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Öffnung zur Welt

Die Pavillons der fast 200 Teilnehmerländer sehen gegen den der Gastgeber aus wie Zwerge: Der China-Pavillon ist 26-mal so groß wie der deutsche. China will beeindrucken - und Vorbild sein.

Von Astrid Freyeisen | 30.04.2010
    Faszination altes China – im Pavillon der Gastgeber auf der Expo in Shanghai ist sie ganz nah. Ein 1000 Jahre altes berühmtes Gemälde wird mit modernster Technik zum Leben erweckt: Da zieht eine Karawane Kamele in die Stadt mit den geschwungenen chinesischen Dächern, da laden Händler ihre Säcke mit Reis und Getreide von Dschunken ab, da bewegen die Gäste in der Wirtschaft sogar ihre Essstäbchen. Tageslicht weicht dem Mondschein. Die Pavillonführerin erklärt:

    "Dies ist eine Version des Bildes "Szene am Fluss zum Fest der Ahnen". Das Bild ist 128 Meter lang und sechseinhalb Meter hoch. Es besteht aus Projektionen und Trickfilm. Die Geräusche stammen aus einer Szene des Gemäldes: Zwei Fischer verabreden sich, einen trinken zu gehen. Hier werden kleine Geschichten des Originalgemäldes herausgegriffen. Zusammen ergeben sie das große Ganze."

    Das Bild wirkt wie eine historische Variation des Mottos der Expo: Bessere Stadt, besseres Leben. Als eine der ersten Deutschen hat die Shanghaier Unternehmensberaterin Brigitte Wolff den chinesischen Pavillon gesehen:

    "Ob sie jetzt das Motto voll getroffen haben. Ich finde, die haben einfach viele Aspekte streifen müssen, um da eine Attraktion hinzustellen. Natürlich musste der chinesische Pavillon der tollste und größte sein, was auch gelungen ist. Da haben sie was Tolles hingestellt."

    Die Pavillons der fast 200 Teilnehmerländer sehen gegen den der Gastgeber aus wie Zwerge: Der China-Pavillon ist 26-mal so groß wie der deutsche. Ein gigantisches rotes Bauwerk auf vier Säulen, das an eine traditionelle Krone und einen historischen Getreidekorb erinnern soll. Symbole für eine Regierung, die gut für ihre Untertanen sorgt. Gastgeber Shanghai will Vorbild sein, gibt geschätzte 40 Milliarden Euro aus: Das U-Bahnsystem wurde auf 420 Kilometer verdoppelt, der erste Flughafen-Terminal in China mit Anbindung an U-Bahn und Schnellzüge entstand. Und überall in Shanghai wurden Bäume gepflanzt, selbst an den Stadtautobahnen blühen nun Vergissmeinnicht. Veränderungen, die die Shanghaier sehr wohl bemerken:

    "Die Regierung gibt viel aus, um das Grün zu pflegen. Früher hat sich da niemand drum gekümmert. Heute steigen die Ausgaben jedes Jahr, ist der Eintritt in allen Parks kostenlos. Und die Investitionen in die Expo sind gewaltig. Jeder Pavillon wird von Grün umgeben sein. Aber wir machen uns Sorgen, was später passieren wird. Es wird doch sehr teuer werden, alles zu erhalten. Ohne weitere Investitionen geht alles kaputt."

    "Der neue Flugterminal passt zu Shanghai als internationaler Metropole. Terminal eins war ja schon recht heruntergekommen und überfüllt. Die Erweiterung ist absolut notwendig."

    "Ich glaube, so ein Verkehrsknotenpunkt ist eine sehr wichtige Sache für China. Wir haben so viele Menschen. Es reicht nicht, wenn man sich nur auf Taxis und Busse verlässt. Eine U-Bahn zwischen den beiden Shanghaier Flughäfen ist absolut notwendig, um diesen ganzen Verkehr zu bewältigen."

