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Novel Food in aller Munde

Das Stimmungsbild hat sich kaum geändert, seitdem Mitte der 90er Jahre die Gentechnik weltweit Einzug in die Lebensmittelproduktion hielt: Die Verbraucher wollen darüber Bescheid wissen - und weitaus die meisten lehnen die mittlerweile längst nicht mehr neue Technologie ab.

Von Georg Ehring | 17.05.2007
    Passanten: "Gentechnik in Lebensmitteln? Ich weiß nicht, ob das nicht zu gefährlich ist für den Verbraucher. Vor allen Dingen: Es sollte gekennzeichnet sein." "Also ich befürworte das nicht, weil: Es kann schon auf Dauer Auswirkungen haben, auf die Entwicklung des Menschen. Also, ich würde es stehen lassen. Wenn's deklariert ist, würde ich's nicht kaufen." "Gentechnik? Ich finde, dass diese Veränderungen schlecht sind. Auch für Menschheit - wie auf für Umwelt."

    Die ersten Lebensmittel mit Zutaten aus dem Genlabor enthielten Soja und Mais sowie gentechnisch hergestellte Enzyme und Hilfsstoffe. Vor zehn Jahren, im Mai 1997, trat in der Europäischen Union die erste Verordnung in Kraft, die den Verbrauchern Klarheit bringen sollte: Die Novel-Food-Verordnung sah die Kennzeichnung gentechnisch veränderter Lebensmittel vor - die Verbraucher sollten die Wahl haben. Renate Künast, von 2001 bis 2005 Ministerin für Verbraucherschutz in der rot-grünen Koalition.

    "Ich will gehen können und sagen, ich will so oder so einkaufen können. Und ich glaube, als Politikerin habe ich auch ganz grundsätzlich die Verpflichtung, es so zu organisieren, dass andere es können: So oder so einkaufen."

    Eine Verpflichtung, die nie eingehalten wurde und deren Umsetzung auch heute noch aussteht. Als genverändert gekennzeichnete Lebensmittel finden sich fast nirgends in den Regalen, trotzdem sind Speisen und Getränke mit Inhaltsstoffen aus dem Genlabor in fast aller Munde - von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt. Doch der Reihe nach: Was die Produzenten sich von der Gentechnik versprechen, sagt Klaus-Dieter Jany, Professor an der Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel in Karlsruhe und Vorsitzender des Wissenschaftlerkreises Grüne Gentechnik.

    "Die Gentechnik ist ein neues Verfahren, um bestimmte Pflanzen und bestimmte Mikroorganismen so zu verändern, damit wir Vorteile von diesen Organismen haben. Zum Beispiel: Enzyme, also Biokatalysatoren aus Mikroorganismen für die Brotherstellung, Käseherstellung. Hier kann man das sehr viel wirtschaftlicher machen, sehr viel effektiver und mit weniger Begleitstoffen aus diesen Mikroorganismen. Bei Pflanzen war der Grund, dass man landwirtschaftliche Vorteile den Pflanzen verabreichen möchte, das heißt: Zum Beispiel tolerant gegen Breitbandherbizide oder Resistent gegen Insekten."

    Weltweit bauen inzwischen etwa zehn Millionen Bauern gentechnisch veränderte Pflanzen an - der weit überwiegende Teil davon in den USA und Kanada, in Brasilien, Argentinien, Indien und China. Und der Anbau wächst weiter - allerdings bisher kaum in der Europäischen Union. In Europa überwiegt die Skepsis bei Verbrauchern und Landwirten, viele Umweltverbände und Bauernvereinigungen machen Front gegen die neuartigen Produkte.

    Der Protestsong des Rappers Hosni gegen die Gentechnik findet sich zum Beispiel auf einer Internetseite der Umweltorganisation Greenpeace. Alexander Hissting streitet dort gegen die Gentechnik.

    "Es ist ein hohes Ziel, aber man kann durchaus das Rad zurückdrehen. Sehr eindrücklich lässt sich das zum Beispiel bei dem Sojaanbau in Rumänien nachvollziehen. Wir hatten noch vor zwei, drei Jahren etwa 100.000 Hektar Gensoja-Anbau in Rumänien. Dieser gentechnisch veränderte Soja ist in Europa für den Anbau nicht zugelassen. Deshalb musste jetzt Rumänien mit dem Beitritt zur EU sicherstellen, dass diese Sojabohne nicht mehr angebaut wird. Und das hat man auch tatsächlich gemacht."

