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Nur wenig Hoffnung auf Stabilität

Seit wenigen Tagen ist Viktor Janukowitsch neuer Ministerpräsident der Ukraine. Damit hat das monatelange Tauziehen zur Regierungsbildung nach den Wahlen im März ein vorläufiges Ende gefunden. Die Aussichten auf eine stabile Regierung sind gering.

Von Christiane Schubert | 09.08.2006
    Wahlkampf zu den ersten demokratischen Parlamentswahlen in der Ukraine im März 2006. Pora - auf Deutsch "Es wird Zeit" -, die Jugend- und Studentenorganisation, die das Zeltlager und die Proteste gegen die Wahlfälschungen bei der Präsidentschaftswahl im Winter 2004 organisierte, ist auch dabei. Yevhen Solotarjow, der bereits 1990 mit anderen Studenten für die Unabhängigkeit der Ukraine demonstrierte, erklärt, warum sich Pora an den Wahlen beteiligt.

    "Damals, Anfang der 90er Jahre, haben wir bei der ersten demokratischen Revolution der Studenten einen Fehler gemacht. Diese Studenten gingen damals nicht in die Politik, denn die älteren Dissidenten der Bewegung Ruch haben ihnen gesagt, sie sollten noch studieren und es der älteren Generation überlassen für Veränderungen einzutreten. Dadurch hat die Ukraine etwa zehn Jahre in ihrer fortschrittlichen Entwicklung verloren. Wir wollen diesen Fehler nicht wiederholen."

    Pora schaffte es nicht, über die Drei-Prozent-Hürde zu kommen. Die prorussiche Partei der Regionen, die Partei Viktor Janukowitschs, des einstigen Rivalen Viktor Juschtschenkos bei der letzten Präsidentschaftswahl, erhielt mit 33 Prozent die meisten Wählerstimmen. Zweitstärkste Fraktion in der neuen Werchowna Rada, dem Parlament, wurde mit 22 Prozent der Wahlblock Bjut von Julia Timoschenko; überraschend wenig Wählerstimmen erhielt Nasha Ukraina, "Unsere Ukraine", das Parteienbündnis des Präsidenten Juschtschenko. Die Sozialistische Partei von Olexandr Moroz und die Kommunisten blieben beide unter zehn Prozent.

    Rainer Lindner, Ukraine-Experte von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, wertet das schlechte Abschneiden von Nasha Ukraina:

    "Man hat die Juschtschenko-Partei verantwortlich gemacht für die ausbleibenden Erfolge im Land, für eine schlechtere ökonomische Situation der Menschen, für ausbleibende Reformschritte, für den Gaskonflikt mit Russland und vieles andere mehr. Das war ein Denkzettel, dem man ihm damals verpasst hat, mit 13 Prozent in der Tat ein denkbar schlechtes Ergebnis."


    Von den enttäuschten Anhängern der Präsidentenpartei Nasha Ukraina hat Julia Timoschenko profitiert. Die orangene Revolution machte sie zusammen mit Viktor Juschtschenko zur politischen Hoffnungsträgerin. Nach dem Sieg der Reformkräfte ernannte Juschtschenko sie zur Premierministerin. Sie reprivatisierte unter anderem den größten ukrainischen Stahl-Konzern Kriworischstal. Gerichte konnten dem damaligen Premier Viktor Janukowitsch nachweisen, das Kombinat 2004 zu einem Freundschaftspreis an Viktor Pintschuk, einen Schwiergersohn des damaligen Präsidenten Leonid Kutschma, und an den Oligarchen Rinat Achmetow verkauft zu haben. Doch ihre Maßnahmen gegen korrupte Wirtschaftsstrukturen trafen auch ehrliche Unternehmen, so dass sich ausländische Investoren zurückzogen.

    Im September 2005 entließ dann Präsident Juschtschenko Julia Timoschenko als Regierungschefin. Um seinem neuen Wunschkandidaten Juri Jechanurow als Premierminister eine parlamentarische Mehrheit zu verschaffen, schloss Juschtschenko ein Stillhalteabkommen mit den Anhängern des alten Regimes. Dabei verzichtete er unter anderem darauf, die begangenen Wahlfälschungen gerichtlich untersuchen zu lassen. Kritiker - und vor allem Julia Timoschenko - warfen Juschtschenko vor, damit die Ideale und Forderungen der orangenen Revolution verraten zu haben.