    70 Millionen Besucher werden zwischen dem ersten Mai und dem 31. Oktober auf der Expo erwartet. 95 Prozent davon aus China. Wird das Großereignis ein Beispiel dafür, wie schwer das Leben in künftigen Megacitys sein könnte? Das Motto der Weltausstellung "Bessere Stadt, besseres Leben" stellt ihren Chefplaner Wu Zhiqiang von der Shanghaier Tongji-Universität vor grundsätzliche Fragen:

    "Erstmal müssen wir uns fragen, wo wir die Stadt der Zukunft sehen. Unsere Antwort: Sie muss in dreifacher Hinsicht harmonisch sein. Erstens, Architektur und Natur. Zweitens, neue und alte Architektur. Drittens, Menschen mit unterschiedlicher Prägung und unterschiedlichem Einkommen sollen harmonisch zusammen leben."

    Gerade im aufstrebenden Schwellenland China ist es nicht leicht, solch hohe Ansprüche umzusetzen. Im bevölkerungsreichsten Land der Erde ziehen jedes Jahr 60 Millionen Chinesen in die Ballungsräume. Tendenz steigend, denn noch immer leben in China mehr Menschen auf dem flachen Land als im Durchschnitt der restlichen Welt. China hat 170 Millionenstädte. Allein Expo-Gastgeber Shanghai wohl 20 Millionen Einwohner – so genau weiß das keiner. Das Gelände der Weltausstellung ist riesig – sechs Quadratkilometer zu beiden Seiten des Huangpu-Flusses, eine Fläche deutlich größer als der Englische Garten in München. Die Ausstellung in einem der wichtigsten Pavillons gestaltete Triad, eine Agentur aus Berlin, mit Götz Lehmann und Lutz Engelke:

    "Diese Themenpavillons, das ist der zentrale Inhalt mit dem China diese Thematik Urbanität entsprechend darstellen will. Sich gegenüber und der Welt."

    "Ich hatte mich zwar mal bei der Expo vorgestellt, weil ich auch da in Shanghai gerade war und ich dachte, ich geh´ da mal hin, weil Expo kennen wir ja von Hannover. Ein Jahr später bekam ich einen Anruf, ob wir mitmachen wollen. Und dann habe ich gefragt, wie viele Firmen mitmachen, und dann sagten die 150, und dann haben wir gesagt nee, da hätten wir dann wirklich kein Interesse, weil das ist rausgeschmissenes Geld, zumal auch 50 chinesische Universitäten mitgemacht hatten. Dann haben die aber noch mal angerufen und nicht locker gelassen, und das ist von der Reputation her für uns natürlich für´s Image auch wichtig, weil wir immerhin gegen 150 Agenturen weltweit gewonnen haben unter anderen gegen Disney, insofern ist das für uns ein wunderbarer Erfolg."

    Wie zerstören die Menschen und ihre Städte den Planeten, und was kann man dagegen tun - das ist das Thema des Urban Planet Pavillon. Da ticken Uhren für aussterbende Tiere, ekelt sich der Besucher vor schmutzigem Wasser und Müllbergen. Alles bildlich vermittelt, eher für das Herz als für das Hirn.

    "Es gibt nur eine Welt, du musst dein Handeln ändern. Die Menschen werden mit einer Träne raus gehen und zwar einer Träne für diese eine Welt."

    … prophezeit Lutz Engelke. Aber: Sie sollen auch Hoffnung schöpfen. Engelkes Team stellt im Pavillon 30 Lösungen vor:

    "Wasserauffangsysteme – Mittlerweile geht man dazu über, dass man in riesigen Tanks in Tokio Regenwasser auffängt, um das Wasser dann wieder einzuspeisen in die Trinkwasserrecyclinganlage. Wasser und Energie, wir reden über Wellenkraftwerke über Energie aus Wellen. Hier vorne, direkt daneben der Gedanke, man könnte seine Wäsche auch wieder im Freien aufhängen und braucht keinen Wäschetrockner ..."

    Viele Expo-Pavillons beschäftigen sich mit dem Phänomen Großstadt. Roland Winkler deutscher Städteplaner mit Arbeitsplatz Shanghai, ist nach einem ersten Rundgang dennoch nicht überzeugt, dass die Expo mehr sein wird als eine Show mit grünem Anstrich:

    "Es bleiben so ein paar von diesen Multimediaausstellungen. Das ist eigentlich nur ein Spektakel. Es gibt da einen Pavillon, der heißt urban footprint, ein Riesending. Für mich, wüsste ich nicht, was da noch hängen bleibt, weil das einfach nur ein Sammelsurium ist, so Multimediageschichten, riesen Leinwände. Der Städtebau wird so mehr mit riesen Modellen dargestellt, wo die Häuser so aus dem Sand rauswachsen. Das ist einfach nur ein Gag, man hat überhaupt kein Aha-Erlebnis. Was hat das jetzt irgendwie mit Nachhaltigkeit zu tun? Null Komma Null."