    In der Debatte um die Gentechnik in Landwirtschaft und Ernährung ging es in den ersten Jahren vor allem um die Sicherheit der neuartigen Lebensmittel. Die Europäische Union schuf ein Prüfungsverfahren und machte zur Voraussetzung für eine Zulassung, dass ein gentechnisches Produkt nach einer wissenschaftlichen Bewertung mindestens genau so sicher ist, wie ein vergleichbares konventionelles Produkt - zum Beispiel in Bezug auf Allergierisiken. Hans-Jörg Buhk, für Gentechnik zuständiger Abteilungsleiter im Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit.

    "Man vergleicht die Abfolge der Aminosäuren in diesen Proteinen mit den Abfolgen von Aminosäuren in bekannten Proteinen, bekannte Proteine in dem Sinne, dass sie bekannt sind als Allergie auslösend. Man kann auf diese Weise in Verbindung mit Stabilitätsstudien relativ gut vorhersagen, ob dieses Protein das Potenzial eines Allergens hat oder nicht."

    Gentechnik-Gegner wie den Grünen Europa-Abgeordneten Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf kann das nicht überzeugen. Im Gegenteil:

    "Es ist nicht nachgewiesen, dass sie nicht gefährlich sind. In Einzelfällen ist bei Freisetzungsanträgen festgestellt worden, dass Gesundheitsgefährdungen aufgetreten sind bei Tierversuchen. Es sind einige Anträge abgelehnt worden, andere sind zugelassen worden, also es gibt keine generelle Zulassung, sondern immer nach Einzelprüfung, und das weist darauf hin, dass die gentechnische Veränderung nicht unproblematisch ist."

    Gegnern wie Befürwortern der Gentechnik sollte die Novel-Food-Verordnung die Kaufentscheidung erleichtern. Verbraucherverbände machten Druck für eine umfassende Kennzeichnung, ebenso Umweltorganisationen und ihnen nahe stehende Parteien. Das Zustandekommen der Verordnung war ein Kompromiss verschiedener Interessen, erinnert sich Graefe zu Baringdorf.

    "Das war etwas zwiespältig. Es gab Teile der Industrie, die wollten, dass es eine großzügige Kennzeichnung gab, weil sie davon ausgingen, dass dann die Bevölkerung sich am ehesten an gentechnisch veränderte Organismen gewöhnen würde. Wenn auf jeder Packung etwas draufsteht, dann nimmt der Neuigkeitswert oder möglicherweise auch die Ablehnung in der Bevölkerung ab. Das war die eine These, und die anderen wollten möglichst wenig, und dadurch kam in der Novel Food-Verordnung also in der ersten, die '97 verabschiedet wurde, eine Kennzeichnungspflicht heraus, die nur dann greifen musste, wenn das daraus entstandene Produkt objektiv nachweisbar eine Veränderung erfahren hatte. "

    Von Anfang an hieß nicht gekennzeichnet also nicht etwa gentechnikfrei. Die erste Version der Novel-Food-Verordnung klammerte sogar die Gentechnik-Produkte aus, die bei ihrem Inkrafttreten schon auf dem Markt waren, sagt Gerd Spelsberg von Transgen, einem Internetportal der Verbraucher-Initiative:

    " "Bevor diese Verordnung wirksam wurde, gab es aber schon zwei gentechnisch veränderte Pflanzen, die auch in Europa zugelassen waren, nämlich Soja und Mais. Die wurden auch schon in den USA angebaut und dann galten die aber nicht mehr als neuartig."

    Mit dem Ergebnis dass bei Inkrafttreten der Verordnung in Europa überhaupt keine Gentechnik-Lebensmittel gekennzeichnet werden mussten. Dieser Mangel führte schnell zu einer ersten Nachbesserung der Novel-Food-Verordnung. Nicht kennzeichnungspflichtige Gentechnik-Produkte verbreiteten sich daraufhin rasch - nicht zuletzt deshalb, weil vor allem auf dem amerikanischen Kontinent der Anbau zum Beispiel von Soja für die Ölgewinnung ständig ausgedehnt wurde. Auch Enzyme, künstlich hergestellte Vitamine und Hilfsstoffe aus dem Genlabor fanden sich in immer mehr Lebensmitteln. Klaus-Dieter Jany:

    "Die Produkte sind alle auf dem Markt, wir essen die mehr oder weniger täglich. Wer Vitamin C im Supermarkt kauft, kann ganz sicher sein, dass dieses Vitamin C mit Hilfe von gentechnisch veränderten Mikroorganismen hergestellt wurde."

