Freitag, 19. April 2024

Archiv


Nukleares Endlager - auf Tuff gebaut

Geologie. - Nach mehr als 20 Jahren und einer Investition von vier Milliarden Dollar in die wissenschaftlichen Studien hat der US-Kongress im Sommer genehmigt, dass in Yucca Mountain, in Nevada, das erste langfristig laufende Lager für hochaktiven Müll wie abgebrannte Brennelemente Amerikas eingerichtet wird. Während in Deutschland ein Endlager in einem geologisch absolut inaktiven Gebiet errichtet werden soll und möglichst die Gesteine einen dichten Abschluss des radioaktiven Mülls von der Außenwelt garantieren sollen, hat man in den USA eine vollkommen andere Zone in einer fast menschenleeren Gegend erwählt. Auf der Jahrestagung der US-amerikanischen Geologischen Gesellschaft sind die neuesten Forschungsergebnisse zu diesem Endlager vorgestellt worden.

05.11.2002
    Von Dagmar Röhrlich

    Die Yucca-Mountain in Südnevada sind Hügel aus Tuff, die von heftigen vulkanischen Eruptionen vor mehr als zehn Millionen Jahren erzählen. Hier will die US-Regierung ab 2010 die hochaktiven Abfälle aus amerikanischen Kernkraftwerken einlagern. Sicherheit soll vor allem die Geologie bringen, also die Steine selbst, und nur einem geringen Prozentsatz die Arbeit der Ingenieure und Techniker mit ihren zusätzlichen, künstlichen Barrieren. Um so wichtiger ist es, dass die Gesteine ausgesprochen sicher sind. Ob das so ist, da gibt es Zweifel. Warum die US-Regierung auf die Yucca Mountains setzt, erläutert Sell Peterman vom Amerikanischen Geologischen Dienst USGS:

    Diese Steine sind Teil eines geologischen und hydrologischen Gesamtsystems. Dabei spielt eine 700 Meter mächtige, sehr wasserarme Zone, die die Yucca-Mountain aufbaut, die zentrale Rolle. Mitten in dieser Schicht soll das Lager errichtet werden, etwa 200 bis 300 Meter über dem Grundwasserspiegel. Diese Lage ist ein zentrales Attribut des Endlagers. Ein zweites ist das Wüstenklima. Es regnet hier kaum, so dass nicht viel Wasser in diesem System ist und auch nichts hineinkommt.

    Und falls doch einmal Wasser eindringe, flösse es rasch über die zahlreichen Störungen ab, die wie eine Drainage den Tuff durchziehen. Außerdem sei es ohnehin sehr fragwürdig, ob Wasser überhaupt bis hinab zum Lager einsickern könne. Ist ein Gestein so trocken wie die Tuffe von Yucca-Mountain, sollen allein schon die Kapillarkräfte verhindern, dass Wasser nach kommt. Diese Kräfte halten es einfach weit oben in der ungesättigten Zone fest. Doch selbst wenn alle Stricke reißen - es werde nichts passieren, so Petermann.

    Auf einer größeren Skala gehört das Yucca-Gebiet zum System des Dead-Valley's. Dies ist ein nach außen abgeschlossenes hydrologisches System, in dem das Wasser, selbst wenn es ins Endlager eindringt, hindurchsickert und ins Grundwasser gelangt, niemals herauskommt. Es wird niemals einen größeren Fluss erreichen oder den Ozean.

    Auf 10.000 Jahre soll das Lager sicher sein. Dabei spielt die Stabilität des Klimas in dieser Gegend eine zentrale Rolle. Das sei, so betont der Geologe, bereits seit 600.000 Jahren trocken, so das Ergebnis von Isotopenanalysen. In den Tuffen selbst, Hunderte von Metern unter der Erdoberfläche, scheint sich zudem seit Jahrmillionen nichts mehr verändert zu haben. Diese Schichten seien gut gegen jedwede Änderung an der Oberfläche geschützt.

    Allerdings gibt es auch Risikofaktoren:

    Eines ist die seismische Aktivität, die seit anderthalb Jahrzehnten genau untersucht worden ist. In den vergangenen Jahren hat es immer wieder Erdbeben in dieser Gegend gegeben. Das zweite Risiko ist ein potentieller neuer Vulkanausbruch. Es gibt im Umkreis von 50 Kilometern vulkanische Gesteine, Basalte, die in den vergangenen zehn Millionen Jahren immer wieder aus dem Erdinneren gefördert worden sind. Der jüngste Ausbruch ist vielleicht 80- bis 100.000 Jahre her.

    Beben mit Magnituden bis 6,8 gelten als zwar unwahrscheinlich, aber theoretisch möglich. Ob der Vulkanismus erloschen ist, weiß niemand. Aber nur alle paar hunderttausend Jahre kam es zu einem Ausbruch - da sieht man sich auf der sicheren Seite. Diese Wiederholungswahrscheinlichkeit kann aber zu niedrig angesetzt sein. Jedenfalls haben neue geomagnetische Untersuchungen gezeigt, dass es in der Umgebung des potentiellen Lagers mehr als zwölf bislang unbekannte Vulkane gibt, die unter den jungen Sedimenten verborgen sind. Mit Blick auf die vulkanische Aktivität der Gegend erklärt der geologische Dienst: Sie spiele keine Rolle, weil es sehr unwahrscheinlich sei, dass eine neue Eruption genau das Endlager träfe.