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Notwendig oder überzogen?

Es war vor allem der tragische Tod eines Hamburger Schülers, nach dem der Kampf gegen Kampfhunde so richtig begann. Zwei frei laufende Hunde waren im Juni 2000 über eine Mauer gesprungen, auf einen Schulhof gelaufen, und hatten dort den sechs Jahre alten Volkan grausam zerfleischt.

Von Gudula Geuther und Claudia Sanders | 15.03.2004
    Die Hamburger Mordkommission hat hier vor Ort auf dem Schulhof die Ermittlungen übernommen. Ein kleiner junger Mensch ist hier völlig sinnlos ums Leben gekommen. Da muss die Polizei alle Register ziehen, und das werden wir tun. Darauf können Sie sich verlassen!

    So damals ein Polizeisprecher. Später kam es tatsächlich zu einer Haft- und einer Bewährungsstrafe. Aber auch die Politik reagierte prompt.

    Bei allem Respekt vor der Freiheit des Einzelnen, sich Hunde zu halten: Diese Art von Kampfmaschinen, die die Kinder gefährden auf den Schulhöfen, auf den Straßen – da kann es keine Rücksicht geben.

    Ansätze, Haltung oder Zucht bestimmter Hunde zu verbieten, hatte es schon vorher gegeben. Die entsprechende bayerische Verordnung etwa stammt bereits aus dem Jahr 1992. Und andere Pläne hatten schon in der Schublade gelegen. Sei es, dass die Bahn bestimmte Tiere aus ihren Zügen verbannen wollte, sei es, dass Steuern oder Versicherungen erhöht werden sollten. Beim Schutz der Menschen sind an sich erst einmal die Länder zuständig. Nach dem Tod des Kindes und einigen anderen Hunde-Attacken nahm sich nun auch der Bundestag des Themas an. In seltener Einmütigkeit sprachen sich Vertreter aller Parteien für eine härtere Gangart aus. Wie der Unionspolitiker Wolfgang Bosbach:

    Für die Jungs aus dem Rotlichtmilieu mag es ein Alptraum sein, anstatt mit einem Bullterrier mit einem Pudel über die Reeperbahn zu laufen. Für mich ist es kein Alptraum, und für die Bevölkerung wäre es ein Segen.

    Oder Cem Özdemir von den Grünen:

    Ich finde es absurd, dass wir mittlerweile in einer Situation sind, wo wir uns Gedanken machen, wo Eltern sich Gedanken machen müssen darüber, wie sie ihre Kinder auf Kampfhunde vorbereiten. Nein, meine Damen und Herren: Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Wir wollen keine Kinder dressieren, sondern wir wollen, dass diese Hunde aus unserem Stadtbild, aus unserem Land verschwinden.

    Und auch Innenminister Otto Schily machte sich für eine Bundesregelung stark:

    Wir lassen nicht zu, dass das Leben und die Gesundheit von Menschen, insbesondere von Kindern und älteren Menschen, durch das Imponiergehabe, die Aggressionslust, den Kompensationsbedarf bei Ich-Schwäche und die Verantwortungslosigkeit bestimmter Hundehalter in Gefahr gebracht werden.

    Eine Bundesregelung, die auch schließlich erlassen wurde. Da geht es um Zucht, um Ein- und Ausfuhr und um Strafvorschriften. Bei den eigentlichen Verboten waren aber die Länder am Zug. Und die reagierten zum Teil innerhalb weniger Tage oder Wochen – wie einige meinten, manchmal zu schnell. Während die Regeln noch geschrieben wurden, polarisierte sich die Diskussion. Mit Folgen nicht nur für die Leute, die man sich landläufig unter Kampfhundebesitzern vorstellt, wie der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Wolfgang Apel erläuterte:

    Wir müssen feststellen, dass viele Bürger, die völlig unbescholten sind - und nicht einmal einen zu diesen Rassen gehörenden Kampfhund besitzen - beschimpft werden, bespuckt werden, Kündigungen erhalten, Wohnungsbaugesellschaften Kündigungen aussprechen...