    Kennzeichnungspflichtige Ware wurde dagegen erst gar nicht angeboten - oder rasch wieder vom Markt genommen. Der Lebensmittelkonzern Nestle versuchte, die neue Technik durchzusetzen und mit dem Erdnussriegel Butterfinger ein gekennzeichnetes Produkt mit genverändertem Mais auf dem Markt zu etablieren - und stellte den Verkauf in Europa bald wieder ein. Gerd Spelsberg:

    "Das andere ist, dass die Verbraucher in aller Regel diese Kennzeichnung als Warnhinweis aufgefasst haben. Das heißt: wenn ein Produkt gekennzeichnet war, haben sie die Furcht gehabt und die Vermutung gehabt, da ist irgendwas faul dran, das ist gefährlich oder nicht geprüft und lassen die Produkte im Regal stehen, was dazu führt, dass die Hersteller viel taten, um eben kennzeichnungsrelevante Produkte zu vermeiden."

    Die Verbraucher fürchten also Gefahren, sehen aber bisher keinen Nutzen in der Gentechnik. Den haben heute Chemie- und Saatgutanbieter sowie Landwirte, die sich davon die Einsparung von Pestiziden oder andere Erleichterungen im Anbau erhoffen. Seit Einführung der neuen Technologie versprechen die Anbieter Produkte, die auch dem Verbraucher unmittelbar nutzen - doch die lassen auf sich warten. Der US-Saatgutkonzern Monsanto entwickelt Ölpflanzen mit Omega-drei-Fettsäuren, wie sie bisher vor allem in Fisch enthalten sind. Andreas Thierfelder, der Sprecher von Monsanto Deutschland.

    "Hier glauben wir, dass der Verbraucher hier direkten unmittelbaren Nutzen daraus ziehen kann und demzufolge die Akzeptanz gegenüber diesen Produkten, so die Annahme, deutlich höher sein wird."

    Marktreif sind solche Produkte allerdings noch nicht, und ob der Verbraucher sie wirklich kaufen wird, weiß niemand. Gerd Spelsberg von Transgen hat keine großen Erwartungen.

    "Also es ist einfach wissenschaftlich und molekularbiologisch sehr viel schwieriger als vor zehn Jahren gedacht. Und das ist, dass ich im Lebensmittelbereich auch kaum Ziele erkenne, die wirklich auch lohnen würden."

    Die Auseinandersetzung um die Gentechnik konzentriert sich heute längst nicht mehr auf mögliche Gesundheitsgefahren. Im Zentrum stehen inzwischen das Risiko einer Ausbreitung der Gen-Saaten auf Nachbarfelder und mögliche Schäden für die Natur. Greenpeace-Mitarbeiter Alexander Hissting nennt als Beispiel gentechnisch gegen Schadinsekten immunisierten Mais:

    "Eine Pflanze, die selber ein Insektengift produziert, hat wiederum andere Risiken, wie zum Beispiel, dass dieses Gift, das insbesondere einen Maisschädling, den Maiszünsler, töten soll, nicht nur diesen Schädling tötet, sondern auch viele Nützlinge, wie zum Beispiel viele seltene Insektenarten wie zum Beispiel auch bestimmte Schmetterlingsarten."

    Doch auch die konventionelle Agrarchemie belastet die Umwelt, und gerade die Gentechnik biete die Möglichkeit, diese Belastung zu senken, meint dagegen Monsanto-Sprecher Andreas Thierfelder.

    "Durch den Einsatz von insektenresistenten, schädlingsresistenten Pflanzen kann man nachweislich Pflanzenschutzmittel einsparen, Insektizide einsparen, Insektizide, die in ihrer Wirkung oftmals recht radikal vorgehen und relativ breit wirksam sind also auch gegen so genannte Nichtzielorganismen, also Nützlinge oder eben Insekten, die man eigentlich nicht bekämpfen will."