    Dmytro Svyatasch ist Abgeordneter der Partei der Regionen aus Charkiv, einer Industriestadt im nordöstlichen Teil der Ukraine, nicht weit von der russischen Grenze. Janukowitsch hat hier viele Anhänger.

    "Die Einwohner dieser Region fühlen sich beleidigt, weil Juschtschenko ihnen unterstellte, während der Präsidentschaftswahl die Wahlen gefälscht zu haben. Hier bei uns gibt es aber tatsächlich eine große Unterstützung der Partei der Regionen; da braucht nicht gefälscht zu werden. Nach 2004 wurden nur 90 Klagen wegen Wahlfälschung eingereicht, aber es gab keine einzige Anklage vor Gericht."

    Jevgeniy Zacharow von der Helsinki-Menschenrechtsorganisation in Charkov schließt jedoch erneute Wahlfälschungen nicht aus.

    "Auf mittlerer Beamtenebene hat sich nichts verändert. In unserem Bezirk haben wir den selben Bezirksleiter wie vor zehn Jahren. Es ist bekannt, dass die Fälschungen bei den letzten Präsidentschaftswahlen vor allem von den lokalen Beamten organisiert wurden. Und ich habe das Gefühl, dass einige von ihnen das wieder machen könnten."

    In Sachen Einhaltung der Menschenrechte habe sich einiges verbessert, die staatlichen Organe seien nicht mehr allmächtig. Mit dem neuen Parlament und einer neuen Regierung würde sich das Schicksal der Reformen entscheiden, meint Yevgeniy Zacharow:

    "Denn diese positiven Veränderungen sind nicht stabil und relativieren sich dadurch. Das frühere System der sozialen Abhängigkeit vom Staat wurde zwar aufgehoben, aber ein Neues wurde nicht geschaffen. Das kann nicht immer so bleiben. Man braucht entweder wirkliche Reformen zum Beispiel in der Verwaltung, oder es gibt eine Rückkehr zum alten System."

    Ksenia Lyapina, Wirtschaftsexpertin und Abgeordnete von Nasha Ukraina, über ihre Vorstellungen der künftigen Reformschwerpunkte:

    "Eine Verwaltungs- und Territorialreform sind die unabdingbare Grundlage für eine Steuer- und Haushaltsreform. Anders sind die nicht machbar. Eine zweite wichtige Reform ist die Justizreform, und wir halten es für einen großen Fehler, dass es die Regierung im vergangenen Jahr nicht geschafft hat, diese durchzusetzen. Die Richter sind nicht wirklich unabhängig."

    Das Ergebnis der Parlamentswahlen im März ergab nur eine knappe Mehrheit für eine mögliche Koalition der drei Reformparteien Nasha Ukraina, dem Block Timoschenko und den Sozialisten. Die Koalitionsverhandlungen zogen sich mehr als drei Monate hin. Julia Timoschenko forderte den Posten der Premierministerin, aber Teile von Nasha Ukraina wollten das verhindern, denn sie ließ keinen Zweifel daran, dass sie den bisherigen Stillhaltekurs gegenüber den Kräften des alten Regimes beenden würde.

    Anfang Juli platzte die orangene Koalition. Olexandr Moroz, der Vorsitzende der Sozialisten, wechselte die Seiten. Mit den Stimmen der Partei der Regionen und der Kommunisten ließ er sich kurz nach der konstituierenden Sitzung der Werchowna Rada für den wichtigen Posten des Parlamentssprechers wählen. Dazu Dietmar Stüdemann, ehemals deutscher Botschafter in der Ukraine, der seit kurzem Präsident Juschtschenko in außenpolitischen Fragen berät:

    "Dass sich in der Ukraine zwei Parteien zusammen tun, bedeutet noch nicht, dass sie im Programm koalieren, sondern hier geht nur ganz einfach darum, welche Person erhält welchen Sektor an Macht? Der Versuch, eine orangene Koalition zu bilden hat das Programmatische in den Vordergrund geschoben, weil man gemerkt hat, dass die Personalfragen so schwierig sind, dadurch dass Frau Timoschenko darauf bestand Premierministerin zu werden, was sie nach unseren demokratischen Spielregeln als Anspruch auch wirklich hätte geltend machen können. Aber die Koalition wäre ja nicht daran gescheitert. Sie ist letztlich daran gescheitert, und das ist auch typisch dafür, dass es sich nicht um Parteien sondern um persönliche Ambitionen handelt, die realisiert werden, an Herrn Moroz."

