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Drohendes Impeachment in den USA
Oberstleutnant belastet Donald Trump schwer

Donald Trump gerät in der Ukraine-Affäre zunehmend in Erklärungsnöte – nur so sind seine Hasstiraden auf den ersten Zeugen aus dem Nationalen Sicherheitsrat zu verstehen. Trump wurde hinter den verschlossenen Türen des Kongresses von dem hochdekorierten US-Offizier schwer belastet.

Von Thilo Kößler | 30.10.2019
Alexander Vindman trifft ein zu einem Meeting hinter verschlossenen Türen am 29. Oktober 2019 in Washington
Sehr beunruhigt nach Trumps Telefonat mit Ukraine-Präsident Selinsky - Alexander Vindman (picture alliance / Pete Marovich)
Wenn die Twitter-Frequenz Donald Trumps etwas über sein Befinden aussagt, dann muss es schlecht um den Präsidenten bestellt gewesen sein: In einer nicht endenden Flut von Tweets und Retweets beschimpfte Trump den Zeugen noch vor dessen Erscheinen im Kongress. Er sei ein "Never Trumper", ein republikanischer Gegner seiner Präsidentschaft.
Trump versuchte, die Glaubwürdigkeit des hochdekorierten Oberstleutnants der US-Armee in Abrede zu stellen, der bis heute ausgewiesener Ukraine-Experte im Nationalen Sicherheitsrat des Weißen Hauses ist. Er bezichtigte Alexander Vindman, das umstrittene Telefonat zwischen ihm und dem ukrainischen Staatschef Selenskyi gar nicht mitgehört zu haben. Dabei saß Vindman neben vielen anderen als Zuhörer im "Situation Room" des Weißen Hauses.
Als Sohn ukrainischer Auswanderer ins Land gekommen
Etliche Republikaner griffen die aggressiven Äußerungen des Präsidenten begierig auf und zweifelten öffentlich die Loyalität des Zeugen an – schließlich sei er als dreijähriger Sohn ukrainischer Auswanderer ins Land gekommen. Das ging selbst republikanischen Parteifreunden zu weit. Die Abgeordnete Liz Cheney nannte es beschämend, Loyalität und Patriotismus eines Offiziers infrage zu stellen, der bei einem Kampfeinsatz im Irak schwer verletzt wurde und sein Leben für sein Land riskierte.
Der Geheimdienstausschuss vernahm den ersten Zeugen in dieser Affäre aus dem Nationalen Sicherheitsrat hinter verschlossenen Türen – sein Eingangsstatement war indes vorab veröffentlicht worden. Darin schilderte Alexander Vindman, wie besorgt er darüber war, dass der US-Präsident von der ukrainischen Regierung forderte, Ermittlungen gegen Joe Biden anzustellen, Trumps potentiellen Gegenkandidaten im US-Präsidentschaftswahlkampf. Das hätte die Ukraine um die ungeteilte, überparteiliche Unterstützung in den USA bringen können und hätte zudem der Sicherheit der Vereinigten Staaten geschadet.
Verschwörungstheorie in rechten Trump-Kreisen
Vindman berichtete, dass bereits im Sommer letzten Jahres von Mitgliedern der Trump-Administration nachhaltig das Gerücht gestreut worden sei, die Ukraine habe 2016 die Demokraten unterstützt – eine haltlose These, die sich seither aber hartnäckig als Verschwörungstheorie in rechten Trump-Kreisen hält. Vindman beteuerte mehrfach, dass er nicht der Whistleblower sei, der die Inhalte des umstrittenen Trump-Telefonats in Umlauf gebracht hatte.
Die Folge waren tumultartige Szenen zwischen den Parteien, weil die Republikaner im Ausschuss versuchten, den Namen des Whistleblowers in Erfahrung zu bringen. Jim Jordan, einer der glühendsten Trump-Verehrer im Repräsentantenhaus, wollte den Schutz der Identität des Whistleblowers nicht akzeptieren und argumentierte, die amerikanische Öffentlichkeit habe ein Recht auf dessen Namen.
Abstimmung am Donnerstag im Plenum
Die belastenden Aussagen des Oberstleutnants waren der letzte Impuls für die Demokraten, die Regeln für das Vorgehen in Richtung Amtsenthebungsverfahren festzulegen – so sollen Zeugen künftig auch öffentlich vor laufenden Kameras vernommen werden können. Darüber wird am Donnerstag im Plenum abgestimmt.
Den Republikanern soll damit die unzutreffende, aber öffentlichkeitswirksame Behauptung verbaut werden, dass die Befragungen hinter verschlossenen Türen gegen die geltende Rechtspraxis verstoßen. Alle Versuche, sich bei ihrer ätzenden Kritik allein auf Verfahrensfragen zu konzentrieren, nicht aber auf die eigentlichen Inhalte der Vorwürfe gegen Donald Trump, offenbare nur die Ratlosigkeit der Republikaner, befand der Demokrat Sean Patrick Maloney: Dabei richte sich die Faktenlage mehr und mehr gegen Donald Trump und die Republikaner, sagte er dem Fernsehsender CNN.