    Und mit Folgen auch für Tierheime, die teils schon bald keine Hunde mehr aufnehmen konnten, wie etwa in Hamburg, wo die Regeln besonders streng waren. Der Chef eines Heims Wolfgang Poggendorf.

    Die Menschen, die ihre Hunde abgeben wollten, das waren die Verzweifelten. Die einmal nicht in der Lage sind, 1.200 oder bei zwei Hunden 2.400 Mark Steuern zu bezahlen. So dass die Genehmigung – wenn einmal der Nachweis, der berechtigte Nachweis erbracht wird von dem Halter – Kosten von drei bis viertausend Mark verursacht.

    Ein Hundeführerschein allein sollte in a l l e n Ländern nicht ausreichen. Für Baden-Württemberg begründete das Innenminister Thomas Schäuble:

    Gerade die entsprechende Klientel aus dem Rotlichtmilieu, die dann solche Hunde dann oft auch hält, die würden gerade nicht einen solchen Führerschein machen. Und wenn die dann mit ihrem Pitbull durch die Straße laufen – glauben Sie, jemand hat dann den Mut, den zu fragen, ob er einen Führerschein hat?

    So entschieden sich alle Länder für Listen verbotener Rassen, manchmal sollte es möglich sein, die Gefährlichkeit durch so genannte Wesenstests zu widerlegen. Manchmal sollte auch anders herum das Verbot ausgeweitet werden können, wie es für Baden-Württemberg Landes-Polizeipräsident Erwin Hettger beschrieb:

    Aber darüber hinaus wird von dieser Verordnung, und das ist auch das ganz bewusste Ziel, das wir verfolgen, auch jeder gefährliche Hund betroffen sein. Und das können auch Doggen, Schäferhunde sein, die besonders scharf gemacht worden sind.

    Trotzdem gingen einigen im Südwesten, wo eine frühere Verordnung vor den Gerichten gescheitert war, die Regelung nicht weit genug. Der SPD-Landespolitiker Walter Karoli:

    Sie fällt in ihrer Wirksamkeit gegenüber der bayerischen Verordnung zurück. Es sieht ganz so aus, als wäre immer noch die Furcht vor dem Nein des Gerichtes im Genick.

    Doch den Tierschützern in Baden-Württemberg schien schon der damals vorgelegte Entwurf einer Hundeverordnung zu hart, insgesamt 100 Hundebesitzer zogen vor den Verwaltungsgerichtshof des Landes und klagten - allerdings erfolglos. Waren die älteren Verordnungen, die noch aus den frühen 90er Jahren stammten, von den Richtern teilweise gekippt worden, so traf das auf die jüngste Regelung nicht zu. Immerhin, so argumentierten die Richter, könnten die Hundebesitzer nun anhand des Wesenstests zeigen, dass ihr Vierbeiner ungefährlich sei. Früher hatte es diese Möglichkeit nicht gegeben.
    Insgesamt 13 Bundesländer haben nach dem dramatischen Vorfall in Hamburg entsprechende Regeln auf den Weg gebracht - oder bestehende Verordnungen angepasst. Die übrigen drei Bundesländer ließen ihre ohnehin schon strengen Vorschriften mehr oder minder unverändert.
    In Hamburg zeigt man sich heute sehr zufrieden mit den neuen Regeln. Hartmut Stienen ist der Sprecher der Hamburger Gesundheitsverwaltung:

    Also, wir haben mit unserer Hamburger Hundeverordnung bisher recht gute Erfahrungen gemacht, das zeigt ganz eindeutig die Anzahl der Bissvorfälle, die wir im vergangenem Jahr jetzt hier haben. Wenn man sich da nur jetzt die Kategorie Eins Hunde anschaut beispielsweise, das sind nur vier Stück. Das ist eindeutig weniger als früher. Aber auch bei den sichergestellten Hunden wurden im Jahr 2003 90 Hunde sichergestellt; hingegen im Jahre 2001 befanden sich insgesamt 209 Hunde in der damals angemieteten Hamburger Hundehalle.