    Mit einer neuen Kennzeichnungsverordnung für die Gentechnik bei Lebensmitteln reagierte die EU im Frühjahr 2004 auf wachsende Kritik an den vielen Lücken in der Novel-Food-Verordnung und weitete die Deklarationsvorschriften deutlich aus. Seitdem müssen auch Produkte gekennzeichnet werden, in denen die transgene Erbsubstanz gar nicht vorkommt, die aber aus genveränderten Pflanzen gewonnen worden sind, zum Beispiel Soja- oder Rapsöl. Die neue Vorschrift führte zu einem Systemwechsel in der Deklaration. Die Untersuchung im Labor reicht nicht mehr. Hersteller und Händler müssen seit 2004 die Herkunft der Ware lückenlos belegen - oder sie gleich "auf Verdacht" als gentechnisch verändert kennzeichnen. Doch die Erwartung, dass plötzlich gekennzeichnete Produkte in den Supermärkten auftauchen, erfüllte sich nicht. Die Lebensmittelindustrie ging einen anderen Weg. Fast alle Unternehmen, die bis 2004 auf Rohstoffe aus gentechnisch veränderten Pflanzen gesetzt hatten, stellten ihre Produktion um. Für Greenpeace-Mitarbeiter Alexander Hissting sind das auch Erfolge der Kampagnen seiner Organisation.

    "Der größte Margarinehersteller Unilever zum Beispiel hat seine Produktion umgestellt von der Verarbeitung von Sojaöl auf Rapsöl, Palmkernöl, Sonnenblumenöl. Dieser Konzern verwendet aktuell immer noch kein Sojaöl, weil er auch das Risiko der Vermischung vermeiden will, einer Vermischung von gentechnisch veränderten und gentechnisch unveränderten Sojabohnen."

    Doch auch die neue Kennzeichnungsverordnung hat Lücken. Denn bei tierischen Produkten endet die Kennzeichnungspflicht mit dem Futtersack. Der muss zwar gekennzeichnet werden, so Hans-Jörg Buhk vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Aber:

    "Es muss nicht gekennzeichnet werden das Fleisch, das von einem Schwein stammt, das mit gentechnisch veränderten Sojabohnen zum Beispiel gefüttert wurde. Das Fleisch dieses Schweines, das so gefüttert wurde, dürfte jedoch nicht als gentechnikfrei deklariert werden."

    Das gleiche gilt für Milch, Eier und andere Produkte von Tieren, die mit Futter aus Gen-Saaten ernährt wurden. Und das ist die Regel, denn Tierfutter ohne Gentechnik ist nur in geringen Mengen auf dem Markt. Und wie in der Novel Food-Verordnung müssen Hilfs- und Zusatzstoffe aus dem Genlabor nicht deklariert werden. Die Folgen sind manchmal kurios. Klaus-Dieter Jany vom Wissenschaftlerkreis Grüne Gentechnik:

    "Wein, der aus gentechnisch veränderten Weintrauben mit Hilfe einer konventionellen Hefe hergestellt wird, muss gekennzeichnet werden. Wein aus konventionellen Weintrauben, aber vergoren mit Hilfe von gentechnisch veränderten Hefen, muss nicht gekennzeichnet werden. Das ist natürlich irgendwie für den Verbraucher nicht ganz nachvollziehbar."

    Eindeutig ist in Hinblick auf die Gentechnik nur der ökologische Landbau. Bei Produkten mit Bio-Siegel ist die Gentechnik auf allen Produktionsstufen untersagt. Das gleiche gilt für Lebensmittel mit dem Siegel "ohne Gentechnik". Die konventionelle Lebensmittelwirtschaft will die Gentechnik angesichts von Kostenvorteilen zwar einsetzen, vermeidet aber kennzeichnungspflichtige Produkte. Marcus Girnau vom Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde, einer Spitzenorganisation der Branche.

    "Gentechnik spielt sich auch heute schon in vielen Lebensmitteln ab, aber eben unterhalb der Kennzeichnungsschwelle. Beispielsweise im Bereich der Verarbeitungshilfsstoffe, der Enzyme, oder auch im Bereich der Futtermittel, die bei tierischen Produkten eingesetzt worden sind. Da wird auch heute schon auf gentechnisch veränderte Bestandteile zurückgegriffen, aber die sind nicht in der Kennzeichnungspflicht drin. Aus diesem Grund ist eben die Frage: Kennzeichnungspflicht und Freiheit von Gentechnik zwei paar Schuhe."