    An den Koalitionsverhandlungen und den Gesprächen mit dem Präsidenten, die sich schier endlos hinzogen, waren immer nur die Vorsitzenden der Parteien und deren Vertraute beteiligt. Offene Diskussionen um die Zielsetzungen gab es weder mit der Parteibasis noch mit den Abgeordneten. Auch im Parlament vermisst Vadim Karassiov, Direktor des Instituts für globale Strategien in Kiew, eine demokratische Kultur:

    "Das Problem besteht darin, dass es keinen innerfraktionellen Wettbewerb gibt, keine Diskussionen zum Beispiel über Gesetzentwürfe. Das ist so eine Art Arbeitsteilung. Da sind drei oder vier in der Fraktion, die festlegen, wohin der Zug fährt, und die anderen sind die Parteisoldaten, die dementsprechend abstimmen und funktionieren."

    Für Dietmar Stüdemann steht die Entwicklung von demokratischen Parteien in der Ukraine ganz am Anfang.

    "Aber auch das ist etwas, was nicht aus der Retorte kommt. Das ist etwas, was ganz kompliziert entwickelt werden muss und zwar gegen den Willen von Politikern, die sehr stark Partikularinteressen realisieren. Und davon sind in diesen so genannten Parteien natürlich ziemlich viele versammelt, und das ganze Parlament wimmelt von Leuten, die Partikularinteressen verfolgen, und die sind natürlich überhaupt nicht daran interessiert dafür zu arbeiten, dass so etwas wie Massenparteien entstehen mit einem Programm."

    Dass viele Abgeordnete nur deswegen ihr Amt ausüben, weil sie sich dadurch Vorteile erhoffen, sieht Olexandr Dergachow von der ukrainischen Akademie der Wissenschaften an der Zusammensetzung der Werchowna Rada. Zwei Drittel der Parlamentsmitglieder seien Unternehmer. Und auch der reichste Mann der Ukraine, Rinat Achmetow, gegen den mehre Ermittlungsverfahren laufen, hat sich auf der Liste der Partei der Regionen ins Parlament wählen lassen. Nun genießt er parlamentarische Immunität. Und außerdem:

    "Es kommen Leute dorthin, die nicht immer die professionellen Anforderungen an einen Abgeordneten erfüllen. Leute aus Achmetows Nähe, seine Leibwächter, seine Chauffeure. Insgesamt 30 Mitarbeiter seiner Hauptfirma Management Systems haben Plätze auf den Wahllisten bekommen. Es ist völlig logisch, dass sie als Abgeordnete keine Wählervertreter sind, dass sie das ausführen, was ihnen jemand sagt."

    Nach dem neuen Wahlsystem sind alle Mitglieder der Werchowna Rada über Parteilisten gewählt, um zu verhindern, dass einzelne Abgeordnete als Manövriermasse bei Abstimmungen dienen. Im alten Parlament, in dem 14 Parteien vertreten waren, wurde hier auch gerne mit Bestechungsgeldern nachgeholfen. Ob sich diese Praxis ändern wird, ist ungewiss. Die Internetzeitung Ukrainska Prawda" berichtete in den vergangenen Tagen, dass ein Abgeordneter des Blocks Julia Timoschenko über Beweise verfüge, wonach Olexander Moroz etliche Millionen Dollar von der Partei der Regionen für das Platzen der orangenen Koalition erhalten habe.