    Und insgesamt sei die Anzahl der so genannten Bissvorfälle rückgängig, wenigstens was die Hunde angeht, die angemeldet und registriert werden müssen: Im vergangenen Jahr habe es nur 15 - im Verhältnis harmlose - Bisse der so genannten Kategoriehunde gegeben.

    Wenn wir uns insgesamt die Bissvorfälle die registriert worden sind ansehen, sind es 479 Fälle, und da sehen wir da sind alle Hunde dabei eben auch der Rauhaardackel vom Nachbarn und dann sehen wir einfach, dass die Kategoriehunde da relativ gering ausfallen.

    Ähnlich sieht es in Bayern aus. Dort ist schon seit 1992 eine Hundeverordnung in Kraft, und auch dort sind es nicht die Kampfhunde, die in erster Linie für Zahlenmaterial in der Beißstatistik sorgen, sondern andere Hunderassen, beispielsweise der Rottweiler. Solch ein Hund hat zu Jahresbeginn zwei Kinder in Würzburg angegriffen. Und schon vor geraumer Zeit, nämlich vor eineinhalb Jahren, wurden auch Rottweiler in Bayern als anzeigepflichtige Hunde eingeordnet. Einen Vorfall mit Kampfhunden habe es aber in den vergangenen 12 Jahren in der größten Stadt Bayerns, München nicht gegeben.

    Und auch in Berlin zeigt man sich angetan von der Wirksamkeit der Vorschriften. Der zuständige Referent der Gesundheitsverwaltung, Thorsten Nöldner:

    Wichtigstes Indiz ist für unsere Begriffe, und das können auch Gegner dieser Regelung nicht abstreiten, ist dass die Bissvorfälle in Berlin seit Inkrafttreten dieser Verordnung um über 30 Prozent zurückgegangen sind. Bissvorfälle durch die gelisteten Rassen verursacht sind teilweise sogar um 50 Prozent zurück gegangen.

    Berlin wird auch gerne als die Hunde-Hauptstadt Deutschlands bezeichnet. Nirgendwo sonst in der Republik leben so viele der Vierbeiner: insgesamt sind es etwa 110.Tausend. Während es im vergangenen Jahr etwa rund 1000 Vorfälle mit beißenden Hunde gab, sah das einige Jahre zuvor, nämlich 1999, noch ganz anders aus.

    Da habe ich Zahlen auch vorliegen, 1.900 Bissvorfälle 1999 amtlich in Berlin, bei denen Menschen verletzt wurden.

    Übereinstimmend ist aus den Bundesländern zu hören, dass zwar einerseits die angepassten oder neuen Regeln greifen, andererseits sich aber auch das Verhalten der Hundebesitzer geändert habe - sie seien verantwortungsbewusster geworden.
    Aber: Die Länder und Kommunen haben hohe Hürden für das Halten eines Kampfhundes oder auch nur großen Hundes gesetzt. Überall muss ein polizeiliches Führungszeugnis und ein so genannter Sachkundenachweise vorgelegt werden.
    In Nordrhein-Westfalen beispielsweise gilt es noch etwas anderes nachzuweisen. Günther Dick vom Ordnungsamt der Stadt Bonn:

    Das Wichtigste an dieser Kategorie eins, die sie eben angesprochen haben, ist, dass ein wichtiges, überwiegendes persönliches Interesse nachgewiesen werden muss an dieser Hundehaltung. Und das wäre eben das Hauptproblem.., weil dieses überwiegende private Interesse, so muss man es ausdrücken, in der Regel kaum nachweisbar ist. Es gibt da im Gesetz ein entsprechendes Beispiel, wo das gegeben wäre, wenn es unabdingbar wäre beispielsweise für die Bewachung eines Grundstückes. Nur diesen Nachweis wird in der Regel kaum jemand uns gegenüber führen können.