    Das Umweltprogramm der UNO hat die chinesischen Expo-Veranstalter im Vorfeld gelobt. Und die sind stolz: Autobauer wie VW, BMW und Mercedes stellen Elektroautos auf der Expo vor, hinzukommen die größte Solaranlage Chinas mit fünf Megawatt, energiesparende LED-Leuchten. Großsponsor Siemens präsentiert sich als Umweltkonzern. Dennoch ist weder bekannt, wie viel Energie die Expo schlucken wird, noch wie viele Tonnen Stahl und Beton verbaut wurden. Allein im China-Pavillon stecken 22 000 Tonnen Stahl. Nur die wenigsten Gebäude bleiben nach Ende der Expo stehen – so wollen es die internationalen Statuten. Stahl ist zumindest leicht wieder zu verkaufen, sagt Städteplaner Winkler. Aber:

    "Eine der wenigen Ausnahmen ist Norwegen. Die haben einen richtigen Holzpavillon. Holz ist ja der eigentliche Werkstoff der Chinesen gewesen, jahrtausendelang. Und die haben ein wahnsinniges Know how also die traditionelle chinesische Baukunst ist unheimlich ausgefeilt, was Holzverbindungen betrifft. Das ist ja fast verdrängt worden, weil China irgendwann vor ein paar, ich weiß nicht, zehn Jahren verboten hat, eigenes Holz zu benutzen. Das ist eigentlich sehr schade, weil Holz ist wirklich ein sehr nachhaltiges Baumaterial."

    Ganz nah am Expo-Motto "Bessere Stadt, besseres Leben": Die Beispiele aus Bremen, Düsseldorf und Freiburg. Und das Hamburg-Haus, das als eines von wenigen nach Ende der Weltausstellung stehen bleiben soll. Shanghai ist seit 25 Jahren Partnerstadt von Hamburg. Die Hansestadt hat zur Expo ein Passivhaus gebaut: In Shanghai verpuffen 40 Prozent der Energie in schnell hochgezogenen, schlecht isolierten Gebäuden. Architektin Christine Reumschüssel erklärt den entscheidenden Vorteil des Hamburg-Hauses – einen Wärmetauscher:

    "Das Besondere ist, dass die Kühlung hergestellt wird fast ohne Strom. Hier in China gibt es an jeder Wohnung mehrere strombetriebene Kühlungsgeräte. Da braucht schon ein Kühlungsgerät für ein Zimmer mehr Strom, als wir für das ganze Haus."

    Erster Eindruck beim Expo-Rundgang: Alle zeigen umweltfreundliche Details, bis hin zu Hinweisen im chinesischen Pavillon, das Papier in den Toiletten sei nicht aus dem Holz von Bäumen gewonnen. Der teuerste Pavillon – Saudi Arabien mit 110 Millionen Euro – erinnert an eine riesige Tankstelle, aber mit Palmen und Sand. Die Eidgenossen haben das Dach ihres Pavillons mit Gras bepflanzt, das eigens aus der Schweiz eingeflogen wurde. Man schaukelt in einem Sessellift hinauf, Sankt Moritz und Zermatt werben um chinesische Touristen. Der messingfarbene australische Pavillon erinnert an den berühmten Ayers Rock. Wir waren als erste fertig, ist der Chef des australischen Pavillons Peter Sams stolz:

    "Wir haben es Staatspräsident Hu Jintao bei seinem Besuch auf unserer Baustelle versprochen, dass wir im März fertig sein würden. Das haben wir erfüllt. Eine erfolgreiche Expo für die Chinesen ist Teil unseres Auftrags. Die Beziehungen zu China sind wichtig für Australien und ein starker Auftritt auf der Expo trägt bedeutend dazu bei."