    Vadim Karassiov erklärt, dass Korruption noch immer das Schmiermittel ist, das die postsowjetische Gesellschaft in der Ukraine in Gang hält

    "Nicht nur die höchsten Machtebenen sind käuflich, es ist ein Massenphänomen. Das hat zum einen damit zu tun, dass wir eine arme Gesellschaft sind, und zum anderen ist es so, dass wir keine Stabilität im System haben. Wenn ich mir zum Beispiel das Gesundheitswesen ansehe: Da ist bis jetzt nicht klar, wie sich dieses System entwickeln soll. Soll es ein kostenloses Gesundheitswesen für alle sein wie in sowjetischer Zeit, oder soll es ein kassenfinanziertes wie in den westlichen Ländern werden? In Krankenhäusern, die eigentlich kostenlos sind, muss man die Ärzte selbst bezahlen. Das liegt nicht daran, dass sie schlechte Ärzte sind, sondern ihre Bezahlung ist so lachhaft gering, dass sie darauf angewiesen sind, nebenbei noch Geld zu einzunehmen."

    In der Ukraine gibt es viele Arme, einige sehr Reiche und eine kleine Mittelschicht. Das durchschnittliche Gehalt liegt bei 150 Dollar im Monat. Die im letzten Sommer von Juschtschenko erhöhten Löhne und Renten sind längst durch eine hohe Inflation entwertet. Und so versprach die Partei der Regionen mit großzügigen sozialen Verbesserungen den Ukrainern einen besseren Lebensstandard. Die guten Wahlergebnisse der Partei Janukowitsch waren deshalb auch keine Überraschung. Ihre Kandidaten profitierten von allen Fehlern der orangenen Reformkräfte wie auch dem Zerwürfnis zwischen Julia Timoschenko und Viktor Juschtschenko. Sie stellten sich als einheitliche und auf die Interessen der gesamten Ukraine bezogene politische Kraft dar.

    Seit 2005 geht auch das Wirtschaftswachstum zurück, und Janukowitsch kann auf eine erfolgreiche ökonomische Entwicklung unter Präsident Leonid Kutschma verweisen. 2004, im letzten Jahr von Kutschmas Präsidentschaft, boomte die Wirtschaft, weil die Weltmarktpreise für Stahl rapide anstiegen. Eisen und Stahlprodukte machen fast die Hälfte der ukrainischen Exporte aus. Als der russische Staatskonzern Gasprom im Januar die Erdgaspreise um das Doppelte erhöhte, wirkte sich auch das auf die Kosten der energieintensiven Stahlproduktion aus. Und die Steuereinnahmen sanken um 20 Prozent.

    Dmytro Svyatasch zu den Vorstellungen seiner Partei der Regionen :

    "Wir planen einen Wirtschaftsverbund mit Russland, das bedeutet Freihandel ohne Ausnahmen und Begrenzungen. Doch nicht nur mit Russland, sondern auch mit den anderen Ländern der ehemaligen Sowjetunion wollen wir einen einheitlichen Wirtschaftsraum schaffen."

    Dmytro Svyatasch, der über das Business, wie er sagt, zur Partei der Regionen gekommen ist, gehört die Gruppe AIS, mit 400 Millionen Dollar Jahresumsatz das größte Autounternehmen der Ukraine. Er begründet die Anbindung in Richtung Osten:

    "In diesem Gedanken liegt weniger ein romantischer als ein pragmatischer Ansatz. Es ist einfach so, dass Russland, Kasachstan, Belarus und die mittelasiatischen Länder aktuell und auch in Zukunft die größten Abnehmer unserer Produkte sind."

    Nach dem Scheitern der orangenen Koalition bildete sich eine so genannte Antikrisenkoalition mit der Partei der Regionen, den Sozialisten und den Kommunisten. Sie machte den Weg frei für Viktor Janukowitsch als Premierminister. Julia Timoschenko forderte Neuwahlen, denn am 24. Juli lief die Frist ab, die die Verfassung zur Bildung einer neuen Regierung vorsieht.

