Mittwoch, 24. April 2024

Archiv

Öffentlich-rechtlicher Rundfunk in Israel
Netanjahu will neuen Sender schließen

Die Unterdrückung der Meinungsfreiheit gibt es seit Jahren: Repressalien gegen oppositionelle Journalisten in Ungarn, Polen und natürlich aktuell in der Türkei. Doch auch die rechtskonservative israelische Regierung unter Benjamin Netanjahu will sich andersdenkenden Journalisten und unbequemen Fragen nicht stellen.

Von Torsten Teichmann | 19.11.2016
    Israels Ministerpräsident Netanjahu
    Ministerpräsident Netanjahu verlangt die Auflösung der neuen Anstalt, obwohl schon Millionen aus dem Staatshaushalt in deren Aufbau geflossen sind. (picture alliance/dpa/Michael Kappeler)
    Das neue öffentlich-rechtliche Programm in Israel ist noch nicht auf Sendung gegangen, da will Regierungschef Netanyahu die eben gegründete Sendeanstalt wieder einstampfen. Der Netanjahu-Vertraute David Bitan sagt, für Ärger sorge beim Premier die Auswahl der neuen Mitarbeiter:
    "Wir haben die Facebook-Seiten dieser Menschen untersucht und gesehen, was sie dort alles schreiben. Die sind ohne Zweifel links einzuordnen. Und das sind nicht nur einfache Mitarbeiter, nein! Sie sitzen im Vorstand und wollen in der neuen Rundfunkanstalt ihre Themen durchdrücken."
    Kulturministerin Miri Regev hatte bereits im Juli gefragt, warum der Staat eine neue Sendeanstalt aufbaut, wenn die Regierung keinen Einfluss aufs Programm bekommt?
    Es fehlt Rückhalt in der Koalition
    Die neue Anstalt soll die staatliche Rundfunkgesellschaft IBA ersetzen. IBA sendet bisher Radioprogramme und im Fernsehen auf Kanal 1. Doch ihr Apparat gilt als zu groß, die Technik als zu alt und die Quoten sind miserabel, sagen Kritiker.
    Die Regierung Netanjahu hatte deshalb 2015 eine Medienreform verabschiedet. Das neue Radio- und Fernsehprogramm hat Räume gemietet, zwei Intendanten bekommen, Personal eingestellt, Probesendungen produziert. Und am 1. Januar wollen sie auf Sendung gehen. Der Journalist Matan Hodorov verlangt, am Zeitplan festzuhalten.
    "Weder wird uns die Regierung vorschreiben, was wir senden, noch werden Politiker die Mitarbeiter auswählen. Denn an keinem normalen Ort würden Medien so funktionieren. Und auch Demokratien funktionieren so nicht."
    Journalisten brandmarken und ausgrenzen
    Ministerpräsident Netanjahu sieht das anders. Der Premier verlangt die Auflösung der neuen Anstalt, obwohl schon Millionen aus dem Staatshaushalt in deren Aufbau geflossen sind. Israels Finanzminister Moshe Kahlon sperrt sich gegen den Wunsch seines Regierungschefs.
    "In unserem Koalitionsabkommen wird festgehalten, dass sich der Premierminister um die Medien kümmert, okay. Aber es wurde auch festgehalten, dass alle Ausgaben über 10 Millionen Schekel die Genehmigung des Finanzministers erfordert. Daher werde ich nicht nachgeben. Und wenn ein Veto eingelegt werden muss, dann werde ich das tun."
    Es fehlt Rückhalt in der Koalition. Netanjahu musste das Thema immer wieder vertagen. Jetzt soll eine Kommission Empfehlungen vorlegen - weil dem Regierungschef Journalisten nicht genehm sind. Und an dieser Einschätzung hat sich nichts geändert, versichert Netanjahus Gehilfe Bitan:
    "Diese Anstalt wurde entführt von Menschen, die ihre linken Themen durchbringen wollen und die sich gegen die Regierung stellen."
    Schon weit vor Donald Trump in den USA hatte Netanjahu in Israel damit begonnen, Herausgeber und Journalisten zu brandmarken und auszugrenzen. Vor einer Woche hatte der private Sender Kanal2 alle Affären der Familie Netanjahu zusammengetragen. Anschließend warf der Premierminister in einem Brief der Journalistin Ilana Dayan vor, sie sei Mitglied der extremen Linken. Die Journalistin verlas die Erklärung im Fernsehen und führte Netanjahu ein weiteres Mal vor.