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Oculus-Bahnhof in New York
Heimlich und peinlich

Er soll ein Symbol des Friedens sein, ist aber vor allem ein Symbol der Verschwendung: Der Oculus-Bahnhof am Ground Zero in New York. Entworfen hat ihn der Spanier Santiago Calatrava. Oculus ist mit vier Milliarden US-Dollar der teuerste Bahnhof der Welt. Eine feierliche Eröffnung gibt es erstmal nicht. Der Betrieb geht einfach so los.

Von Georg Schwarte | 03.03.2016
    Der "Oculus"-Bahnhof in New York. Der spanische Stararchitekt Santiago Calatrava hat ihn entworfen. Er ist mit vier Milliarden US-Dollar der teuerste Bahnhof der Welt.
    Der "Oculus"-Bahnhof in New York. Der spanische Stararchitekt Santiago Calatrava hat ihn entworfen. Er ist mit vier Milliarden US-Dollar der teuerste Bahnhof der Welt. (picture alliance / dpa / Johannes Schmitt-Tegge)
    Die Stahlschwingen - Flügeln gleich ragen sie nach oben. 150 weiße Stahlrippen wölben sich im Innern des transparenten Bahnhofs. In knapp 40 Metern Höhe schließlich schieben sich links und rechts die Fenster zur Seite - geben den Blick frei auf den blauen Himmel über Ground Zero:
    "Wenn sie sich zurücklehnen, dann sieht es aus wie ein Gemälde, wie eine Skulptur, nicht wie eine Konstruktion aus Stahl." Stephen Plate, Direktor der wohl ehrgeizigsten und langwierigsten Baustelle Manhattans, ist der größte Fan des heute eröffneten Bahnhofs am Ground Zero: "Ich sehe sie lächeln", sagt er. Das passiere jedem. "Jeder, der hier steht und die Konstruktion anschaut, sagt: Wow, spektakulär."
    Bahnhof wurde am 11. September 2001 zerstört
    Als am 11. September die Türme fielen, verlor New York nicht nur tausende Leben und zwei Wahrzeichen, sondern auch den Bahnhof des World Trade Centers. Antonio Calatrava, der spanische Stararchitekt, erinnert sich an den Tag damals:
    "Am 11. September 2001 war ich in Athen. Am frühen Nachmittag wurde ich mit den Bildern aus New York konfrontiert. Entsetzt über das Ausmaß der Katastrophe saß ich wie gelähmt, konnte mich nicht rühren, bis tief in die Nacht."
    Der "Oculus"-Bahnhof in New York. Der spanische Stararchitekt Santiago Calatrava hat ihn entworfen. Er ist mit vier Milliarden US-Dollar der teuerste Bahnhof der Welt.
    Innenansicht des "Oculus"-Bahnhofs in New York. (picture alliance / dpa / Johannes Schmitt-Tegge)
    Calatrava, der Mann, der der bereits sieben Bahnhöfe baute, erhielt in New York den Zuschlag, die Wunde zu schließen, ein Symbol zu schaffen. Die Flügelkonstruktion, er nennt sie "ein Zeichen des Friedens". Von außen soll der lichtdurchflutete, mit weißen Stahlrippen gehaltene Korpus an eine Taube erinnern, die zum Flug ansetzt. Jetzt steht Calatrava auf der Baustelle und sagt: das war das Ziel, ein Symbol des Friedens: "Ein Ort, der weit, transparent, sauber erscheint und die Besucher willkommen heißt."
    Doppelt so teuer wie geplant
    Dass der Bau des Bahnhofs, in dem elf Linien zusammentreffen, bis zu 200.000 Pendler täglich aus Staten Island und New Jersey auch mit Fähren ankommen, dass der Bau sechs Jahre länger brauchte als geplant, mit über vier Milliarden Dollar doppelt so teuer wurde - Stephen Plate, der Baustellenleiter der zuständigen Port Authority, spricht lieber über den Symbolgehalt des heute eröffnete Bahnhofs: "Für uns, meine Mitarbeiter, für die Stadt, mussten wir hier etwas Neues schaffen, auch für die über 3.000 Menschen, die wir an diesem Tag hier verloren."
    12.500 Tonnen Stahl haben sie verbaut, weißen Marmor aus Europa, Es ist ein gigantisches und doch schwebendes Bauwerk. Die "Grand Central Station von Lower Manhattan", nennt Stephen Plate den Bahnhof. "Das achte Weltwunder", sagt er. Die "New York Times" witzelt lieber über den "Kitschdinosaurier".
    Ab heute - nach zwölf Jahren Bauzeit - kann nun jeder selbst urteilen. Betreten des strittigen Kunstwerks ausdrücklich erlaubt. Und das sogar kostenlos.