    Das rohstoffhungrige China ist der wichtigste Handelspartner für Australien. Ähnlich Neuseeland: Seit Großbritannien EU-Land ist und keine Subventionen mehr fließen, sind die Kiwis auf andere Märkte angewiesen – die Bedeutung von China steigt, weshalb Neuseeland in Shanghai den teuersten Expo-Auftritt seiner Geschichte hinlegt und umgerechnet 15 Millionen Euro investiert. Israel gibt viereinhalb Millionen aus. Wie in vielen anderen Pavillons auch ist der Kern des israelischen eine computeranimierte Show:

    "Die Olympischen Spiele 2012 werden die chinesischen Zuschauer live über einen israelischen Satelliten erleben."

    Die Botschaft ist klar: Hochtechnologie Made in Israel nützt China, die chinesischen Kunden sollten also israelische Produkte kaufen. Alle Teilnehmer der Weltausstellung scheinen dieses Ziel zu verfolgen. Die Expo – ein gigantischer Wettbewerb um den chinesischen Kunden. Auch für uns, räumt der deutsche Generalkonsul in Shanghai Albrecht von der Heyden ein:

    "Dass wir als Deutsche, und das gilt für jedes Land in der Welt, nur dann die Gelegenheit haben im Wettbewerb zwischen den einzelnen Volkswirtschaften zu bestehen, wenn wir unsere Gesellschaft offen halten für den Austausch mit anderen Ländern."

    Deshalb ist der deutsche Expo-Auftritt auch der größte, den sich die Bundesrepublik, abgesehen von Hannover, je geleistet hat: 50 Millionen Euro, davon 30 Millionen für den Bau des Pavillons. Der gehört mit 6000 Quadratmetern Fläche zu den größten. Sein Name: Balancity, Stadt im Gleichgewicht. Ein Rundgang durch deutsche Landschaften, durch alle 16 Bundesländer, die ihre Sehenswürdigkeiten als große Postkarten präsentieren, vor denen sich die Besucher fotografieren lassen können. Die Bayern haben sogar Deutsch und Chinesisch sprechende König Ludwig-Darsteller verpflichtet. Handwerker aus Sachsen-Anhalt bauen vor Publikum ein Fachwerkhaus. Die Expo ist auch ein Wettbewerb der Bundesländer. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers und der Hamburger Staatsrat Carsten-Ludwig Lüdemann machen dies klar:

    "Wir haben schon über 2700 chinesische Unternehmen in Nordrhein-Westfalen. Die Chinesen werden nach dieser Krise noch stärker sein und wir möchten das Nordrhein-Westfalen das chinesische Zentrum in Europa macht. Wir haben den stärksten Auftritt ..."

    "... wie Hamburg mit über 400 Unternehmen sind die Regionen mit den meisten chinesischen Firmen. Und deswegen haben wir natürlich auch schon sehr früh deutlich gemacht, dass wir die Kompetenz haben. Und hinzu kommt natürlich auch unser internationaler Hafen, der einfach das Einfallstor für chinesische Container nach Europa ist. Wir haben hier eindeutig einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Düsseldorf."

    Der deutsche Pavillon ist auch eine Produktshow: Vom Designerstuhl über die Waschmaschine bis hin zum offiziellen Fußball der Weltmeisterschaft in Südafrika. Generaldirektor Dietmar Schmitz vom Bundeswirtschaftsministerium ist zufrieden:

    "Ich denke, wir haben hier eine gute Auswahl gefunden dessen, was wir als Deutschland, als Innovationsführer zeigen können, hier auch zu präsentieren."

    Einige Firmen, muss Schmitz jedoch zugeben, hatten sich geweigert, Produkte für den Pavillon zur Verfügung zu stellen: Zu groß die Angst vor Raubkopien. Herzstück des deutschen Pavillons ist die sogenannte Energiezentrale. Eine schwingende große Kugel mit leuchtenden Bildern, die die Besucher per Zuruf steuern können. Die Leitfiguren des Pavillons sind der deutsche Student Jens und seine chinesische Freundin Yanyan. Beide machen Stimmung in der Energiezentrale:

    "Lasst uns versuchen in einer harmonischen Gesellschaft zu leben. Wo wir einander helfen. Macht alle mit!"

