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NSA-Untersuchungsausschuss
Einstimmig für die Anhörung Snowdens

Der NSA-Untersuchungsausschuss stimmte für die Anhörung des früheren US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden. Offen bleibt aber, wo und wie Snowden zu dem Skandal um das massenhafte Abhören von Bundesbürgern befragt werden soll.

08.05.2014
    Videokonferenz mit Snowden (hier am 5. April 2014 in Chicago) - eine mögliche Lösung
    Videokonferenz mit Snowden (hier am 5. April 2014 in Chicago) - eine mögliche Lösung? (dpa / picture-alliance / Kamil Krazaczynski)
    Der Ausschuss beschloss die Vernehmung Snowdens einstimmig, wie Linke-Obfrau Martina Renner mitteilte. Ob Snowden in Berlin, per Video oder direkt in seinem Moskauer Zufluchtsort vernommen wird, blieb dabei zunächst offen. Während Linkspartei und Grüne auf eine Anhörung in Deutschland pochen, lehnt die Union dies kategorisch ab. Die SPD ist in der Frage offen.
    CDU-Obmann: "Schließe Anhörung in Deutschland aus"
    Ein Antrag von Linken und Grünen sah vor, Snowden zu vernehmen und ihn zu Auskünften in den Bundestag einzuladen. Die Koalition setzte zunächst mit Mehrheit durch, dass über diese beiden Punkte getrennt abgestimmt wird. Zunächst folgte der einstimmige Beschluss für die Vernehmung. Dem zweiten Teil, der Ladung in den Bundestag, stimmte nur noch die Opposition zu.
    Roderich Kiesewetter zieht eine Vernehmung von Snowden per Video vor.
    Roderich Kiesewetter zieht eine Vernehmung von Snowden per Video vor. (dpa / picture-alliance / Daniel Naupold)
    "Ich sage ganz offen und bleibe bei meiner Position, dass ich eine Anhörung des Zeugen Snowden in Deutschland ausschließe", sagte Unions-Obmann Roderich Kiesewetter (CDU). Es läge schließlich ein Auslieferungsantrag der USA vor. Er sei zunächst für eine Videovernehmung.
    Opposition droht mit Verfassungsklage
    Eine Einreise nach Deutschland könnte sich problematisch für Snowden erweisen. Strafrechtler Kai Peters sagte im Deutschlandfunk: "Wenn ich der Anwalt von Herrn Snowden wäre, würde ich ihm von einer Einreise abraten." Denn Snowden drohe in Deutschland eine Auslieferung in die USA. Das sehen Teile der Oppostion wie Grünen-Obmann Konstantin von Notz anders:
    Bundesregierung + #GroKo sagen,man müsse #Snowden ausliefern,sobald er in Deutschland sei. Das ist falsch! #PUA #NSA http://t.co/Y9jDqiQqRC— Konstantin v. Notz (@KonstantinNotz) 8. Mai 2014
    Grüne wie auch Linkspartei drohten, vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen, sollte eine Reise Snowdens nach Deutschland verhindert werden.
    "Wenn wir solche Signale bekommen, wird es eine gerichtliche Klärung geben", kündigte Linken-Obfrau Renner an. Grünen-Obmann von Notz verwies zudem darauf, dass eine Vernehmung in Deutschland wegen des Grundsatzes der Unmittelbarkeit geboten sei. Snowden könne bei einer Befragung in Russland nicht offen sprechen, weil er dann um sein dortiges Aufenthaltsrecht fürchten müsse. Deswegen müsse er in Berlin befragt werden.
    Linken-Obfrau Martina Renner vor der Sitzung des Untersuchungsausschusses
    Linken-Obfrau Martina Renner vor der Sitzung des Untersuchungsausschusses (dpa / picture-alliance / Bernd von Jutrczenka)
    Als "bizarre Vorstellung" bezeichnete von Notz eine Vernehmung durch den Ausschuss in Russland. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Untersuchungsausschuss in Zeiten wie diesen nach Moskau fährt", sagte er mit Blick auf die Ukraine-Krise.
    CDU-Außenpolitiker Hardt will transatlantische Beziehungen nicht gefährden
    Der CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt stellte als Transatlantik-Koordinator des Auswärtigen Amtes die Beziehungen zu den USA in den Vordergrund. Er sagte im Deutschlandfunk, dass das breite Bedürfnis in der deutschen Bevölkerung an einer direkten Befragung Snowdens zwar "voll nachvollziehbar" sei. "Aber es gibt natürlich auch ein breites Bedürfnis, dass wir die Beziehungen zu den USA nicht durch eine solche Frage zusätzlich schwer belasten, was uns wiederum andere Nachteile und andere Schwierigkeiten bereiten würde."
    Vernehmung für 3. Juli vorgeschlagen
    Nach Angaben des SPD-Vertreters Christian Flisek soll bereits in der kommenden Woche mit dem Anwalt Snowdens über die Modalitäten gesprochen werden. "Es liegen alle Möglichkeiten einer Vernehmung auf dem Tisch", betonte der SPD-Politiker. Es sollten nunmehr "offene Verhandlungen" mit dem Anwalt aufgenommen werden. Als möglichen Termin für eine Anhörung Snowdens nannte er ebenso wie die Union erneut den 3. Juli. Nach dem Beschluss des Ausschusses soll nun Snowden über seinen Anwalt um eine Aussage vor dem Ausschuss bis spätestens zum 3. Juli gebeten werden. Snowden solle erklären, wie und unter welchen Umständen er sich eine Vernehmung vorstellen könne, sagte Flisek.
    Zufrieden mit dem Ergebnis der Beratungen zeigte sich der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele. "Die Tür für eine Vernehmung von Herrn Snowden in Deutschland ist mindestens halb offen", sagte er.