    Daneben haben die Städte und Kommunen noch ein anderes Mittel genutzt: Die Hundesteuer. Sie wurde drastisch erhöht. In Bonn beispielsweise kostet ein "normaler" Hund pro Jahr 120 Euro. Wer auf seinen Kampfhund partout nicht verzichten möchte, der muss 600 Euro Steuern zahlen.

    Doch alleine die verschiedenen Kategorien und damit verbundenen Anforderungen, die in Nordrhein-Westfalen und den meisten anderen Bundesländern gelten, dürfte viele davon abhalten, sich solch einen Hund zuzulegen. Hunde der Kategorie eins dürfen nur im Ausnahmefall gehalten werden: Neben einem polizeilichen Führungszeugnis, braucht es einen Sachkundenachweis und ein Wesenstest. In der Kategorie zwei braucht es den Wesenstest und den Sachkundenachweis, und unter die dritte Kategorie fallen alle Hunde die mehr als 20 Kilo wiegen oder höher als 40 Zentimeter sind: Sie müssen angemeldet werden, und auch hier muss der Besitzer zeigen, dass er die nötigen Sachkenntnisse hat

    Und diesen strengen Maßstab hat der Gesetzgeber ja deswegen angelegt, ich sag das jetzt mal so etwas überspitzt, weil der Gesetzgeber will, dass diese Hunderassen aussterben.

    Doch davon sind die betroffenen Hunderassen wie Pitbull oder American Staffordshire noch weit entfernt. Und obwohl die verschiedenen Regeln zumeist mehrere Jahre in Kraft sind, gibt es immer noch viele Hunde dieser Rassen die im Tierheim landen. Hartmut Stienen:

    Wenn die einen Wesenstest bestehen, der hier vom Tierschutzverein durchgeführt wird, dann sind die auch weiter vermittelbar. Die, die diesen Wesenstest nicht bestehen, müssen dann eingeschläfert werden.

    Allein in Hessen sind so zwischen August 2000 und September 2003 insgesamt 456 Hunde getötet worden.
    In der Praxis treibt so manchen Hundebesitzer aber noch etwas ganz anderes zur Verzweiflung: Wer seinen Hund mit auf die Reise nehmen will, beispielsweise von Hamburg nach München muss erst einmal alle Hundeverordnungen der betreffenden Länder und Kommunen lesen: Einige darf er gar nicht mit einem gefährlichen Hund durchqueren ohne ihn anzumelden im jeweiligen Land, andere gewähren die Durchreisen nur für einige Stunden. Von einheitlichen Vorschriften sind die Bundesländer nämlich noch weit entfernt.

    Und obwohl die morgige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sich nicht direkt mit den Länderregeln beschäftigt, blickt man erwartungsvoll nach Karlsruhe. Beispielsweise in Sachsen-Anhalt. Das dortige Verfassungsgericht hatte die landesweite Hundeverordnung gekippt. Nun hat jede Kommune ihre eigenen Vorschriften. Nach dem Karlsruher Urteil soll jedoch wieder ein einheitliches Gesetz auf den Weg gebracht werden. Auch in Hamburg wird die morgige Entscheidung mit Spannung erwartet:

    Wir sagen aus unserer Hamburger Sicht wir sind zur Zeit sehr gut aufgestellt (wie auch immer das Bundesverfassungsgericht jetzt entscheidet) weil hier ja auch in Hamburg vor dem OVG, vor dem Oberverwaltungsgericht anhängig ist, wir haben eigentlich für alle denkbaren Konstellationen jetzt Vorschläge in der Schublade und können die dann auch schnell in eine neue Hundeverordnung, ein neues Hundegesetz umsetzen.

    In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht im vergangenen November hatten sich die Verfassungsbeschwerdeführer um einen guten Eindruck bemüht. Keine kahlgeschorenen jungen Männer, und die einzigen Hunde vor dem Gericht waren die des Bundesgrenzschutzes.

