig. Und je später es dann wird, dann wird es schon so dancey."