    Harmonische Gesellschaft: Für deutsche Ohren nichts besonderes, sehr wohl aber für Chinesen. Die harmonische Gesellschaft ist der Slogan der Zentralregierung in Peking, den Staats- und Parteichef Hu Jintao selbst bei den ethnischen Konflikten in Tibet und Xinjiang strapaziert. Die Pressesprecherin des deutschen Pavillons Marion Conrady sieht darin kein allzu großes Problem:

    "Also das ist an der Stelle auf gar keinen Fall gezielt eingesetzt. Das ist natürlich immer das Problem, wenn man mit einem ausländischen Begriff arbeitet, muss man eine Begrifflichkeit finden, mit der die Menschen etwas anfangen können, und da war für uns diese "Héxié", Harmonie nicht politisch besetzt sondern einfach ein Begriff, wo wir das Gefühl hatten, der passt zu unserer Idee von einer Stadt im Gleichgewicht oder eben einer Stadt in Harmonie."

    Expo-Chefplaner Wu Zhiqiang hat als Harmonie auch die von neuer und alter Architektur sowie von Stadtbewohnern genannt. In den Jahren vor der Expo wurden in Shanghai viele alte Wohnquartiere abgerissen. Obwohl Shanghai zunehmend den Wert seines historischen Erbes erkennt, setzt sich im Zweifel immer noch das große Geld durch, wie dieser Shanghaier kurz vor seinem Umzug beklagt:

    "Diese Gasse wurde in den 30er-Jahren gebaut. Sie ist noch sehr schön. Die Lage ist Gold wert – so zentral. Jetzt siedeln sie uns in Apartmenthäuser um – weit draußen vor der Stadt. Sie geben uns nicht genug Entschädigung. Nicht genug, damit wir etwas in vergleichbarer Lage kaufen könnten. Wir Nachbarn wollen nicht ausziehen. Von diesen neuen Siedlungen aus ist es sehr umständlich, zur Arbeit oder zur Schule zu fahren. Ich kenne meine Nachbarn seit Jahrzehnten. Und jetzt wollen sie uns dazu zwingen, zu unterschreiben, dass wir fortziehen. Ich werde nicht unterschreiben. Erst, wenn ich wirklich will."

    Entschädigungen müssen in Shanghai nicht immer lächerlich niedrig sein, manchmal ist Streit auch ein Handel zwischen Regierung und Bürgern. Doch wie der Umzug bei den rund 50 000 Menschen lief, die einst auf dem Expo-Gelände lebten, ist schwer zu recherchieren. Die Geheimpolizei ist wegen der Expo offenbar sehr nervös: Sie überwacht Telefone strenger als sonst. Wer als ausländischer Reporter Kontakt zu Umgesiedelten aufnehmen will, gefährdet Interviewpartner und die eigenen Mitarbeiter. Die Polizei versteht Kontroversen als Gefährdung der Sicherheit. Dabei ist die Weltausstellung viel weniger politisch aufgeladen als vor zwei Jahren die olympischen Spiele in Peking. Und die ersten Probeläufe vor dem Start der Expo deuten auch eher auf einen Ansturm von neugierigen als von hochgradig kritischen Zuschauern hin. Marion Conrady vom deutschen Pavillon sagt:

    "Natürlich 500.000 Besucher sollten am Sonntag reingelassen werden. Die waren sicherlich auch da und der deutsche Pavillon hat schon sich einen Ruf erworben, inzwischen. Und alle wollen ihn sehen. Also, wir hatten schon auch Wartezeiten bis zu zwei Stunden und länger. Wenn sie dann drin waren, hatte man manchmal auch das Gefühl, wie ausgewechselt und große, große Spielleidenschaft und auch die Energiezentrale mit der Kugel wurde super angenommen. Unser Kreativdirektor sagte immer nur wow, das ist ja hier wirklich ein Hexenkessel, ganz, ganz toll!"

    Unternehmensberaterin Brigitte Wolff grinst:

    "Ich denke mal, es ist eine Mischung aus Entertainment und eben dann auch ein bisschen ne Lehre. Umweltfreundlichkeit kostet Geld. Deswegen wird es eigentlich hier nicht installiert, ja. Und ich glaube, hier wird zum ersten Mal auch demonstriert, dass man eben mit umweltfreundlichen Methoden, dass man da auch Geld sparen kann. Ich glaube das wird entscheidend sein jetzt hier bei dieser Expo, eine entscheidende Erkenntnis. Ich hoffe es zumindest. Man weiß es natürlich nicht."

    Man weiß es frühestens am 31. Oktober, dem Ende der Shanghaier Expo. Wahrscheinlich aber erst dann, wenn die nächste Generation von Häusern in Chinas Städten steht.