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Notnagel, wenn die Sonne nicht scheint

"The power of flexibility " - mit diesem Slogan bewirbt General Electric seinen neuen Kraftwerkstyp: ein Gas-und Dampfkraftwerk. In einem System, das auf erneuerbaren Energien basiert, soll es eine Lösung bieten für das Problem, dass Strom aus Sonne oder Wind nicht rund um die Uhr gleichmäßig zur Verfügung steht.

Von Susanne Krause | 26.05.2011
    Als eine Art ständiger Notnagel haben die Erbauer ihr neues Kraftwerksmodell konzipiert. Gedacht für ein System, das bei der Stromerzeugung vor allem auf erneuerbare Energien setzt, auf die Kraft von Sonne, Wind und Wasser. Auf Energien also, die nicht unbedingt rund um die Uhr gleichmäßig zur Verfügung stehen. Da wird das "FlexEfficiency" getaufte Modell zum Retter der Stromversorgung. Der Kunstname ist Programm: Er setzt sich zusammen aus den Begriffen Flexibilität und Effizienz. Frederic Greiner, bei Generel Electric (GE) zuständig für den Bereich Verkauf, erläutert das Motto Flexibilität:

    "Wenn die Sonne plötzlich nicht mehr scheint oder der Wind nicht mehr bläst, muss die Stromproduktion dem sehr schnell angepasst werden. Unser Werk produziert beim Hochfahren pro Minute 51 Megawatt Strom. Um Ihnen eine Vorstellung davon zu geben, was 51 Megawatt bedeutet: Das ist der Verbrauch einer Stadt mit 50.000 Haushalten. Wenn also die Produktion von Strom aus erneuerbaren Energien momentan vehement abflaut, können wir das mit unserer Anlage abfangen."

    Auf 510 Megawatt Stromerzeugung ist die Anlage ausgelegt, innerhalb einer Viertelstunde ist sie voll leistungsfähig, sagen die Erbauer. Doppelt so schnell wie bisherige Modelle. Und ebenso schnell lässt sie sich abschalten. Nicht umsonst vergleichen das die Erbauer mit dem Durchstarten eines Flugzeugs: Beim Bau der Turbine brachten sie ihre Erfahrungen aus der Luftfahrtbranche ein.

    Den bisherigen Weltrekord soll die neue Anlage auch im Bereich Effizienz schlagen. Also mit vermehrter Ausnutzung der chemischen Energie im Brennstoff, die in Strom verwandelt wird. Die hohe Effizienz wird erzielt, weil die Wärme der Abgase, die bei der Gasverbrennung in der Gasturbine entstehen, genutzt wird. Die Abwärme wird in Dampf verwandelt und in eine Dampfturbine geleitet, die dann ebenso Strom erzeugt. Immerhin ein Drittel zusätzlich.

    "Unser neues Werk setzt die Energie im Brennstoff zu 61 Prozent in Strom um. Derzeit schafft niemand auf dem Markt bessere Werte. Und diese bessere Brennstoff-Auswertung ermöglicht es, im Vergleich zu aktuellen Technologien bis zu sechs Millionen Kubikmeter Erdgas pro Jahr zu sparen. Das entspricht der Menge an Brennstoff, die Sie brauchen, um 4000 Haushalte für ein Jahr mit Heizung und Strom zu versorgen. Dazu kommt noch: Dank der höheren Effizienz produziert unsere Anlage auch noch zwei Prozent weniger Kohlendioxid."

    Ein Kraftwerk der Superlative, rühmen die Hersteller. Allerdings: Das erste Werk wird erst 2014 fertiggestellt werden. Und vorher lässt sich nicht überprüfen, ob die neue Technologie alle gemachten Versprechen einlöst. GE hingegen verweist stolz auf erste interessierte Kunden.

    Die Konkurrenz ist dem Unternehmen hart auf den Fersen. Vor wenigen Tagen hat Siemens mit seinem neuen Gas-und Dampf-Kraftwerk nahe Ingolstadt de facto und nicht nur auf dem Papier einen Weltrekord aufgestellt. Seine Anlage erzielte nach einstündigem Probelauf laut offizieller TÜV-Messung einen Wirkungsgrad von 60,43 Prozent. Das liegt knapp unter den versprochenen 61 Prozent des amerikanischen Multi. Dafür soll das bayerische Werk schon in einigen Wochen, nach dem Einfahren, bei Strombedarf ans Netz gehen.

    Eigentlich sind sich die beiden Anlagen, die von GE und von Siemens, sehr ähnlich, sagt Volker Tisken. Er ist Fachmann im Bereich Energie und meint: Effizienz ist heute das neue Modewort in der Branche. Zum einen fordert das der Markt, auf der anderen Seite ist auch ein Effizienz-Wettkampf unter den Herstellern entbrannt.