    Streng genommen geht es in Karlsruhe nicht um die einzelnen Landesregelungen, sondern um das Bundesgesetz. Das Gesetz also, das es verbietet, aggressive Hunde zu züchten, gefährliche Vierbeiner ins Land herein oder auch wieder aus Deutschland hinaus zu befördern. Und es droht bei Verstößen gegen die Landesverbote mit bis zu zwei Jahren Haft. – Sei es, weil jemand einen gefährlichen Hund hält, züchtet oder mit solchen Tieren handelt. Nach Ansicht der Halter und Züchter, die Verfassungsbeschwerde eingelegt haben, verstoßen solche Verbote gegen ihre Freiheitsrechte. So auch Klägerin Manuela Bärwald, die selbst zwei Bullterrier hat:

    ... weil wir unsere Hunderassen nun mal lieben. Und – wie gesagt: Sie sind nicht so gefährlich, wie’s dargestellt wird.

    Tierliebe kann man auch anders sehen. Für den Vertreter der Bundesregierung Gerhard Robbers, ist das Gesetz "ethisch begründeter Tierschutz". Das ging denn auch den Verfassungsrichtern etwas zu weit: Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier fragte, ob es denn hier nicht eher um Menschenschutz gehe. Die Frage ist wichtig, weil der Bund mit dem Tierschutz seine Kompetenz für das Gesetz begründet.
    Aber wie schon zuvor in der politischen Diskussion, so ging es auch in der Verhandlung vor allem um die Frage: Wann ist ein Hund gefährlich?
    Das Bundesgesetz macht es sich einfach:

    Im Sinne dieses Gesetzes ist: Gefährlicher Hund: Hunde der Rassen Pitbull-Terrier, American Staffordshire-Terrier, Staffordshire-Bullterrier, Bullterrier, sowie deren Kreuzungen sowie nach Landesrecht gefährliche Hunde.

    Eine Rasseliste also, die praktisch keine Ausnahmen zulässt. Und die die Kläger am meisten erbost. Sie hatten sich Unterstützung mit nach Karlsruhe gebracht: Der Verwaltungsrechtler Jan Zierkow vertrat die Ansicht, das Gesetz gehe so weit an den Fakten vorbei, dass die Verfassung einen solchen Umgang mit der Wirklichkeit nicht hinnehmen könne. Es habe sich um einen politischen Schnellschuss gehandelt. Was seiner Meinung nach schon daran zu erkennen ist, dass anfangs Begriffe wie Art und Rasse munter durcheinander gepurzelt seien. Auch die Klägerin sagte denn auch in Karlsruhe:

    Es ist nicht gerechtfertigt, bestimmte Hunderassen als gefährlich hinzustellen. Das ist wissenschaftlich nicht haltbar, und das hoffen wir halt: das wir unsere Hunderassen weiter in Deutschland halten können.

    Und die von den Verfassungsbeschwerdeführern beauftragte Zoologin Helga Eichelberg sagte: W e n n sich belegen lässt, dass bestimmte Hunde gefährlich sind, dann gilt das höchstens für Zuchtlinien. Da könne dann auch Inzucht mit im Spiel sein, um aggressive Tendenzen bei einzelnen Tieren zu verstärken. Ansonsten aber gelte der alte Satz: Es ist der Mensch, nicht der Hund... Gerade die massigen, großen Rassen auf der Liste seien eher träge und kaum in Rage zu bringen.
    Mag sein, antwortete der Vertreter der Bundesregierung, Gerhard Robbers, aber darauf kommt es nicht an: Es genügt, glaubt er, dass unzuverlässige Hundehalter diese großen, schweren Hunde bevorzugen. Wenn sich bei diesen Leuten die Hunde-Mode wandle, könne man ja immer noch die Liste verlängern.

    Um aber gerade auch bei diesen Leuten sicherzustellen, dass ihre Hunde nicht gefährlich sind, gibt es die sogenannten Wesenstests. Wenn von Land zu Land die Formulierungen noch etwas unterschiedlich sind, dem Grunde nach müssen die Hundebesitzer mit ihren Vierbeinern fast überall einen dieser Wesenstests hinter sich bringen.

