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NSA-Affäre
Druck auf Journalisten in den USA wächst

Darf eigentlich streng geheimes Material überhaupt veröffentlicht werden? Der republikanische Abgeordnete Mike Rogers nutzte eine Anhörung, um eine indirekte Attacke auf Glenn Greenwald zu reiten, den in Brasilien lebenden US-Journalisten, der die NSA-Affäre öffentlich gemacht hatte.

Von Kerstin Zilm | 08.02.2014
    Der US-Abgeordnete Mike Rogers (2. von links) geht mit mehreren anderen Personen zu einer Anhörung im Kongress.
    Der US-Abgeordnete Mike Rogers (2. von links) auf dem Weg zu einer Anhörung. (picture alliance / dpa)
    Der republikanische Kongressabgeordnete und Vorsitzende des Geheimdienstausschusses, Mike Rodgers, nahm bei der Anhörung FBI-Direktor James Comey scharf ins Visier und stellte eine einfache Frage: "Ist die Hehlerei mit gestohlenem Material eine Straftat?"
    "Yes, it is."
    Rogers fragt weiter: "Wäre es auch eine Straftat, Zugang zu von der US-Regierung gestohlenem Material zu verkaufen?"
    Darauf der FBI-Chef:"Es könnte kompliziert sein, wenn ein Nachrichtendienst beteiligt ist. Generell gilt: Das Hehlen mit oder Verkaufen von gestohlenem Material ist eine Straftat."
    Der Ausschussvorsitzende fragt nach: "Ist es legal für Reporter, gestohlenes Material zu verhökern?" FBI-Direktor Comey antwortet: "Reporter, die gestohlenen Schmuck verscherbeln, machen sich strafbar, auch als Reporter." Nun kommt der Abgeordnete zum Punkt: "Was, wenn ich als Reporter geheimes Material, das ich nicht legal besitze, für persönliche Bereicherung und Profit verkaufe? Ist das nicht auch eine Straftat?"
    Das sei kompliziert, antwortet Comey, weil Pressefreiheitsfragen ins Spiel kommen könnten. Mike Rogers belässt es bei der Drohgebärde, nennt in der Befragung keine Namen. Eindeutig ist: Er möchte Journalisten, die von Edward Snowden gesammeltes Material veröffentlichen, strafrechtlich verfolgen - besonders Ex-"Guardian"-Reporter Glenn Greenwald.
    Rogers bekommt dabei Unterstützung unter anderen von NSA-Direktor James Clapper. Der hatte vor den Snowden-Enthüllungen noch behauptet, die USA würde wissentlich keinerlei Daten von Millionen US-Bürger speichern. "Does the NSA collect any type of data at all on millions or hundrets of millions of Americans?" - "No, Sir!" - "It does not?" - "Not wittingly."
    In die Kritik geraten, geht Clapper in die Offensive gegen Snowden und Journalisten, die von dem Ex-NSA-Angestellten gesicherte Informationen über nationale und internationale Bespitzelung veröffentlichen. "Snowden behauptet, er habe gewonnen und sein Ziel erreicht. In dem Fall fordere ich ihn und seine Komplizen dazu auf, Material, das noch nicht veröffentlicht wurde zu übergeben um mehr Schaden zu verhindern."
    Reportern Komplizenschaft mit Snowden zu unterstellen, bringt in den USA Journalisten, Bürgerrechtler und Rechtsexperten auf die Barrikaden und die Debatte um Pressefreiheit und Staatssicherheit auf eine neue Ebene. Während Reporter schon hinter Gitter kamen, weil sie Informationsquellen nicht bekannt gaben, wurde noch niemand für die Veröffentlichung geheimen Materials angeklagt. Genau das scheinen Rogers und Clapper zu fordern.
    Aus dem Weißen Haus ist zur Diskussion bisher nichts zu hören. Justizminister Eric Holder machte aber vor einem halben Jahr klar: Es gehe darum, Regierungsmitarbeiter, die ihren Eid brechen und die nationale Sicherheit gefährdeten zu verfolgen, nicht Journalisten.
    "Das Justizministerium hat bisher keinen Reporter dafür verklagt, dass er seine Arbeit tut und so lange ich Justizminister bin, wird das auch nicht geschehen."
    Glenn Greenwald will dieses Versprechen auf die Probe stellen und mit seiner Einreise eine Entscheidung erzwingen. Möglicherweise, wenn er im April den renommierten George Polk Award für seine Berichterstattung über die NSA-Spähprogramme bekommen soll.