    Juschtschenko schreckte vor Neuwahlen zurück, denn eine alleinige Mehrheit der Partei der Regionen hätte auch sein Amt in Gefahr bringen können. Vertreter der Partei der Regionen drohten ihm mit einem impeachment, einem Amtsenthebungsverfahren. Juschtschenko initiierte so noch einmal Gespräche am Runden Tisch. Herausgekommen ist dabei ein Pakt für die ukrainische Einheit. Das so genannte Universal soll einen Rückfall der Ukraine in die Zeiten des alten Systems verhindern. Unterschrieben haben diese Erklärung zunächst alle Parteien mit Ausnahme des Wahlblocks Timoschenko.

    Dazu meint Rainer Lindner von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin:

    "Zum jetzigen Zeitpunkt ist noch nicht klar, ob Nasha Ukraina in diese Mehrheitskoalition eintritt. Aber nach der Unterzeichnung eines so genannten Universals der nationalen Einheit, in dem mit viel Pathos von der Einheit der Ukraine die Rede ist, das weist darauf hin, dass man sich an einer Beteiligung an einer Antikrisenkoalition als Koalition der Nationalen Einheit beteiligen wird. Und das wird Juschtschenko womöglich die letzten seiner Wählerstimmen kosten, denn Timoschenko jetzt in der Opposition ist dann als einzige sozusagen aufrechte Demokratin übrig geblieben."

    Sowohl die westeuropäische Orientierung wie auch die angestrebte Beteiligung an einem gemeinsamen Wirtschaftsraum mit Russland sind in dem Dokument zur Nationalen Einheit der Ukraine festgeschrieben. Dieser Widerspruch könnte die Perspektive einer europäischen Integration der Ukraine gefährden.

    Seit wenigen Tagen ist Viktor Janukowitsch neuer Ministerpräsident der Ukraine. 271 von 450 Abgeordnete der Werchowna Rada stimmten für ihn. Darunter waren die Stimmen von 6 Abgeordneten des Wahlblocks Julia Timoschenko und 30 von Nasha Ukraina. Damit ist die Partei des Präsidenten gespalten. Eine Gruppe von zehn Abgeordneten von Nasha Ukraina, zu der auch Ksenia Lyapina gehört, zog mittlerweile ihre Unterschrift unter das Universal zurück und stellt sich auf die Seite der Opposition.

    Für Rainer Lindner von der Stiftung Wissenschaft und Politik bedeutet die Wahl Janukowitschs zum neuen Premierminister

    "zunächst einmal die Rückkehr der Wahlfälscher in politische Ämter. Es ist eigentlich eine Art Bankrotterklärung für die ukrainische Politik, weil wir angenommen hatten, dass nach dieser Revolution und nach den Parlamentswahlen im März doch eine andere politische Kultur einzuziehen schien. Dem ist offensichtlich nicht so. Es ist ein Kompromiss gefunden worden, der sicherlich für die Einheit des Landes in der jetzigen Situation hilfreich ist, der aber doch eine hohe politische Verantwortung auch auf den Präsidenten auflädt, denn er muss rechtfertigen wie er seine einstigen nicht nur politischen Gegner sondern eben auch jemand, der die demokratischen Prinzipien verletzt hat, in den Rang eines Premierministers zurückführt."

    Auch das Kabinett steht jetzt fest. Mit der neuen Verfassung, die im Januar 2006 in Kraft trat, hat sich die Machtverteilung zwischen Präsident und Parlament verschoben. Präsident Juschtschenko kann jetzt nur noch den Außen-, den Verteidigungs- und den Innenminister bestimmen. Das Ministerium für Finanzen, Wirtschaft und Energiefragen stellen Vertreter der Partei der Regionen. Die Sozialisten haben das Bildungs- Landwirtschafts- und Verkehrsministerium.

    Rainer Lindner zu den Auswirkungen der neuen Verfassung:

    "Die Absicht, die Kutschma damals, als er die Verfassungsreform anstrengte hatte, nämlich einen künftigen Präsident Juschtschenko eben nicht mit soviel Macht auszustatten, geht auf. Insofern haben wir eine Situation eines starken linksoligarchischen postkommunistischen Parlaments auf der einen Seite und eines schwächer werdenden Präsidenten, der noch immer für demokratische Prinzipien steht, aber der sich gegen diese Übermacht, die jetzt mit der Regierung Janukowitsch natürlich entsteht, wahrscheinlich schwer durchsetzten kann."