    Brühl, ein kleines Städtchen in der Nähe von Bonn. Martin Rössler ist eigentlich Polizeibeamter, aber nebenberuflich testet er Hunde und ihre Besitzer. Auf der Wiese vor dem Brühler Schloß macht sich Sabine Dombrowski bereit, um mit Rössler noch einmal zu üben, was in den Wesenstest verlangt wird. Neben ihr sitzt ein kleiner braun-weißer Hund, der freundlich wedelt.

    Das ist die Lady, sie ist fünf Jahre alt, besitzen tun wir sie seit zwei Jahren sie ist aus dem Tierschutzverein...

    Lady ist ein Kampfhund - so sieht es wenigstens das Landeshundegesetz, da sie ein American Stafford Terrier ist.

    Wir sind einfach Liebhaber der Rasse, ..... was halt schwer ist sind manchmal andere Leute, ist halt schwer. Vorurteile gibt es genügend, lassen einen die Leute auch manchmal spüren, aber es hält sich so die Waage, trotzdem es macht immer Spaß mit dem Hund, der ist einfach nur toll.

    Doch nur toll, das reicht dem nordrhein-westfälischen Gesetzgeber nicht. Er erwartet den eindeutigen Nachweis, dass der Hund tatsächlich ungefährlich ist. Martin Rössler erklärt, was er von seinem Prüfling erwartet.

    Die Prüfung läuft in der Form dass wir in zwei Teilen den Hund prüfen. Der erste ist im städtischen Bereich, da wo Menschen, Kinder, Fahrräder, alles mögliche unterwegs sind. Der Hund wird in diesem Bereich auf jeden Fall angeleint geführt. Und hier überprüfe ich dann die Sozialverträglichkeit des Hundes in den unterschiedlichsten Situationen, beobachte einfach wie die Hundeführerin, jetzt also in diesem Fall Hundesführerin, mit dem Hund umgeht und ob der Hund in allen Bereichen kontrolliert vorgeführt werden kann.

    Während der Hund schon recht gelangweilt blickt, naht ein Jogger:

    Es geht hauptsächlich um das Verhalten so wie jetzt. Da läuft ein Jogger vorbei, und der Hund interessiert sich gar nicht dafür. Und das sollte dann in der Stadt genauso sein.
    Rössler stellt keine außergewöhnlichen Situationen nach, in denen sich der Hund bewähren soll, sondern es geht um Alltägliches: Radfahrer kreuzen den Weg, ein Mann mit Krücken humpelt vorbei.

    Während Sabine Dombrowski mit Lady vorausgeht, beobachtet Rössler kritisch wie sich der Hund verhält. Eine ältere Dame kommt mit einer Mischung aus Dackel und Spitz entgegen, der American Stafford Terrier schaut interessiert, während der Dackel aufgebracht ist.

    Das ist allerdings der einzige, der jetzt Theater macht und an der Leine zerrt.

    An diesem Nachmittag herrscht dichtes Gedrängel in der Fußgängerzone, Mütter mit Kinderwagen beim Einkaufen, eilige Geschäftsleute auf dem Weg zum nächsten Termin. Dazwischen Sabine Dombroswki und ihre Hündin.

    OK, dann gehen wir jetzt einfach mal schön durch die Fußgängerzone, Schaufenster angucken, Hund sitzen lassen, ablegen .. ganz natürlich

    In einer Auslage stehen Zink-Gießkannen, Martin Rössler greift danach, schubst eine um ....

    .. der Hund zuckt zusammen, schaut erschrocken zu seiner Besitzerin. Sehr gut, lobt Rössler. Es sei normal, dass der Hund sich erschrecke. Nicht zulässig wäre es gewesen, wenn die Hündin aggressiv reagiert hätte. Lady bleibt gelassen - für den gut erzogenen Hund ist es kein Problem, den Wesenstest zu bestehen. Aber Rössler weiß auch: Selbst ein Wesenstest ist keine Garantie dafür, dass ein Hund immer und jederzeit friedlich und freundlich bleibt, so wie es die Landeshundeverordnungen und Gesetze vorschreiben.