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Nutztierhaltung in den USA
Trump will Tierwohlbestimmungen abschaffen

Tierschützer in den USA sind empört: Die Trump-Regierung will mehrere Tierwohlbestimmungen abschaffen, die Ex-Präsident Barack Obama kurz vor Ende seiner Amtszeit eingeführt hatte. Damit sind Praktiken wie Schnabelkürzungen und qualvolle Schlachtprozeduren weiter erlaubt.

Von Heike Wipperfurth | 29.12.2017
    Hühner in einer Halle auf Todd Chapman's Geflügelfarm in Clermont, Georgia, USA, aufgenommen 2013
    Hühner in einer Halle auf Todd Chapman's Geflügelfarm in Clermont, Georgia, USA, aufgenommen 2013 (picture alliance / dpa / Erik S. Lesser)
    Zu teuer, zu bürokratisch, innovationsfeindlich. Mit dieser Begründung schafft die Trump-Regierung jetzt die Tierwohlvorschriften ab, die die Obama-Regierung noch kurz vor ihrem Abtritt für den Umgang mit Bio-Nutztieren und Geflügel erlassen hatte. Vorgesehen war zum Beispiel, dass Landwirte ihren Tieren mehr Platz im Stall und dazu viel Auslauf einräumen müssen, anstatt sie zusammengepfercht zu halten. Um künftig ein Bio-Siegel des US-Agrarministeriums zu erhalten, reicht es zudem immer noch, Futter aus Bioanbau zu bieten und darauf zu verzichten, Antibiotika zuzusetzen, damit die Tiere schneller wachsen.
    Proteste erwartet
    Auch bleiben umstrittene Praktiken wie das Kürzen der Schnäbel und qualvolle Schlachtprozeduren bei den 14,6 Millionen Bio-Hühnern weiter erlaubt. Er rechne fest damit, dass sich Zehntausende kleiner Biobauern, Verbraucher und Tierschützer wegen der Abschaffung dieses Gesetzes beim US-Agrarministerium beschweren würden, warnt Paul Shapiro, Mitarbeiter beim US-Ableger der internationalen Tierschutzorganisation Humane Society.
    "Es sind traurige Zeiten für diejenigen, die es bekümmert, wie Nutztiere behandelt werden. Und es ist ein schlechtes Zeichen, dass die Fleischbranche sogar mit Bio-Tieren machen kann, was sie will."
    Auch die mächtigen Fleischkonzerne, die einen Großteil des Mastgeflügelmarktes aus der Intensivtierhaltung kontrollieren, können aufatmen. Denn die Trump-Regierung kippte parallel eine Auflage, die es kleinen Hühnerzüchtern erleichtert hätte, sich gegen unzulässigen Preisdruck und andere Repressalien der Konzerne zur Wehr zu setzen. Jetzt müssen sie wie zuvor beweisen, dass die unfairen Praktiken dem ganzen Markt geschadet haben, sagt Patty Lovera von der Umweltschutzorganisation Food and Water Watch in Washington, die das für einen Schritt in die falsche Richtung hält.
    "In diesen Vertragsstrukturen gehören sogar die Hühner und das Futter den Fleischkonzernen. Wenn ihrer Wahrnehmung nach ein Hühnerzüchter aufmuckt, dann überlassen sie ihm schlicht Tiere und Futter minderer Qualität. Er kann sich aber noch nicht einmal richtig zur Wehr setzen, denn er hat kaum Rechte. Es herrscht eine große Ungleichheit in der Branche."
    Kalifornien in der Kritik
    Nicht nur bei Bio-Hühnern, auch sonst soll die Trump-Administration der Fleischbranche freie Hand gewähren. Im Oktober forderte der Branchenverband des "Nationalen Geflügelrates" das US Agrarministerium auf, die Schlachtobergrenze von 140 Hühnern pro Minute endlich abzuschaffen - um noch mehr Tiere noch schneller töten zu lassen. Tierschützer beklagen jedoch jetzt schon, eine Million Hühner werde lebend im Wasserbad gekocht, weil das automatische Messer versage, das ihnen die Gurgel durchschneidet. Geflügelratssprecher Tom Super weist diesen Vorwurf zurück:
    "Wir wollen unser System modernisieren, um rationeller und effektiver zu arbeiten."
    Ein anderer Dorn im Auge der Tierwohlgegner ist Kalifornien. Zwölf US-Bundesstaaten, darunter Texas und Missouri, haben eine Klage beim Obersten Gericht eingereicht. Darin beschuldigen sie den Bundesstaat, Handelshemmnisse aufgebaut zu haben, die Verbraucher bis zu 350 Millionen Dollar pro Jahr kosteten. Denn seit 2015 dürfen innerhalb der Grenzen Kaliforniens nur noch Eier von Legehennen verkauft werden, die ihre Flügel ausbreiten und sich im Käfig umdrehen können – und das gilt auch für Eier aus anderen US-Bundesstaaten: Eine Mindestvorschrift, die in der EU übrigens längst standard ist. Patty Lovera von Food and Water Watch sieht hier eine Grundsatzfrage:
    "Kann ein kalifornisches Gesetz im Agrarbereich auch für andere US-Bundesstaaten gelten? Die Kläger würden das am liebsten verneinen. Aber das ist eine Frage, die die Verfassung berührt. Über die kann nur das Oberste Gericht entscheiden."