    Gekennzeichnete Produkte sucht der Verbraucher übrigens auch in fast allen anderen Ländern der Europäischen Union vergebens. In Deutschland lasse das der intensive Wettbewerb nicht zu, meint Marcus Girnau.

    "Kein Unternehmen traut sich im Augenblick als erster mit gekennzeichneten Produkten in den Markt zu gehen, weil der Lebensmittel-Markt sehr eng ist und die Wettbewerber das sofort auch zu eigenen Marketingzwecken ausnützen würden."

    Hierzulande hat der Verbraucher also trotz der neuen Verordnung nicht die Wahl - auch zum Ärger von Anbietern gentechnisch veränderter Produkte. Monsanto-Sprecher Andreas Thierfelder.

    "Ich bin mir nicht sicher, ob tatsächlich der Verbraucher diese Produkte nicht kaufen will. Fakt ist, dass er nicht vor diese Wahlfreiheit gestellt wird. Das heißt also: Er findet tatsächlich derzeit, selbst wenn er das möchte, zumindest in Deutschland nahezu keine als gentechnisch verändert gekennzeichnete Produkte. Von daher steht er gar nicht vor der Wahlfreiheit."

    Die könnte eine neue Verschärfung der Kennzeichnungspflicht bringen. Umweltorganisationen wie Greenpeace, Verbraucher- und Bauernverbände sowie viele Politiker setzen sich dafür ein, auch Fleisch, Milch und Eier zu kennzeichnen, wenn die Tiere gentechnisch verändertes Futter gefressen haben. Die Bundesregierung unterstützt eine erneute Verschärfung der Kennzeichnungsverordnung. Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer:

    "Wir haben in der Koalition in Berlin vereinbart, dass wir das wollen, dass wir das in Europa durchsetzen wollen. Und zwar eine umfassende Kennzeichnung von Lebensmitteln, die gentechnische Bestandteile beinhalten oder mit gentechnischen Verfahren hergestellt wurden, weil wir glauben, dass bei diesem sensiblen Bereich die Bevölkerung einen Anspruch darauf hat, als Verbraucher wirklich z wissen, was sie denn im Regal vorfindet."

    Was dann kommt, darüber gehen die Meinungen auseinander. Alexander Hissting von Greenpeace glaubt, darüber die Gentechnik auch aus der Futtermittelwirtschaft wieder verdrängen zu können.

    "Ich bin absolut überzeugt davon, dass wenn wir eine Kennzeichnung tierischer Produkte hätten, dass innerhalb von ein-zwei Jahren alle Hersteller wiederum auf gentechnikfreie Futtermittel umsteigen, um eine Kennzeichnung zu vermeiden, damit der Verbraucher weiterhin seine Produkte kauft."

    Marcus Girnau vom Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde erwartet eine andere Entwicklung. Angesichts des wachsenden Einsatzes der Gentechnik in vielen Ländern wachse der Druck, mit gekennzeichneten Produkten auf den Markt zu gehen.

    "Wenn der Forderung von Greenpeace nachgegeben würde, dass man sagt: Wir kennzeichnen auch die tierischen Produkte, dann bin ich beispielsweise der Auffassung, werden wir sehr schnell Produkte die gekennzeichnet sind, auch im Laden haben, und dann haben wir wieder 'ne ganz andere Ausgangsposition in der Frage der Entscheidungsfrage auch für den Verbraucher."

    Wirklich konsequent wäre allerdings eine Kennzeichnung auch der Hilfsstoffe und Enzyme aus dem Genlabor, die bislang kaum diskutiert wird. Das allerdings würde das Bild im Supermarkt sehr deutlich verändern. Klaus-Dieter Jany vom Wissenschaftlerkreis Grüne Gentechnik:

    "Ich persönlich bin ein Fan einer sehr umfassenden Kennzeichnung. Allerdings hat das natürlich dann zwei Probleme: Wenn wir eine allumfassende Kennzeichnung hätten, würden wahrscheinlich 80 Prozent aller auf dem Markt befindlichen Lebensmittel gekennzeichnet werden müssen. Und das andere: Wo bleibt dann die Wahlfreiheit der Verbraucher?"